Chemie & Life Sciences

PFAS-Analytik bringt Klarheit

Geringe Nachweisgrenzen für PFAS-Verbindungen in Produkten und Umwelt als Herausforderung

15.11.2023 - Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften haben sich per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (engl. per- und polyfluoroalkyl substances, PFAS) in vielen Industrie- und Verbraucherprodukten etabliert. Die wasserabweisende Eigenschaft ist von Vorteil in Textilien, bei Papiererzeugnissen sowie als Flammschutz- und Kältemittel oder Membran und bei feuerfesten Bauteilen überzeugen die äußerst stabilen PFAS ebenso.

Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften haben sich per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (engl. per- und polyfluoroalkyl substances, PFAS) in vielen Industrie- und Verbraucherprodukten etabliert. Die wasserabweisende Eigenschaft ist von Vorteil in Textilien, bei Papiererzeugnissen sowie als Flammschutz- und Kältemittel oder Membran und bei feuerfesten Bauteilen überzeugen die äußerst stabilen PFAS ebenso. Gleichzeitig ist diese Stärke aber auch die größte Schwäche der Verbindungen. Gelangen sie in die Umwelt, dann bauen sie sich dort, wenn überhaupt, nur sehr langsam ab. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) plant deshalb, den Einsatz der industrieweit vielfältig eingesetzten PFAS-Verbindungen stark zu limitieren. 

Spätestens seit dem Begrenzungsvorschlag der ECHA stehen PFAS international im Fokus. Dieser ergänzt die bereits bestehenden Regelungen zur drastischen Reduzierung von einzelnen Substanzen gemäß REACh und weiteren Verordnungen zu persistenten organischen Schadstoffen. Der Beschränkungsvorschlag der ECHA zielt auf alle Verbindungen dieser Stoffgruppe ab – das sind rund 10.000 Verbindungen, die in entsprechend vielen Substanzen im täglichen Umfeld Verwendung finden. Im ECHA-Beschränkungsvorschlag werden drei Grenzwerte diskutiert, die es zu berücksichtigen gilt: 

  • 25 ppb für alle PFAS, gemessen mit gezielter PFAS-Analyse (polymere PFAS von der Quantifizierung ausgeschlossen),
  • 250 ppb für die Summe der PFAS, gemessen als Summe der gezielten PFAS-Analysen, (polymere PFAS von der Quantifizierung ausgeschlossen) sowie
  • 50 ppm für PFAS (einschließlich polymerer PFAS). 

Überschreitet der Gesamtfluorgehalt 50 mg F/kg, so muss ein Nachweis über das Fluor vorgelegt werden, das als Gehalt an PFAS oder Nicht-PFAS gemessen wird.

Herausforderung für Hersteller und Analytik
In Anbetracht der Präsenz von PFAS-Verbindungen in Produkten und Umwelt sind die geforderten geringen Nachweisgrenzen sowohl für die Hersteller als auch für die chemische Analytik eine enorme Herausforderung. PFAS-Nutzer sollten sich vor allem die folgenden Fragen stellen:

  • Können die eigenen Produkte vor dem Begrenzungsvorschlag freigetestet werden, indem sie den geplanten Grenzwert unterschreiten? 
  • Übersteigt der Gesamtfluorgehalt 50 ppm, um wieviel, und welche PFAS sind in den Produkten enthalten? 

Somit sind zur chemischen Analyse von PFAS zwei Ansatzmöglichkeiten denkbar: Die Bestimmung des Gesamtfluorgehaltes (Total Fluorine, TF) über die Methode der Combustion Ion Chromatography (CIC) sowie die zielgerichtete Target-Analyse der einzelnen PFAS-Spezies via LC-MS. Beide Analysenverfahren stehen bei der Analytik in Leverkusen zur Verfügung. Currenta hat die langjährige Erfahrung bei der PFAS-Analytik genutzt, um das Analyse- und Servicespektrum zu erweitern.

Weiterentwicklung der etablierten Verfahren zur Halogenanalytik
Als Analytikdienstleister hat Currenta die CIC etabliert, um seine Kunden im Rahmen der Produktanalytik bei Fragen zu Gehaltsbestimmungen von Halogenen zu unterstützen. Aufgrund von matrixbedingten Herausforderungen, z. B. Wasserlöslichkeit oder Schwermetalle, sind herkömmliche Methoden wie die Ionenchromatografie in solchen Fällen nicht geeignet. Daher wurde die Methode der CIC im Leverkusener Labor des Bereichs chemisch-physikalische Kennzahlen speziell für solche Proben etabliert und validiert.

„In Anbetracht der Präsenz von PFAS-Verbindungen in Produkten und Umwelt sind die geforderten geringen Nachweisgrenzen eine enorme Herausforderung.“



PFAS-Analyse von festen und flüssigen Proben
Currenta hat den Markt und die aktuellen Bedürfnisse der Kunden genau beobachtet und rechtzeitig mit der Erweiterung seines Leistungsportfolios in der CIC begonnen und eine Fluoridbestimmung in den von der ECHA geforderten Grenzwerten umgesetzt. Mittlerweile kann die standardmäßige Analyse von verschiedensten Proben, z. B. aus dem Polymerbereich oder in flüssigen Proben angeboten werden. Damit hilft Currenta Kunden bei der Bestimmung des Gesamtfluorgehalts und ermöglicht eine fundierte Entscheidung zur Risikobeurteilung von Produkten und Lieferketten.
Bei der CIC handelt es sich um eine Kombination von Aufschlusseinheit und Ionenchromatografie. Hierbei wird die Probe in einem variablen Temperaturprogramm verbrannt und die im Verbrennungsgas vorliegenden nun wasserlöslichen Analyten der Ionenchromatografie zugänglich gemacht. Die Bestimmung von Fluor als Analyt im Spurenbereich stellt eine spezielle analytische Herausforderung dar und stand deshalb im Rahmen der Etablierung der CIC nicht im Fokus. 
Dies hat sich vor dem Hintergrund der aktuellen PFAS-Diskussion geändert. Hier sind aufgrund der im Rahmen der Begrenzungsvorschläge geforderten Nachweisgrenzen die bisher für die F-Analytik verwendeten gängigen Methoden wie Röntgenfluoreszenzanalyse oder 19F-NMR nur bedingt geeignet. Die CIC bietet durch Kombination einer Aufschlusseinheit mit einer bereits etablierten ionenchromatografischen Methode einen Ausweg. 

Spezielle analytische Herausforderungen
Eine besondere Herausforderung stellt dabei jedoch ganz grundsätzlich Fluor als Analyt dar. Die bei der Verbrennung von PFAS entstehenden Pyrolyseprodukte (z. B. HF) sind hochreaktiv und bedingen einen höheren Verschleiß der Verbrennungseinheit sowie die Gefahr von potenziell analytischen Minderbefunden durch Reaktion des HF mit den Glasoberflächen im Analysengerät. 
Zudem handelt es sich bei der CIC um ein stark matrixabhängiges Analyseverfahren, bei dem das Vorhandensein von z. B. Silikaten oder Phosphaten in der Probenmatrix berücksichtigt werden muss. Daher ist die genaue Kenntnis der zu analysierenden Proben sowie eine probenspezifische Anpassung des Verbrennungsvorgangs für eine erfolgreiche TF-Analytik unabdingbar. 

Genauigkeit und Einsatzspektrum
Weiteres Potenzial besteht in der bedarfsgerechten Weiterentwicklung der CIC-Methode, um durch eine Absenkung der Nachweisgrenzen Kunden noch genauere Aussagen zum Gesamtfluorgehalt machen zu können und dabei die Suche nach spezifischen PFAS weiter einzugrenzen. Gemeinsam mit der Currenta-Umweltanalytik werden aktuell Verfahren etabliert, um auch für die Abwasseranalytik eine Aussage zum organischen Fluorgehalt machen zu können. Currenta profitiert hierbei von der langjährigen Expertise der Mitarbeiter auch im regulierten (Pharma-) Umfeld sowie vom Methodenverbund nicht nur in der Produkt-, sondern auch in der Abwasseranalytik. 

PFAS-Nachweise im Abwasser und Löschwasser 
So wurde in den Laboren der Umweltanalytik am Chempark-Standort Krefeld-Uerdingen bereits vor über zehn Jahren eine sensitive Target PFAS-Analysenmethode mittels LC-MS/MS etabliert, um die Einhaltung der behördlichen Vorgaben im Abwasser aller Standorte für diese Komponenten zu überwachen. Auf diese Weise werden auch die Abwässer einzelner Betriebe und mögliche Löschwässer eng gemonitort. Eine Herausforderung stellt bei diesen Verfahren die Notwendigkeit dar, dass es für den erfolgreichen quantitativen und qualitativen Nachweis mittels LC-MS kommerziell verfügbare Referenzsubstanzen zur Einkalibrierung des Analysengerätes geben muss. Dies ist vor dem Hintergrund von ca. 10.000 bekannten PFAS-Verbindungen eine große Herausforderung und aktuell nicht gegeben.

Felix Thoelen, Laborleitung Kennzahlen, Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen

Wolfgang Gries, Umweltanalytik, Currenta GmbH & Co. OHG, Krefeld-Uerdingen
 

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Zur Person

Felix Thoelen promovierte im Bereich anorganische Material- und Strukturchemie in Düsseldorf. Er begann seine berufliche Laufbahn 2020 bei der Currenta Analytik Leverkusen im (GMP)-regulierten Umfeld in der Qualitätssicherung. Im Sommer 2022 wechselte er in die Laborleitung im Bereich chemisch-physikalische Kennzahlen. Hier werden u.a. Verfahren wie Ionenchromatografie, Volumetrie, Elementaranalyse und Bestimmung von chemisch-physikalischen Parametern mit Schwerpunkt auf die chemisch-pharmazeutische Industrie durchgeführt.

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Zur Person

Wolfgang Gries blickt auf langjährige analytische Erfahrung in den Bereichen Umwelt-, Pflanzen- und Gesundheitsschutz zurück, mit Stationen in der Wasserbehörde, bei Bayer Crop Science, Bayer und Currenta. Innerhalb von Currenta übernahm er nach 15-jähriger Laborleitung im Institut für Biomonitoring, aus der ca. 50 Publikationen stammen, 2018 die Leitung des Fachgebietes Umweltanalytik im Chempark Krefeld-Uerdingen.

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Chempark Leverkusen
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