Triste Farben im Jubiläumsjahr
CHEManager-Interview mit VDL-Präsident Harald Borgholte
Doch im Jubiläumsjahr 2025 bleiben die Erwartungen der Branche pessimistisch (vgl. Beitrag). CHEManager fragte VDL-Präsident Harald Borgholte, mit welchen wirtschaftspolitischen Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Lack- und Farbenindustrie verbessert werden könnte.
CHEManager: Herr Borgholte, der VDL kritisiert die Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Deutschland. Was sind hierbei für die Lack- und Druckfarbenbranche die wichtigsten Kritikpunkte?
Harald Borgholte: Aus unserer Sicht ist entscheidend, den Bürokratieabbau jetzt tatsächlich ernst zu nehmen. Wir haben große Verwerfungen dort, wo es im Prinzip um die Dokumentation von Dingen geht, die am Ende für den Zweck, den man damit erreichen will, nicht wirklich relevant sind. Es ist wichtig für die Industrie, überflüssige Bürokratie abzubauen und notwendige Bürokratie so zu vereinfachen, dass sie lebbar wird. Das zweite Thema ist sicherlich, eine wettbewerbsfähige Energiesituation zu schaffen, Energiepreise zu senken und genug Energie verfügbar zu machen. Und ein drittes wichtiges Thema sind Zölle. Wir müssen mit allen Beteiligten mehr darüber sprechen und müssen uns eindenken in den komplexen Einfluss, den Zölle haben, zum Beispiel welche Auswirkungen der Antidumping-Zoll für Titandioxidimporte aus China für viele unserer Firmen hat.
Haben Sie konkrete Erwartungen an die neue Bundesregierung, um die Rahmenbedingungen in Deutschland zu verbessern, die Wettbewerbsnachteile zu verringern?
H. Borgholte: Das Wichtigste wäre für mich, dass man sowohl in Deutschland aber auch in Europa einheitliche Rahmenbedingungen schafft und dafür sorgt, dass wir wieder wettbewerbsfähig werden. Da kommen natürlich alle diese Punkte wie Zölle, Bürokratieabbau oder einfachere Gesetzesvorhaben wieder auf die Agenda. Die deutsche Bundesregierung sollte sich auch da rechtzeitig in die europäische Gesetzesbildung einbringen, nicht erst im Nachgang.
„Wenn es um die Regulierung von Chemikalien geht,
denkt man nicht immer hinreichend an den Einfluss
auf die nachgelagerten Industrien.“
Kann man die Nachfrage nach den Produkten der Branche durch politische Maßnahmen wieder anfachen? Was wären da ihre Vorstellungen?
H. Borgholte: Ganz wichtig für Farben und Lacke ist zum Beispiel die Bauindustrie. Wir alle wissen aus anderen Diskussionen, dass die abflauende Baukonjunktur und die nachlassende Tätigkeit der Bauindustrie insgesamt eine große Herausforderung für Deutschland darstellen. Aus meiner Sicht wäre es wichtig, dass wir da klare Rahmenbedingungen schaffen, die am Ende einladen, neue Gebäude zu bauen, anstatt diese zu verhindern. Auch dort spielt also die Bürokratie eine große Rolle. Ähnliches gilt auch für die Automobilindustrie: Wir müssen Technologieoffenheit schaffen, damit wir auch in der europäischen Automobilindustrie mit den großen Playern China und Nordamerika wettbewerbsfähig bleiben. Denn wo viele Autos gebaut werden, werden auch viel Autos lackiert.
Zum Thema Wettbewerbsfähigkeit in der EU wurde mit dem „Transition Pathway“ für die chemische Industrie vor zwei Jahren ein Programm vorgestellt. Haben Sie da positive Entwicklungen festgestellt?
H. Borgholte: Das war noch im Mandat der vorigen EU-Kommission vor den Europawahlen 2024. Ich finde den Ansatz gut, die Folgeindustrien mit in den Dialog zu nehmen und nicht nur die direkt betroffenen Branchen. Wir sind eine Folgeindustrie der chemischen Industrie - wenn es um die Regulierung von Chemikalien geht, denkt man nicht immer hinreichend an den Einfluss auf die nachgelagerten Industrien oder das verarbeitende Gewerbe. Ob jetzt in dieser Richtung mit der neuen Kommission noch weitere Dinge geschehen, kann ich nicht sagen. Wir haben 2024 als Basis unserer Forderung nach einem Wechsel im politischen Mindset früh die „Antwerpener Erklärung“ unterzeichnet und setzen jetzt unsere Hoffnungen auf den „Clean Industrial Deal“ der EU-Kommission, der die Belange der Wirtschaft bei der Transformation verstärkt beachten soll.
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Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V.
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