GMP von Anfang an
Projektmanagement in der Pharmaindustrie
Caesar & Loretz (Caelo) ist Marktführer in Deutschland für pharmazeutische Grundstoffe und Heilkräuter für die Eigenherstellung der Apotheken. Mit etwa 230 Mitarbeitern bedient der Pharmahersteller die Geschäftsfelder Pharmagrundstoffe, Kräuter für phytopharmazeutische Anwendungen, OTC-Produkte und Lohnfertigung wie Herstellung, Abfüllung und Verpackung von pharmazeutischen Produkten, Medizinprodukten und Kosmetika. Caelo investierte einen zweistelligen Millionenbetrag in die Modernisierung und den Ausbau seiner Produktionsräume sowie in eine neue Unternehmenszentrale am Hauptsitz in Hilden. Volker Oestreich sprach mit Friederike Schüller, Leiterin der Produktion bei Caelo, über Zielsetzung und Durchführung dieses Projektes.
CHEManager: Frau Schüller, auf Basis welcher Strategie und welcher Überlegungen hat Caelo die Entscheidung getroffen, das Projekt für den Neubau und die umfassende Modernisierung anzugehen?
F. Schüller: Bei den Überlegungen für die strategische Weichenstellung unseres Unternehmens mussten wir uns entscheiden, ob wir uns eher als pharmazeutischer Chemikalienhändler oder als Pharmaspezialist positionieren wollen. Bei unserer langjährigen Historie, dem tiefgehenden Know-How im Unternehmen und unserer Stellung am Markt fiel diese Überlegung nicht allzu schwer, obwohl uns bewusst war, dass wir als Pharmaspezialist bei den zunehmend strengeren GMP-Anforderungen insbesondere in die Produktion kräftig investieren müssen. Mit der Neubau-Offensive haben wir deutlich gezeigt, dass wir von der Zukunft unseres über 125 Jahre jungen Traditionsunternehmens überzeugt sind.
Wie sieht der pharmazeutischer Status des Unternehmens aus und welche Schritte unternehmen Sie zur Qualitätssicherung?
F. Schüller: Caesar & Loretz verfügt über eine Herstellungserlaubnis gem. § 13 AMG / Arzneimittelgesetz für Humanarzneimittel und Wirkstoffe von gleich zwei zuständigen Aufsichtsbehörden: Von der Bezirksregierung Düsseldorf für unseren Betrieb Hilden, also dem Firmenhauptsitz, und von der Bezirksregierung Köln für unser Werk in Bonn. Für beide Betriebsstätten liegt auch ein aktuelles GMP-Zertifikat vor.
Für unsere Qualitätssicherung haben wir ein 7-Schritte-Konzept definiert. Dazu gehört zum Beispiel ein umfassendes und behördlich akzeptiertes Qualitätssicherungssystem entsprechend den Anforderungen des EU-GMP/GDP-Leitfadens. Alle Arbeits- und Verfahrensabläufe erfolgen nach anerkannten pharmazeutischen Regeln und sind schriftlich als SOP im QS-Handbuch fixiert. Wichtig für uns sind auch klare Aufgabenzuordnung über Stellenbeschreibungen und ein ausgefeiltes Schulungskonzept für alle Mitarbeiter.
Damit stellen wir die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wie AMG, den EU-GMP/GDP-Leitfaden oder nationale und internationale Arzneibücher sicher. Mit eigenen Analysen aller verwendeten Wirk- und Hilfsstoffe und dem Nachweis über Qualität und Herkunft der Grundstoffe durch Zertifikate erreichen wir eine lückenlose Dokumentation sämtlicher Herstellungsprozesse.
Welchen Einfluss haben diese Randbedingungen für Ihr Bauprojekt gehabt?
F. Schüller: Die GMP-Anforderungen werden immer strenger und die Kundenanforderungen steigen in Bezug auf zu erfüllende Normen. Das hat einen enormen Einfluss auf unsere Geschäftsentwicklung als Zulieferer von Apotheken und Industrie. Unsere Ansprüche an die eigene Produktion erhalten einen noch stärkeren Fokus bezüglich Anlagen, Räumen, Prozessen, Analytik sowie der Nachvollziehbarkeit der Lieferkette.
Lassen Sie mich zurückkommen auf Ihr Bauprojekt: Welche Baumaßnahmen hat es umfasst und wie sind diese durch die Pharma-Ausprägung Ihres Unternehmens beeinflusst worden?
F. Schüller: Auf insgesamt 2.400 Quadratmeter Fläche haben wir am Hauptsitz in Hilden ein neues Verwaltungsgebäude und neue Produktionsgebäude errichtet sowie eine Erweiterung der Lagerhallen vorgenommen. Der dreigeschossige Verwaltungsneubau trägt den immer aufwändigeren Begleitschritten bei der Pharmaproduktion wie auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter Rechnung und ersetzt Büroräume, die bisher über das Hildener Gelände verteilt waren. Mit dem Neubau der Produktionsanlage können wir die Produktionsabläufe, die Arbeits- sowie Produktionssicherheit weiter optimieren und wir bleiben mit den modernen Produktions- und Arbeitswelten am Puls der Zeit. Außerdem ist in der Produktionsstätte Bonn ein Neubau für die Wirkstoffbearbeitung entstanden.
Bei allen Produktionsgebäuden waren Reinraumtechnik und GMP-Regelkonformität von Anfang an von großer Bedeutung für uns. In Hilden haben wir zwei separate Reinraumbereiche für die Bearbeitung der pharmazeutischen Ausgangsstoffe, also Wirkstoffe und Hilfsstoffe, sowie für die Gruppe der pflanzlichen Ausgangstoffe. Bautechnisch entsprechen diese Räume der Reinraumklasse D; wir betreiben sie gemäß den Produktanforderungen mit Klasse D‘ und F.
Gibt es besondere Maßnahmen zur Absicherung von Hygienekonzepten?
F. Schüller: Durch den Betrieb beider Bereiche mit 100% Zuluft ist das Risiko von Kreuzkontaminationen durch die raumlufttechnische Anlage in den Produktionsbereichen bei der Verarbeitung offener Produkte ausgeschlossen. Ferner betreiben wir das Clean Corridor-Prinzip: Flure und Bewegungszonen sind mit höherem Druckniveau als angrenzende Produktionsräume versehen. Somit vermeiden wir Verschleppungen aus den Produktionsräumen in die Flurbereiche.
So ein Projekt beansprucht ja nicht nur erhebliche finanzielle Mittel, sondern auch personelle Kapazitäten. Haben Sie die Planung und Überwachung mit eigenem Personal betrieben oder haben Sie sich externe Hilfe geholt?
F. Schüller: Neben den internen Ressourcen, die wir für dieses große Projekt zur Verfügung benötigten, haben wir das fachspezifische Kow How über externe Beratungs- und Projektmanagement-Unternehmen, wie Drees & Sommer für Beratungs- und Prüfungsleistungen, hinzugezogen; die Experten haben gemeinsam mit dem Kooperationspartner Gempex den Projektablauf mithilfe der 3C-Management-Methode neu aufgesetzt.
Dieses speziell auf Pharmaprojekte zugeschnittene Projektmanagement ermöglicht die reibungslose und zügige Abwicklung eines Projektes. Die drei C stehen dabei für die Phasen Construction (Planung, Bau), Commissioning (Inbetriebnahme der Technik und Produktionslinien) und Compliance (GMP-Regelkonformität). Alle drei Phasen werden so aufeinander abgestimmt, dass der Bauablauf deutlich risikoärmer und effizienter wird – vor allem in Bezug auf die GMP Anforderungen. Außerdem werden die Gebäude- und Prozessplanung sowie die Qualifizierungsaktivitäten bei dieser Methode bereits früh verzahnt.
Wann war das Projekt abgeschlossen und wie sind Ihre Erfahrungen mit der Umsetzung der Konzepte?
F. Schüller: Die neuen Caelo-Gebäude wurden im Juni 2016 nach einer Projektlaufzeit von drei Jahren eingeweiht. Die Bauarbeiten wurden zwischen Dezember 2014 und Juni 2016 ausgeführt. Als letzte Maßnahme wurde zu Beginn dieses Jahres das neuorganisierte und modernisierte Kommissionierungslager in Betrieb genommen.
Durch das 3C-Management wurde der Bauablauf qualifizierungssicher und deutlich risikoärmer und effizienter, da die frühe Abstimmung von Gebäude- und Prozessplanung sowie Qualifizierungsaktivitäten gelang. Dieses Vorgehen ermöglichte es, den Bauablauf effizient zu gestalten sowie Kosten, Termine und Qualitäten einzuhalten.