Anlagenbau & Prozesstechnik

Digital dokumentieren bei Inbetriebnahme und Instandhaltung metallurgischer Anlagen

Wenn Software die Fantasie beflügelt

05.08.2020 - Komplexe Anlagen allein mit Papierdokumentation zu verwalten oder einzurichten ist nahezu unmöglich. Digitale Dokumentation, etwa mit Hilfe vonLiveDOK, hilft weiter.

Ordnerweise Dokumentation ist Anlagenbetreibern und denen, die Anlagen in Betrieb nehmen, nach wie vor nicht fremd.

Die SMS group ist ein deutscher Systemanbieter von Maschinen und Anlagen. Das Unternehmen deckt das gesamte Spektrum der metallurgischen Prozesskette einschließlich der Elektrik und Automation bis hin zum Service ab. Gerade in Hinsicht auf Industrie 4.0 hat es sich die Gruppe zur Aufgabe gemacht, Prozesse immer wieder genau zu analysieren, besser zu strukturieren und stärker zu automatisieren. In diesem Zuge befasst sich das Unternehmen mit der Frage, wie es die Inbetriebnahme von Anlagen „digitalisieren“ könnte. Die Digitalisierung der technischen Anlagendokumentation bietet neue Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und ist ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zum „Learning Steel Plant“, der Vision des Unternehmens in Bezug auf Industrie 4.0 und Digitalisierung. Eine passende Software fanden das Unternehmen mit LiveDOK NG von der Karlsruher Firma Rösberg. Eingesetzt wird sie heute aber nicht nur bei der Inbetriebnahme auf der Baustelle, sondern auch für die hausinterne Instandhaltung.

Einfach zur digitalen Dokumentation
Für die strukturierte und automatisierte Abwicklung von Prozessen hatte die SMS group bereits ihr eigenes Process Control Center entwickelt. Nun waren sie auf der Suche nach einem Redlining-Tool, also einer Software, mit der sich auf einem PC, Notebook oder mobilen Device in der Dokumentation Änderungen eintragen lassen, ähnlich wie man das mit einem Rotstift auf Papier vornehmen würde. Denn bei der Inbetriebnahme muss immer wieder von der ursprünglichen Planung abgewichen werden. Das gilt es, für den sicheren Betrieb nachvollziehbar zu dokumentieren.

Für die digitale Dokumentation konvertiert LiveDOK NG Dokumente aus mehr als 200 unterschiedlichen, gewerkespezifischen Dateiformaten aus den Bereichen CAD, Office und Multimedia ins PDF-Format. Diese PDF-Dokumente werden nun fürs weitere Arbeiten genutzt und somit sind keine besonderen Programme oder Lizenzen notwendig, um die Dokumentation einsehen oder ändern zu können. Mit einer „google-artigen“ Suchsyntax lässt sich die gesamte Dokumentation dank einer cleveren Indexierung in kürzester Zeit durchsuchen. Die Gliederung der Dokumente und Ansichten lassen sich an individuelle Bedürfnisse anpassen. Für Änderungen steht eine große Palette an Redlining-Funktionen zur Verfügung, mit der sich unterschiedliche Änderungen direkt im Dokument vermerken lassen.

Software verbessert Verständnis für Gesamtprozess
Artur Schindler, Systemintegrator bei SMS group berichtet von der Einführung der Dokumentationssoftware: „Wir haben uns natürlich verschiedene Lösungen angeschaut. Viele davon waren uns einfach zu umfangreich, legten den Schwerpunkt auf Instandhaltung oder arbeiteten mit Virtual Reality, um Prozesse zu simulieren. Wir waren aber auf der Suche nach einer Software, mit der wir schnell und mit geringem Aufwand zu einer produktiven Lösung kommen konnten. Für die digitale Dokumentation auf der Baustelle überzeugte uns LiveDOK.“ So wurde recht bald nach ersten Gesprächen ein Pilotprojekt aufgesetzt. „Rösberg hat schon hier wie dann auch während der gesamten Zusammenarbeit schnell und flexibel auf unsere Bedürfnisse reagiert und nach konstruktiven Lösungen für unsere individuellen Anforderungen gesucht.“ freut sich Schindler.

Vor der Einführung von LiveDOK wurde auf der Baustelle noch per Papier dokumentiert. Nach der Inbetriebnahme wurden diese Dokumente dann an die Konstruktionsabteilung übergeben, die nun mühevoll entziffern musste, was auf den Dokumenten notiert worden war. Wer die Notizen gemacht hatte, war nicht nachvollziehbar und daher konnten bei Unstimmigkeiten keine Rückfragen gestellt werden. Dazu kommt, dass die Teams auf der Baustelle ständig wechseln. Eine saubere Übergabe von Informationen ist da schwierig. Bei der digitalen Lösung wird nun vermerkt, wer wann welche Änderung vorgenommen hat und alle Informationen stehen sofort zur Verfügung. Schindler ergänzt: „Gleichzeitig hat die Software die Kollegen auf der Baustelle auch dafür sensibilisiert, dass die eingetragenen Informationen auch weiterverarbeitet werden müssen. Mit diesem Verständnis wurde gründlicher dokumentiert. Dank der Möglichkeit zur Tastatureingabe wurden unleserliche Handschrifteinträge hinfällig.“

Schindler kommt ursprünglich aus der Elektrokonstruktion und hat daher schwerpunktmäßig auch nach einer Lösung für diesen Bereich gesucht. Ihn begeistert die Unterstützung, die LiveDOK bietet, um Änderungen in Elektropläne zurückzuschreiben. Die Datei von der Baustelle mit den darin enthaltenen Dokumenten wird dazu mit der ursprünglichen Eplan-Datei überlagert. Per Navigator kann sich der Anwender dann einfach von Änderung zu Änderung durchklicken, prüfen und übernehmen.

Entdeckung am Rande:Instandhaltung der Haustechnik
Während Schindler und seine Kollegen die digitale Dokumentations-Software auf der Baustelle einführten, begann sein Kollege, der am Standort Hilchenbach für die Instandhaltung der Haustechnik verantwortlich ist, die dazu vorhandene Dokumentation zu digitalisieren. Sein Traum war es, die einzelnen Gewerke mit QR-Codes zu versehen und eine Schnittstelle zwischen Gewerken und digitaler Dokumentation herzustellen. Auch hier stellte sich LiveDOK als passende Lösung heraus. Nun setzt das Unternehmen auch bei der Instandhaltung seiner elektrischen Schalt-, Heiz- und Löschanlagen auf das digitale Dokumentationssystem. Über Scannen des Codes gelangen die Instandhaltungsmitarbeiter dann direkt in die zugehörige Dokumentation und bestenfalls auch gleich zu den nötigen Arbeitsaufträgen. Beim Tausch von Komponenten können die Instandhalter direkt vor Ort in der digitalen Dokumentation vermerken, was verändert wurde.

LiveDOK auf mobilen Geräten
Die Wahl der richtigen Hardware brauchte etwas Erfahrung. Mittlerweile werden auf der Baustelle vermehrt Laptops eingesetzt. Je nach Anwendungsfall reichte die Leistungsfähigkeit von Tablets einfach nicht aus, zudem möchte der Inbetriebnehmer nicht zig elektronische Geräte mit sich herumtragen. Wo aber die Dokumentation lediglich eingesehen oder kleine Änderungen vermerkt werden sollen, sind Tablets durchaus geeignet. Manchmal ist es sehr praktisch, wenn man die gesamte Dokumentation per Handy immer mit sich tragen kann – ein wichtiges Argument für die Einführung von LiveDOK.web in der Haustechnik. Bei all dem spielt natürlich die Sicherheit der hochsensiblen Daten eine wichtige Rolle.

Das webbasierte Add-on zum Dokumentationstool LiveDOK NG lässt sich auf verschiedenen Geräten nutzen und überträgt vor Ort gemachte Änderungen direkt an einen zentralen Onlineserver. Dann stehen die aktuellen Informationen allen Anwendern zur Verfügung. Um die Web-Applikation nutzen zu können, müssen Anwender keine Software installieren, sondern benötigen lediglich einen Internet-Browser auf dem jeweiligen Bediengerät. LiveDOK.web hat eine responsive Oberfläche, ist für Touch-Bedienung ausgelegt und arbeitet betriebssystem­unabhängig, lässt sich also auf Windows-, Android- oder iOS-Geräten nutzen. Die mobile Variante unterstützt für den Browser angepasste Änderungsfunktionen ähnlich wie die Desktop-Lösung.

Positiver Anklang bei den Anwendern
Mittlerweile hat die SMS group das digitale Dokumentationssystem auf ca. 20 Baustellenprojekten benutzt. Der Anklang bei den Anwendern ist sehr positiv. Schindler ist begeistert, wie intuitiv sich die Lösung bedienen lässt. Zu Beginn des Projektes wurden drei User-Gruppen definiert, von denen heute im Wesentlichen zwei genutzt werden. „Die Gruppe, die am umfangreichsten geschult wird, erlernt innerhalb eines Tages alle Funktionen, die für sie als Generator Manager wichtig sind,“ sagt Schindler. „Bei den Redlining Managern brauchen wir für die Schulung inklusive Rückfragen nur eine Stunde. Dann können sie produktiv loslegen. Dabei liegt der Schwerpunkt der Schulung mehr auf dem Verständnis für den Gesamtprozess als auf der Nutzung der vorhandenen Redlining-Palette.“

Neben all dem bringt die digitale Lösung einen weiteren entscheidenden Vorteil: Anlagenbauer kommen schneller zu einer finalen Anlagendokumentation, die ja immer auch Teil des Projektes ist und erhalten somit schneller ihre Vergütung. Damit rechnet sich die Anschaffung der Software finanziell oft schon während des ersten Projektes. Darüber hinaus haben die Flexibilität und einfache Nutzbarkeit des digitalen Dokumentationstools bei der SMS group jedenfalls die Fantasie geweckt. Man darf gespannt sein, welche weiteren Einsatzfälle künftig dafür noch gefunden werden.

Der Autor
Christian Stolz, Account Manager Plant Solutions, Rösberg Engineering GmbH

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