Der Luftverschmutzung auf der Spur sein
Mobile und kontinuierliche Aerosol- und Partikelmesstechnik zur Überwachung der Luftqualität
Die Überwachung der Freisetzung von umwelt- und gesundheitsschädlichen Schadstoffen bedarf daher besonderer Aufmerksamkeit. Mit einem mobilen Messsystem für Aerolole und Partikel lässt sich die Luftqualität flexibel überwachen.
Für viele Menschen ist der Begriff „The Great Smog of London“ eine Geschichte aus der Vergangenheit. Einer der schwersten Fälle von Luftverschmutzung ereignete sich während des großen Londoner Smogs im Dezember 1952.
Aufgrund der besonderen meteorologischen Bedingungen und der für die Jahreszeit besonders kalten Temperaturen verbrannten die Einwohner vermehrt Kohle, um ihre Häuser warm zu halten. Da diese Kohle von schlechter Qualität war, wurden große Mengen SO2 in die neblige Stadtluft emittiert, so dass die SO2-Konzentration zu Spitzenzeiten auf bis zu 0,69 ppm (1,83 mg/m3)1 anstieg. Auch wenn, der Nebel „nur“ vier Tage über der Stadt hing, starben in dieser Zeit und in den folgenden Wochen 12.000 Menschen an den direkten Folgen. Zumeist verursacht durch Atemwegserkrankungen.
Auch wenn dieses Ereignis lange zurück liegt, betrifft uns alle das Thema der Luftverschmutzung über unser gesamtes Leben hinweg. Inversionswetterlagen im Winter oder rot gefärbter Himmel aufgrund von Saharastaub im Sommer, aber auch Waldbrände führen in unseren Breitengraden ebenfalls immer wieder zur Ansammlung von Feinstaub in den unteren Luftschichten und zu höheren Belastungen. Blicken wir auf wirtschaftlich aufstrebende Nationen wie China oder Indien, kommen sofort weitere Bilder von Smog und Luftverschmutzung in den Kopf. Menschen, die tagtäglich einen giftigen Cocktail einatmen und den Preis des Wirtschaftswachstums mit einer geringeren Lebenserwartung bezahlen.
Dabei ist Feinstaub (oder auch Aerosol genannt) der Luftschadstoff, der die größten Gesundheitsschäden hervorruft.
Feinstaub als Teil des Schwebstaubs (PM – Particulate Matter), bezeichnet alle einatembare Immissionen. Je kleiner die Partikel, umso tiefer können sie in den Organismus eindringen und vielfältige gesundheitsschädliche Effekte hervorrufen. Während grobe Feinstaubpartikel zumeist von den Nasenhärchen zurückgehalten werden, können feine Partikel (<PM2.5) tief in die Lunge eindringen und Entzündungen auslösen. Die gesundheitlichen Folgen für Mensch und Tier reichen von Atemwegserkrankungen über Herz-Kreislauferkrankungen aber auch Krebserkrankungen und im Fall von Boden und Gewässern zu Eutrophierung und einer empfindlichen Störung des ökologischen Gleichgewichts.
Stand der Technik
In Deutschland existiert ein Messnetz der Bundesländer und des Umweltbundesamts aus rund 400 Stationen2, welche kontinuierlich Messdaten zur Beurteilung der Luftqualität liefern. Nur mit einer kontinuierlichen und hohen zeitlich aufgelösten Kontrollstrategie können ausreichend Daten gesammelt werden, die Experten bei der Erstellung von Modellen, nachhaltigen Standards bzw. auch kurzfristigen Maßnahmen unterstützen.
Zu den bekanntesten Methoden zur Überwachung gehören neben festen Messstationen auch mobile Messgeräte und Satellitentechniken.
Den meisten Menschen sind feste Luftmessstationen, wie sie in Großstädten installiert sind, ein Begriff. Partikel werden zumeist mit Hilfe von Staubsammlern (Filtern) beprobt und anschließend analysiert. Allerdings sind der Betrieb und die Wartung der Stationen zeit- und kostenintensiv. Des Weiteren ist, in Abhängigkeit der Probenahmehäufigkeit, die zeitliche Auflösung der Daten gering, denn die Ergebnisse stehen erst nach einigen Tagen oder sogar Wochen zur Verfügung.
Im Gegensatz dazu können mobile Messgeräte, die Fahrzeugen flexibel eingesetzt werden, die Luftverschmutzung auch in ländlichen Regionen überwachen. Allerdings berücksichtigen sie die Emission des eingesetzten Fahrzeugs nicht und sind ebenfalls recht aufwändig in Wartung und Betrieb. Eine weitere Methode sind bildgebende Verfahren aus Satelliten, die Aussagen zur Luftqualität liefern können.
Analysensysteme wie das MARGA (Monitor für AeRosole und GAse in der Umgebungsluft) bzw. das Probenvorbereitungssystem MARS (Metrohm AeRosol Sampler) sind flexibel einsetzbar. Sie erlauben eine kontaminationsfreie, autonome und semikontinuierliche Analyse mit hoher zeitlicher Auflösung und liefern dabei einen entscheidenden Beitrag für die Kontrolle der Luftqualität.
Ein einfaches Messprinzip
Neben dem Online-Luftüberwachungssystem 2060 MARGA, das anorganische Spezies in Aerosolen und Gasen in der Umgebungsluft beprobt und analysiert, wurde das MARS nur für die Beprobung von Aerosolen entwickelt.
Mit MARS werden Aerosolpartikel aus einem Luftstrom kontaminationsfrei entnommen und in die wässrige Phase überführt. Dabei gelangt die Luft kontinuierlich durch den rotierenden Diffusionsabscheider (Wet Rotating Denuder, WRD). Dort werden störende Gase entfernt. Die von ihren gasförmigen, wasserlöslichen Bestandteilen befreite Umgebungsluft wird weiter in den Dampfstrahl-Aerosolsammler (Steam-Jet Aerosol Collector, SJAC) transportiert. Hier wird übersättigter Dampf eingeleitet, der die Aerosole innerhalb kurzer Zeit zu größeren und schwereren Tröpfchen anwachsen lässt. Diese werden aufgrund ihrer Trägheit abgeschieden und mit einer Hilfsflüssigkeit, welche zur einfachen Quantifizierung einen internen Standard enthält, weitergepumpt. Die so gelösten Aerosolspezies werden am Boden des SJAC gesammelt und kontinuierlich zur Analyse entnommen.
Die zu bestimmende Aerosolpartikelgrösse wird durch einen Zyklon oder einen Impaktor am Einlass begrenzt. So können je nach Bedarf bspw. Partikel kleiner als 1 μm, 2.5 μm oder 10 μm (PM1, PM2.5, PM10) analysiert werden.
Im Gegensatz zum konventionellen Arbeiten mit Filterproben können mit MARS Aerosole in einer viel höheren zeitlichen Auflösung bestimmt werden, so dass sogar Tagesganganalysen möglich sind. Dank der automatischen Probenahme ist keine Probenaufbewahrung, Probentransport oder Probenvorbereitung notwendig. Messungen können ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Auf diese Weise werden auch Spitzen erfasst, die bei reiner Mittelwertbildung über lange Probenahmezeiten nicht erfasst werden.
Kopplung mit diversen Analysentechniken möglich
Die beprobte Lösung kann mittels nasschemischer Analysentechniken, wie z.B. Ionenchromatographie (z.B. Metrohm Compact oder Professional IC Serie), Voltammetrie (z.B. Metrohm Professional VA Serie) oder jeder anderen geeigneten Analysentechnik analysiert werden.
Zur Analyse von Anionen und Kationen in Aerosolen kann ein Ionenchromatograph (IC) direkt an das MARS angeschlossen werden. Andererseits können Schwermetalle in der Luft auch durch Kopplung des MARS mit einem voltammetrischen System analysiert werden, was eine umfassende Analyse der Probe ermöglicht.
Zusätzlich kann das hochflexible MARS auch bspw. für Bestimmungen in Kombination mit Massenspektrometern oder TOC-Analyzern verwendet werden. Alternativ können die Proben für die Offline-Bestimmung mit einem Autosampler gesammelt werden. Um die Ergebnisse sofort auszuwerten, kann MARS auch ferngesteuert mit jedem beliebigen Analysensystem gekoppelt werden.
Vielfältige Anwendungsfelder
Berücksichtigt man die große Anzahl von existierenden Emissionsquellen, kann das System als Probenvorbereitungstechnik für das Monitoring von Innen- oder Außenluft in verschiedenen Branchen eingesetzt werden.
Beispielhaft sollen nachfolgende Anwendungsbereiche hervorgehoben werden:
- Schadstoffüberwachung innerhalb von Gebäuden,
- Emissionskontrolle am Arbeitsplatz zum Schutz der Arbeitenden,
- Außenluft-Monitoring,
- Tunnelluft-Messungen,
- Schornstein-Emissionsbestimmung,
- mobiler Einsatz beispielsweise in Flugzeugen.
Literatur
1 Mortality and Morbidity during the London Fog of December 1952. Reports on Public Health and Medical Subjects No. 95. London, Ministry of Health, 1954
2 www.umweltbundesamt.de/themen/luft/
daten-karten/entwicklung-der-luftqualitaet#entwicklung-der-luftqualitat-in-deutschland (abgerufen, 28.12.2022)
Autorin: Kerstin Dreblow, Product Managerin Wet Chemical Process Analyzer, Deutsche Metrohm Prozess Analytik
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