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ChemCoast Park Brunsbüttel ist Netzknotenpunkt für erneuerbare Energien

Die Energiewende und Dekarbonisierung der chemischen Industrie im größten Industriegebiet Schleswig-Holsteins

07.12.2021 - In Brunsbüttel beginnt die Westküstenleitung des Stromnetzbetreibers TenneT, die aktuell bis zur dänischen Grenze fortgebaut wird, um mehr regenerative Energie aus On- und Offshore-Windkraft zu den Endverbrauchern leiten zu können.

Der ChemCoast Park Brunsbüttel als größtes Industriegebiet Schleswig-­Holsteins und in Anbetracht der Fläche achtgrößter Chemiepark weltweit, ist ein Netzknotenpunkt für Erneuerbare Energien. Hier beginnt die „Westküstenleitung“ (380 kV) des Stromnetzbetreibers TenneT, die aktuell bis zur dänischen Grenze fortgebaut wird, um erheblich mehr regenerative Energie aus On- und Offshore-Windkraft zu den Endverbrauchern leiten zu können. Ebenfalls zur Versorgungssicherheit und Netzstabilität beitragen wird die Ende Mai 2021 von Bundeskanzlerin Merkel eingeweihte „NordLink“-Stromtrasse, die von Norwegen ausgehend durch die Nordsee verlegt wurde, an der schleswig-holsteinischen Westküste anlandet und nur wenige Kilometer vom ChemCoast Park entfernt an einem Umspannwerk bei Wilster endet.

Via „NordLink“ soll die regenerativ erzeugte Energie aus norwegischen Wasserkraftwerken die naturgemäß auftretenden Schwankungen der Stromerzeugung durch Windkraftanlagen in Norddeutschland ausgleichen. Solche Ausbaumaßnahmen der Strominfrastruktur scheinen zwingend erforderlich, wenn man bedenkt, dass durch den Ausstieg aus der Kernkraft bereits Ende 2021 etwa 10.000 Gwh/a erzeugter Energie allein in der Metro­polregion Hamburg weniger zur Verfügung stehen werden. Die nicht erst seit dem Reaktorunglück von Fukushima kontrovers diskutierte Kernkraft hat mit Grundlastkraftwerken wie etwa im schleswig-holsteinischen Brokdorf erheblich zur Versorgungssicherheit beigetragen.

Dass eine Verknappung des Energieangebotes bei gleichbleibender oder weiter steigender Nachfrage zu höheren Preisen führt (ceteris paribus), gilt gleichermaßen für Industrie als auch Privathaushalte und darf in der Gesamtbetrachtung der aktuellen Situation nicht aus dem Blick geraten. Die hierzulande ansässige und vergleichsweise energieintensiv produzierende Industrie, zu der bekanntlich auch die Chemiebranche gehört, ist schließlich in besonderem Maße darauf angewiesen, Energie zu kalkulierbaren Preisen und Mengen sowie in geeigneter Qualität zu beziehen, um die eigenen Produkte weiterhin wettbewerbsfähig in Europa bzw. am Weltmarkt anbieten zu können.

Hinzu kommen die von politischer Seite oft geforderten und in vielen Fällen bereits konkret geplanten Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Produktion chemischer Industriebetriebe. Diesbezüglich ist im ChemCoast Park in jüngster Zeit eine erfreuliche Dynamik entstanden, die verdeutlicht, dass „grüner“ Wasserstoff ein entscheidender Schlüssel zur Transformation der chemischen Industrie hin zur angestrebten klimaneutralen Produktion sein wird. Die Elektrolyse zur Erzeugung von grünem Wasserstoff geht mit einem hohen Bedarf an Energie aus regenerativer Erzeugung einher – und somit ist man auch auf die infrastrukturellen Voraussetzungen an den Indus­triestandorten angewiesen.

Dabei steckt der sprichwörtliche Teufel nicht selten im Detail. Wem gehören die Flächen rund um die Umspannwerke, welche hierfür ausgebaut werden müssen? Wie lange dauern die Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Strom­infrastruktur? Auch lange Lieferzeiten von hierfür erforderlichen technischen Komponenten, die meist importiert werden müssen, sowie die Frage der Netzstabilität rund um einen Industriestandort können zur unterschätzten Herausforderung werden.

Wer sich mit diesen Detailfragen nicht hinreichend befasst, wird der „Jahrhundertaufgabe“, wie der ambitionierte Weg zur Klimaneutralität gelegentlich von bundespolitischer Seite bezeichnet wurde, nicht gerecht. Allein der prognostizierte Bedarf an grünem Wasserstoff für die Industrie und den Verkehrssektor in Deutschland bis Mitte der 2030er Jahre unterstreicht nicht nur die Notwendigkeit eines rascheren Ausbaus erneuerbarer Energie­erzeugung hierzulande, sondern zeigt auch, dass die besonders leistungsfähigen H2-Elektrolyseure klug verortet werden müssen, um den zusätzlich erforderlichen Stromnetz­ausbau in realisierbaren Grenzen zu halten.

Die Planungs- und Genehmigungsprozesse für den Netzausbau sollen deutlich beschleunigt werden, liest und hört man allenthalben. Hierüber besteht auch bundespolitisch weitestgehend Einigkeit – in der Konsequenz bedeutet es allerdings, dass nicht nur rechtliche Rahmenbedingungen ggf. „realitätsnäher“ angepasst werden sollten. Auch auf mehr Mitarbeitende und entsprechende öffentliche Mittel wird man angewiesen sein, damit der zusätzlich entstehende genehmigungsrechtliche Arbeitsaufwand in der gewünschten Zeit bewältigt werden kann. Für all dies braucht es undogmatische politische Unterstützung auf allen Ebenen.

Exemplarisch betrachtet, sind die Voraussetzungen im Chemiepark in Brunsbüttel ausgesprochen gut, um die großen Herausforderungen zu bewältigen, welche sich im Hinblick auf den Klimawandel und den erforderlichen Transformationsprozess der Chemieindustrie immer deutlicher abzeichnen. Der ohnehin unvermeidliche wirtschaftliche Wandel sollte von unternehmerischen und politischen Entscheidern gleichermaßen als Chance für den hiesigen Standort begriffen werden.

Auch die Wirtschaftsförderung kann einen begünstigenden Beitrag leisten, indem sie – um eine Metapher aus der Chemie zu verwenden – wie ein „Katalysator“ im industriellen Transformationsprozess wirkt, also die notwendige Aktivierungs­energie für Unternehmen absenkt und die Reaktionsgeschwindigkeit beschleunigt. Und, last but not least: Da viele Verantwortung tragen, müssen auch viele konstruktiv und pragmatisch zusammenwirken, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Im Hinblick auf die Energiewende gilt dies natürlich nicht nur an der schleswig-holsteinischen Westküste.

Autor: Jesko Dahlmann, Entwicklungsgesellschaft Westholstein

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