Energierückgewinnung mit MTP-fähigem Volumenexpander
Energieeffizienz im Anlagenbau ist wichtiger denn je – Intelligente Dampfdruck-Reduzierstation mit Rückverstromung
Besonders im Zeichen der Energiewende und der Notwendigkeit mit den Energieressourcen maßvoll umzugehen, muss jede Chance zur praktischen Energieeffizienz genutzt werden. In der Industrie bietet sich hier u. a. die Möglichkeit, Dampfreduzierstationen in der Prozessindustrie durch kompakte Energieerzeugungseinheiten auszutauschen. So lässt sich aus überschüssigem Dampf elektrische Energie erzeugen, die in das elektrische Netz eingespeist werden kann. Obwohl solche Anlagen in der Regel nur eine elektrische Leistung in der Größenordnung von 15 kW bis 700 kW aufweisen, können sie dennoch einen bedeutenden Beitrag zur Energieeffizienz leisten, da sie im optimalen Fall als Ersatz einer Dampfreduzierstation bis zu 8.700 h im Jahr betrieben werden können und somit schon fast den Charakter von Grundlastmaschinen aufweisen.
Volumenexpander: Der Rückwärts-Kompressor
Seit Jahrzehnten werden Kompressoren nach dem Funktionsprinzip eines volumetrischen Drehkolben- oder Roots-Kompressors in der Industrie verwendet. In der Praxis werden diese Kompressoren zur Druckerhöhung von Luft im Bereich von 1 bar bis 3 bar eingesetzt. Sie bestehen im Wesentlichen aus zwei einzelnen in einem Gehäuse gelagerten und gegeneinander rotierenden mehrflügeligen Drehkolben. Als Antrieb des Kompressors dienen über Frequenzumrichter angesteuerte Elektromotoren. Der Antrieb wird überwiegend mittels Bandantrieb, seltener über eine direkte Kupplung von Motor und Kompressor vorgenommen. Genauso wie man einen elektrischen Motor als Generator verwenden kann, ist es möglich, den Kompressor als Expander zu verwenden. Bei der Umkehrung des Funktionsprinzips treibt der Expander, über den nun Druck abgebaut wird, einen elektrischen Generator an. Auch hier wird ein Frequenzumrichter genutzt, der dafür sorgt, dass frequenzvariabel erzeugte elektrische Energie mit einer festen Frequenz von 50 Hz ins elektrische Netz eingespeist wird.
Modularer Ansatz mit dem MTP
Längst ist klar, dass modular aufgebaute Produktionsanlagen aufgrund ihrer Flexibilität die Antwort auf schnell wechselnde Marktanforderungen sind. Die Prozessindustrie macht es vor: Maschinen oder Teilanlagen bilden als Package Unit konkrete Prozessfunktionen wie z.B. Mischen oder Dosieren ab und lassen sich als modulare Komponenten zu einer Produktionsanlage zusammensetzen. Jedes Modul ist hierzu mit einer Steuerung ausgestattet und bereits seitens des Herstellers in sich automatisiert. Dies erlaubt es dem Betreiber, Prozessfunktionen rasch neu zu verknüpfen oder zu skalieren. Ermöglicht wird diese Flexibilität durch eine standardisierte Schnittstelle zum Ansprechen der Module über ein Leitsystem. Das Module Type Package (MTP) ist definiert in der Richtlinie VDI/VDE/NAMUR 2658 und ermöglicht es dem Lieferanten einer Package Unit Schnittstellen, Bedienbilder und Alarme direkt mitzuliefern. Dazu erhält der Anlagenbetreiber eine mtp-Datei, die die entsprechenden Informationen enthält. Diese wird in einem übergeordneten System eingelesen, wo anhand der mitgelieferten Informationen Verknüpfungen und Bedienbilder automatisch generiert werden.
MTP: Sinnvoll auch für andere Branchen
Mit dem MTP konnte bereits eindrucksvoll gezeigt werden, wie gering Engineering-Aufwände für die Integration von Modulen ausfallen können. Diese Vorzüge finden auch außerhalb von hochflexiblen Laborumgebungen Anwendung und bringen das MTP auch in anderen Branchen ins Gespräch. Überall dort, wo es um eine schnelle Integration und eine herstellerunabhängige Verknüpfung von Maschinen geht, macht das Konzept Sinn. Gemäß diesem Grundsatz versucht Iotech als Automatisierungsdienstleister das MTP konsequent bei Package Units unterzubringen, so auch bei dem Stumer-Projekt. Eine Ausstattung mit MTP-fähigen Package Units ist auch dann sinnvoll, wenn das bisherige Leitsystem den Standard noch nicht unterstützt. Die Integration erfolgt dann auf die herkömmliche Art, jedoch erlangt man für künftige Leitsystem-Upgrades Zukunftsfähigkeit.
Volumenexpander als Modul
Der Stumer repräsentiert sich als Modul mit den Diensten Druckregelung und Massestromregelung. Während der erste Dienst die allgemeine Funktion einer herkömmlichen Druckreduzierstation übernimmt, erhält der Anwender mit der Funktion einer Massestromregelung die Möglichkeit zur Dosierung von Dampf. Damit können bspw. Eindampfungsanlagen präzise mit Heizleistung versorgt werden. Üblicherweise umfassen Package Units sämtliche Feldgeräte sowie Antriebe und Ventile, die für einen autonomen Betrieb notwendig sind. Bei einer Inbetriebnahme sind hardwareseitig lediglich die Versorgungen mit Prozessmedien sowie der elektrische Anschluss herzustellen. Anhand von dienstspezifischen Prozedurparametern lässt sich die Maschine dann auf anwenderspezifische Umgebungsbedingungen anpassen. Der Stumer stellt im Umfeld des MTP eine neuartige Art von Modul dar. Der gleichnamige Hersteller wagt mit diesem Schritt einen Ansatz, die Vorzüge einer standardisierten Schnittstellenbeschreibung auch für andere Branchen nutzbar zu machen.
NOA-ready: Mehrwert durch Daten
Moderne Technologien der IT-Welt machen schnelle Fortschritte und bieten im Zusammenspiel mit Maschinendaten häufig einen großen Mehrwert. Mit dem heutigen Stand der Technik ist es problemlos möglich, selbst kleine Anlagen vollständig zu überwachen, die wesentlichen Daten zu messen, auszuwerten und zielgerichtet zu analysieren. Die gesammelten Daten können nicht nur zur frühzeitigen Fehlererkennung im Sinne einer trendbasierten Langzeitüberwachung, sondern auch zur Festlegung von Revisionszeiträumen und -maßnahmen genutzt werden. Hierdurch ergeben sich Vorteile bzgl. einer Flexibilisierung der Instandhaltungs- und Wartungsstrategie solcher Anlagen. Damit solche Vorzüge auch anlagenübergreifend genutzt werden können ist es notwendig, dass Maschinendaten offen lesbar sind und auch in der Anwenderdomäne verarbeitet werden können.
Die NAMUR Open Architecture (NOA) ist ein Konzept, das die offene Kommunikation und Integration von Automatisierungsgeräten und -systemen in die IT-Welt ermöglicht. Häufig scheitern Digitalisierungsvorhaben an Sicherheitsbedenken, wonach die Verfügbarkeit der Automatisierungskomponenten durch eine Verbindung in die IT-Welt herabgesetzt würde. Um eine Datenabfrage aus dem Automatisierungssystem heraus sicher zu gestalten, setzt die NOA auf eine Datendiode, die eine Rückwirkung in das Automatisierungssystem ausschließt und einen unberechtigten Zugriff wirksam verhindert. Zwar verfügt der Stumer bereits intern über umfangreiche Condition-Monitoring Funktionen, jedoch erlaubt er als offenes System das sichere Auslesen aller relevanten Betriebsdaten und wird optional mit einer Datendiode als „NOA-ready“ ausgeliefert.
Kontinuierliches Monitoring: Warum Schwingungsdaten so wichtig sind
Eine besondere Bedeutung im Rahmen der Zustandsüberwachung des Stumer hat die Messung, Analyse und Diagnose des Schwingungsverhaltens. Das Schwingungsverhalten der Maschine repräsentiert den „Pulsschlag“ der Anlage im Betrieb. Durch die Auswertung der Schwingungsdaten lassen sich Aussagen über Verschleißzustände verschiedener Komponenten, lastabhängige Verhaltensweisen und natürlich Veränderungen im Schwingungsverhalten, die auf sich anbahnende Schäden hinweisen, treffen. Die Aussagekraft derartige Analysen und Diagnosen lässt sich durch die Hinzunahme von geeigneten Betriebsparametern weiter verbessern. Gerade das seit Jahrzehnten verfügbare Instrumentarium der schwingungsanalytischen und -diagnostischen mathematischen Werkzeuge ermöglicht es, dem Schwingungsexperten gezielte Auswertungen hinsichtlich gezielter Schadensmerkmale durchzuführen. Es erscheint nicht unmöglich, dass zukünftig solche Anlagen wie der Stumer auch als digitale Zwillinge in Form von mathematisch-physikalischen Modellen abgebildet werden können. Digitale Zwillinge erlauben eine sehr fortschrittliche Art, innere Zustände und Abhängigkeiten zu erkennen. So erscheint es dann möglich, noch detailliertere Rückschlüsse auf sich entwickelnde Schäden ziehen zu können. Damit ließe sich die Abkehr von der zeitbasierten Instandhaltung hin zur echten zustandsbasierten Instandhaltung vollziehen.
Autoren: Matthias Humer, Gesellschafter, Stumer und Yannick Pilous, Geschäftsführer, Iotech Automation