Anlagenbau & Prozesstechnik

Was bei Bühnenkonstruktionen in der Prozessindustrie zu beachten ist

Digitale und präzise Anlagenplanung für mehr Sicherheit und Qualität von Bedienbühnen

25.11.2024 - Trotz Herausforderungen investieren Chemieunternehmen in effiziente und nachhaltige Produktionsstätten. Bedienbühnen und Konstruktionen spielen eine zentrale Rolle, da sie Flexibilität und Sicherheit für reibungslose Abläufe bieten. Unternehmen wie Müller & Sohn setzen auf präzise, digitale Planungen und langlebige Materialien wie Stahl und Edelstahl, um den hohen Qualitätsstandards der Chemieindustrie für Bedienbühnen gerecht zu werden. Mit moderner Technik und CAD-Software entsteht so ein effizienter, digital unterstützter Produktionsprozess der Bühnenkonstruktionen.

Ob Silikon für die Elektromobilität, biobasierte Spezialchemikalien für die Verwendung in Wasch- und Reinigungsmitteln oder grünes Methanol für die Schifffahrt: Trotz herausfordernder Zeiten investieren Chemieunternehmen in moderne Produktionsstätten, die besonders effizient, ressourcenschonend und wartungsarm sind. Fortschrittliche Technologien ermöglichen zudem eine flexiblere Produktspezifikation sowie eine höhere Produktqualität.

Zuletzt geplant, zuerst benötigt

Das Fundament jeder Anlage und einer automatisierten Produktion sind die Bühnenkonstruktionen. Sie müssen individuell an den Bestand und die Gegebenheiten angepasst werden und sollten sich harmonisch in verschiedene Betriebsumgebungen vor Ort einfügen. Bedienbühnen und Begehkonstruktionen dienen dazu, Maschinen, Anlagen und Geräte effizienter, sicherer und funktionaler zu machen. Damit unterstützen sie reibungslose Produktionsabläufe und erfüllen gleichzeitig sicherheitsrelevante Anforderungen, um Gefahren bei der Arbeit zu reduzieren. Sie ermöglichen jederzeit Zugang und Zugriff auf Anlagen, um sie zu überwachen, anzupassen und Wartungen durchzuführen, ohne dabei sensible Produktionsabläufe zu beeinträchtigen. Die Konstruktionen bieten Maschinenbedienern, Technikern und Wartungspersonal zudem eine sichere und stabile Arbeitsumgebung, um komplexe Aufgaben auch in erhöhten Positionen effizient und unfallfrei zu erledigen. In Produktionsumgebungen mit langen Prozesslinien verkürzen wiederum Überstiege und Wartungspodeste die Wege. Hier ist die Flexibilität wichtig: die Konstruktionen für die Bühnen müssen zum Teil über mehrere Hindernisse oder Produktbänder hinaus – mit entsprechenden Querverstrebungen auch für hohe Produktionslinien – realisiert werden.

„Bedienbühnen werden zwar zuletzt geplant, werden bei der Modernisierung von Produktionsanlagen aber zuerst benötigt. Bedeutet, bestenfalls schon in der Planungs- und Layoutphase einen Experten hinzuzuziehen und für eine enge Abstimmung mit dem Obermonteur vor Ort und allen beteiligten Gewerke – Spedition, Logistikpartner, Maschinenhersteller – zu sorgen“, sagt Josef Müller, Geschäftsführer von Müller & Sohn, einem auf den Stahlbau spezialisierten Familienunternehmen aus der Eifel mit 175-jähriger Historie.

Ein ganzheitliches Vorgehen bei der Entwicklung der Konstruktion stellt sicher, dass die Lösung bestmöglich an die Branche und ihre individuellen Anforderungen angepasst ist. Gerade in der Chemieindustrie gelten höchste Qualitätsstandards. Die Konstruktionen müssen nicht nur gegen Korrosion und verschiedene chemische Reagenzien beständig sein, sondern auch ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleisten; die Umwelt- und Sicherheitsnormen variieren dabei von Land zu Land. Zudem sollten die Bedienbühnen flexibel genug sein, um notwendige Modifikationen und Erweiterungen zu ermöglichen. Mit hochmodernen Schweiß- und Schleifmethoden kann das gesamte Spektrum der weltweiten Anforderungen abgedeckt werden.

 

Hochpräzise virtuelle Planung

Bestandteil jeder Projektplanung sind präzise statische Berechnungen in Bezug auf Größe, Ausführung und Belastung mittels Aufmaßnahmen und technischen Zeichnungen per neuester 3D-Laserscantechnik. Dafür wird der Bestand einmal digital aufgenommen. Anschließend entsteht per CAD-Software in einer realitätsgetreuen Umgebung ein ­erster virtueller Modellentwurf der Bühnenkonstruk­tion. Dieser digitale Zwilling wird dann auf Anknüpfungs- und Kollisionspunkte überprüft. Bereits in diesem Schritt kommt es auf Millimeterarbeit an: Abmessungen, Konfigurationen und Zusatzfunktionen, wie integrierte Sicherheitsvorrichtungen, Treppen, Steigleiter, Geländer und rutschfeste Laufflächen, sind keine Grenzen gesetzt, müssen aber von Beginn an mitgedacht werden. Nur so können Kon­struk­tionen auch in engen Raumverhältnissen platzsparend angeordnet werden. Zu berücksichtigen sind auch strenge statische Anforderungen und Verkehrslasten sowie Arbeitsschutzstandards wie die DIN EN ISO 14122. Durch die digitale Dokumentation kann im Laufe des Projekts flexibel auf Änderungen hinsichtlich Kollisionspunkte, Lasten oder Stützenstellungen reagiert werden.

Im nächsten Schritt entscheidet sich, welches Material genutzt wird. Oberflächen von Stahl unterscheidet sich in Verzinkung, Grundierung, Beschichtung und Lackierung. Wichtige Faktoren bei der Entscheidung sind Stand- und Einsatzort der Anlage. Verzinkter Stahl ist kostengünstiger und auch für draußen geeignet. Edelstahl ist zwar teuer, dafür glatter und korrosionsbeständiger. Er eignet sich besonders, wenn ein Produkt viele Berührungspunkte mit der Konstruktion hat. In jedem Fall ist Stahl langlebig und recycelbar. „Die DIN-gerechte Qualität und die von Chemieherstellern geforderten Oberflächenparameter hinsichtlich eines geringen Ra-Wertes lassen sich über hochmoderne, teilautomatisierte Maschinen, Erfahrung und Know-how sicherstellen“, so Josef Müller. Sind die Entscheidungen über das Material getroffen, geht die Planung in die Konstruktionsphase, die den ersten Entwurf und später den perfekten Bauplan umfasst – dieser wird dann in der Fertigung umgesetzt.

Integrierte Gesamtleistung aus einer Hand

Die Konstruktionen von Müller & Sohn werden aus der Eifel in die ganze Welt geliefert. Ein aktuelles Großprojekt war eine 21 t schwere hygienische Bühnenkonstruktion aus Edelstahl für die Modernisierung einer Anlage eines Chemieunternehmens, das sich auf Beschichtungstechnologie spezialisiert hat. Hier bestanden besondere Anforderungen an Hygiene und Statik. Die Konstruktion musste in den Bestand implementiert und komplett vor Ort verschweißt werden. Das heißt, alle Profile, Hohlräume und Rohre mussten geschlossen und der Bodenbelag mit Abläufen verschweißt sein, damit die Konstruktion leicht zu reinigen ist und sich kein Staub ablagert. Die Elemente wurden in Modulbauweise in der eigenen Fertigungshalle vorbereitet, auf die Transportmittel zugeschnitten und später auf der Baustelle miteinander verschweißt. Die Montage erfolgte innerhalb von zehn Tagen im Schichtbetrieb, um den Ausfall der Anlage so gering wie möglich zu halten – üblich sind sechs Wochen.

Herausfordernd ist auch der Einbau neuer Konstruktionen über mehrere Ebenen in sanierten und entkernten Bestandsgebäuden mit engen Räumverhältnissen und nur minimalen Abständen zu den umgebenden Wänden. Durch eine Vielzahl von einzelnen tonnenschweren Produktionsbehältern, Filteranlagen und weiterem Equipment, das zum Teil auch für den Außenaufbau vorgesehen ist, muss besonderer Fokus auf die Stabilität des Stahlbaus gelegt werden. Die Verwendung kompatibler Schnittstellen und CAD-Software ermöglicht eine integrierte Konzeption und Umsetzung zusätzlicher Anlagenteile, Maschinenverbindungen, Gehwege und weiteren Anschlüsse in Zusammenarbeit mit dem Anlagenbauer. Josef Müller: „Bei Projekten mit mehreren Bauabschnitten, verschiedenen technischen Spezifikationen und bürokratischen Hürden kann es bis zu zwei Jahre dauern, bis die Konstruktion fertig ist und die Anlage umgebaut werden kann. Unternehmen sollten daher frühzeitig mit der Planung komplexer Konstruktionen beginnen und sich nicht nur auf die neuen Maschinen und Anlagen fokussieren.“

Autorin: Catrin Schreiner, Journalistin für Müller & Sohn

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