Chemikanten bei Ausbildungsberufen an der Spitze
19.04.2017 -
Der Chemikant ist mit über 5.500 Auszubildenden mit Abstand der zahlenmäßig stärkste Beruf der Chemie-Branche. Insgesamt entfallen fast 70% aller Ausbildungsverhältnisse auf den MINT-Bereich. Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen, freie Ausbildungsplätze in gewerblich-technischen Berufen mit geeigneten Kandidaten zu besetzen. Häufig liegen die Ursachen in der fehlenden Ausbildungsreife von Schulabsolventen oder der zu geringen Zahl an Bewerbern. Dies sind die zentralen Ergebnisse der jüngsten Berufestruktur-Erhebung des BAVC, an der rund 770 Ausbildungsbetriebe teilgenommen haben.
MINT-Berufe machen 70% aus
Mit fast 70% erreicht der Anteil der MINT-Berufe an allen Ausbildungsverhältnissen eine neue Bestmarke in der Chemie-Branche. Im Jahr 2011 lag der Wert bei gut 66%. Grund hierfür ist vor allem der Zuwachs von über 1.000 Auszubildenden beim Chemikanten. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass in diesem Berufsbild in besonderem Maße Nachwuchskräfte benötigt werden. Betriebe nehmen daher ihre Verantwortung wahr und bilden schon heute vorausschauend aus. Leicht rückläufige Tendenzen zeigen sich hingegen in kaufmännischen Berufen. Zusammen mit dual Studierenden in betriebswirtschaftlichen Fächern macht ihr Anteil aber nach wie vor gut 20% des Ausbildungsportfolios der Chemie-Branche aus. Das Segment der dualen Studiengänge insgesamt ist im Vergleich zum Jahr 2011 stabil. Berufsvorbereitende Maßnahmen legen weiter zu und erreichen nun einen Anteil von gut 2%.
TOP 20-Ausbildungsberufe
Beim Blick auf das Berufe-Ranking führen die Chemikanten mit großem Abstand. Industriekaufleute und Chemielaboranten folgen auf den Plätzen zwei und drei. Technische Berufe wie der Industriemechaniker und der Elektroniker für Automatisierungstechnik finden sich auf Rang vier und fünf. Ein Vergleich zwischen 100 ausgewählten Groß- und mittelständischen Unternehmen bestätigt: Die TOP 20 Ausbildungsberufe sind typisch für die Branche und zwar unabhängig von der Betriebsgröße. Lediglich der Beruf des Sozialversicherungsfachangestellten ist ausschließlich in der chemisch-pharmazeutischen Großindustrie vertreten.
Technische Berufe schwerer zu besetzen
Erstmalig wurden bei der Berufestruktur-Erhebung auch Fragen zur Bewerbersituation und zum Ausbildungsmarketing berücksichtigt. Hier zeigt sich: Der Chemikant führt nicht nur die Liste aller Ausbildungsberufe an. Er belegt auch den Spitzenplatz bei den schwer zu besetzenden Ausbildungsplätzen. Hier folgen ihm auf Rang zwei bis vier der Engpassberufe die Elektroniker, Verfahrens- und Industriemechaniker. Auf Platz fünf findet sich die Fachkraft für Lagerlogistik als kaufmännischer Beruf. Die Ursache für Besetzungsschwierigkeiten sehen die meisten Betriebe in der mangelnden Ausbildungsreife einer wachsenden Zahl von Schulabsolventen. Bei mittelständischen Unternehmen verschärfen zusätzlich geringe Bewerberzahlen sowie fehlende Bekanntheit oder falsche Vorstellungen von bestimmten Berufsbildern die Situation.
Um Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsstellen entgegenzuwirken, setzen die Chemie-Unternehmen auf verstärktes Marketing. Schulkooperationen und Praktika gewinnen hierbei gerade im Mittelstand an Bedeutung, um frühzeitig geeignete Kandidaten für eine Ausbildung anzusprechen.
Schulen sind verstärkt gefordert
Die Ergebnisse der BAVC-Erhebung machen deutlich: Neben dem wachsenden Engagement der Ausbildungsbetriebe sind auch Schulen verstärkt gefordert, den Übergang von Jugendlichen in das Berufsleben systematischer vorzubereiten und zu begleiten. Dies reicht von der Ausprägung wichtiger Sozial- und Selbstmanagementkompetenzen bis hin zu anwendungssicherem Know-how in den MINT-Fächern. Aber auch die Heranführung an eine zunehmend digitalisierte Arbeitswelt sowie eine frühzeitige und umfassende Berufsorientierung sind entscheidend. Nicht nur an Haupt- und Realschulen, sondern auch an Gymnasien müssen die Chancen und Entwicklungsperspektiven der dualen Ausbildungsberufe vermittelt werden. Hier besteht auf regionaler Ebene für Schulen und Unternehmen die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit in Zukunft weiter zu intensivieren.