Effizientere Dampferzeugung spart Energie
Wie Prozessunternehmen ihren Gasverbrauch drastisch reduzieren können
Für die Unternehmen der Prozessindustrie, die Erdgas und Strom nach wie vor als wichtigste Energieträger nutzen, ist die Situation derzeit existenzgefährdend. So macht in der Chemie- und Pharmaindustrie Erdgas 43,6 % am Gesamtenergieverbrauch von 215 TWH aus. Vergleicht man sämtliche Industriesektoren des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland miteinander, so ist die Chemie- und Pharmaindustrie mit 99 TWH für 31,4 % (2020) des gesamten Erdgasverbrauchs verantwortlich. Die wichtigsten Anwendungsbereiche für Erdgas im Industriesektor ist die Bereitstellung von Prozesswärme in Industrieöfen mit rund 90 TWh/a und die Dampferzeugung mit rund 95 TWh/a Erdgasbedarf. Hinzu kommen weitere 30 TWh/a in der stofflichen Nutzung. Aktuell entspannen sich zwar die Märkte, doch die Unsicherheiten bestehen weiter und die Unternehmen sind angehalten, ihren Verbrauch dauerhaft zu reduzieren.
Dampf als Energieträger
Da Gas als Grundstoff für die Produktherstellung unverzichtbar ist, gilt es alle Möglichkeiten zum Einsparen von Erdgas in der Energieerzeugung voll auszuschöpfen. Mit der Dampferzeugung als großem Verbraucher steht in vielen Betrieben dabei eine wichtige Stellschraube zum Einsparen von Gas zur Verfügung. Gemäß den ASME-Dampftabellen werden 2.500 kJ Energie benötigt, um 1 kg 1.000 kPa Sattdampf zu erzeugen. Das entspricht 722 kWh/t erzeugtem Dampf. Je nach Dampfsystem wird der erzeugte Dampf ganz oder teilweise über die Kondensatableiter in das Kesselhaus zurückgeführt. Der zurückgegebene Prozentsatz spiegelt die Gesamteffizienz des Systems wider. Wenn das System geschlossen, d.h. das gesamte Kondensat wird über Kondensatableiter in den Kessel zurückgeführt, und perfekt effizient ist, wird eine 100%ige Rückführung des gesammelten Kondensats erwartet. Doch Systemverluste führend dazu, dass während des gesamten Prozesses Dampf verloren geht. Einer der Hauptfaktoren für Dampfverluste sind ausgefallene Kondensatableiter.
Kondensatableiter als Schlüsselkomponente
Ein Kondensatableiter ist ein selbständiges Ventil, das zum Ableiten von Kondensat unter Abdämmung des Frischdampfes in einem Dampfsystem verwendet wird. Ziel ist es, Kondensat, Luft und nicht kondensierbare Gase aus dem Dampfsystem in das Kondensatsystem zu leiten und gleichzeitig das Austreten von Frischdampf zu verhindern. Nur so ist sichergestellt, dass das Dampfsystem effizient und damit energiesparend arbeitet. Mechanische Kondensatableiter sind in einer Dampfanlage oft ein Schwachpunkt. Sie sind die Schnittstelle zwischen der Dampf- und der Kondensatschiene.
Etwa 3 bis 5 % Frischdampf und damit wertvolle Energie kann über diese Armaturen schon im Neuzustand entweichen.
Venturidüsen-Kondensatableiter arbeiten nach einem anderen Prinzip. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kondensatableitern leitet der Venturidüsen-Kondensatableiter kontinuierlich ab und nicht in Intervallen. Diese kontinuierliche Ableitung wird lediglich durch Entspannungsdampf gedrosselt, wenn sich der Dampf der Düse nähert und das extrem heiße Kondensat hinter der Düse entspannt und einen Gegendruck erzeugt. Wenn sich dann Kondensat staut, kühlt es sich etwas ab und der Entspannungsdampf bzw. Gegendruck verringert sich, das Kondensat fließt wieder normal ab. Im Betrieb schaltet der Ableiter kontinuierlich zwischen unter Dampfdruck strömendem (ähnlich wie Wasser aus einem Wasserhahn) Kondensat und durch Entspannungsdampf gebremstem Kondensat hin und her. Entspannungsdampf reduziert die Geschwindigkeit des abfließenden Kondensats extrem und verhindert effektiv den Austritt von Frischdampf in die Kondensatleitung. Dieser Prozess ist selbstregelnd und passt sich dem Hauptdampfdruck automatisch an. Durch sein Funktionsprinzip erhöht der Venturidüsen-Kondensatableiter also die Effizienz des gesamten Dampfsystems.
Einsparungen von bis zu 30 %
Da der Venturidüsen-Kondensatableiter rein physikalisch arbeitet, hat er keine mechanische Wirkung und somit auch keinen mechanischen Einfluss auf das Dampfregelsystem. Er folgt den Regelanforderungen des Dampfregelventils und wirkt nicht gegen dieses, wie es bei mechanischen Kondensatableitern der Fall ist. Dies führt bei Batch-Verfahren zu einem kürzeren Heizzyklus. Außerdem weist er einen kontinuierlichen Kondensatfluss auf, d.h. einen konstanten Kondensatfilm an der Wärmetauscherwand. Durch den gleichmäßigen Betrieb ist die Wärmeübertragung konstant und die Solltemperatur wird schnell erreicht. Das besondere Funktionsprinzip kann die Gesamtzykluszeiten der Chargen verringern und die Produktionskapazität steigern.
Bei Unternehmen, die unterschiedliche Produkte herstellen, fallen auch unterschiedliche Massenströme an Kondensat an. Neben der Dampf- und Zeiteinsparung ist deshalb auch die Flexibilität der Venturidüsen-Kondensatableiter ein Vorteil. Ihr Einsatzbereich deckt sämtliche Bedingungen für industrielle Anwendungen ab. Obwohl die Betriebsbereiche für Venturidüsen-Einsätze kleiner sind als bei herkömmlichen Schwimmer- oder Glockentypen, hat die praktische Erfahrung gezeigt, dass diese Ableiter in den meisten Fällen nur 10 oder 20 % des Bereichs benötigen. Ein entsprechend ausgelegter Venturidüsen-Kondensatableiter arbeitet über 70 bis 80 % seines Betriebsbereichs, deckt aber 100 % der Prozessbedingungen ab. Das macht ihn wesentlich effizienter.
Die Hersteller selbst schätzen, dass bis zu 10 % aller installierten mechanischen Ableiter jährlich ausfallen. Erfahrungen und praktische Tests haben gezeigt, dass Venturidüsen-Kondensatabscheider die Dampfverluste im Vergleich zu mechanischen Ableitern komplett eliminieren und somit Energie von 10 bis 30 % einsparen. Mit Blick auf die Gaspreiskrise und immer dringlicher werdende Klimaschutzmaßnahmen ist das ein bedeutender Beitrag für die Zukunftsfähigkeit – nicht nur von Unternehmen in der Prozessindustrie.
Autor: Nigel Egginton, Geschäftsführer, Ebe Engineering