Anlagenbau & Prozesstechnik

Raus den Silos: datenorientiert statt dokumentenzentriert

Vernetzte Zusammenarbeit für eine effiziente Anlagenplanung und sicheren Anlagenbetrieb

18.11.2024 - Neben Flexibilität und Echtzeit-Einblicken wird Nachhaltigkeit zur zentralen Anforderung für die Anlagenplanung und den Anlagenbetrieb in der Chemieindustrie. Unternehmen wie Eastman Chemical setzen daher auf datenorientierte Ansätze und digitale Zwillinge, die eine effiziente Zusammenarbeit und vorausschauende Wartung ermöglichen. Mit cloudbasierten Lösungen wie Seiga können weltweit verteilte Teams in Echtzeit auf Planungsdaten zugreifen. Dies verkürzt Projektlaufzeiten, reduziert Kosten und kann entscheidende Wettbewerbsvorteile bieten.

CAD-Dateien zu verschicken ist nach heutigem Standard nicht viel effizienter als Festplatten von A nach B zu tragen. In der Planung einer Anlage sind außerdem meist zu viele und geografisch verstreute Ingenieure und Planerinnen involviert, als dass Anpassungen zeitnah erfolgen könnten. Die heutige Anlagenplanung steht zudem vor vielfältigen Herausforderungen: Neben Flexibilität und Echtzeit-Einblicken wird auch die Nachhaltigkeit im Sinne der Kreislaufwirtschaft eine zentrale Anforderung. Die Bundesregierung arbeitet aktuell an einer Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), die Unternehmen dazu bringen soll, ressourcenschonender zu produzieren. Zudem unterliegen immer mehr Unternehmen Berichtspflichten bezüglich der Nachhaltigkeit.

Im Kontext multipler Krisen ist es für Entscheider äußerst relevant, Echtzeitdaten ihrer Anlagen zu erhalten, um möglichst zeitnah auf technische Probleme oder eine schwankende Nachfrage reagieren zu können. Es wird also entscheidend, dass Informationen unkompliziert, aktuell und schnell bereitstehen. Deswegen müssen solche Anforderungen bereits in der Anlagenplanung mitgedacht werden.

Einheitliche und korrekte Planungsdaten in Echtzeit

Das US-amerikanische Unternehmen Eastman Chemical stand ebenso vor dieser Herausforderung, aktuelle Einblicke in seine weltweiten Anlagen zu erhalten und entsprechende Daten mit verschiedenen Teams zu teilen. Der weltweit agierende Chemiehersteller blickt auf eine 100-jährige Geschichte und eine umfangreiche Sammlung an Informationen und Daten zurück. Um nicht weiterhin mit zahlreichen „alten“ technischen Dokumenten arbeiten zu müssen, entwickelte das Unternehmen gemeinsam mit Aveva die Plattform Seiga (Seamless EPCom Integrated Global Access). Dabei handelt es sich um ein cloudbasiertes System, das Daten des gesamten Unternehmens virtuell in einem digitalen Zwilling zentral zusammenführt.
Die Plattform beinhaltet Daten aus Design, Engineering und Betrieb, sodass der gesamte Lebenszyklus einer Anlage abgebildet werden kann. Über Seiga können alle Teams von Eastman Chemical unabhängig von Ort und Zeit auf korrekte, zuverlässige und sichere Daten aus der gesamten Organisation zugreifen. Dadurch gestalten sich sowohl die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen als auch die Übertragung von Daten zwischen den Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie den Anlagenbetreibern leichter.

 

Vom vernetzten Design zum digitalen Zwilling im Anlagenbetrieb

Das beginnt bereits beim Design einer Anlage. Die Planungsteams bei Eastman nutzen Aveva E3D Design. In der Software können Planer wie gewohnt digitale Modelle erstellen. Der Clou ist, dass die Software cloudbasiert läuft, sodass Planer aus Architektur, Elektrotechnik und Rohrleitungsplanung gleichermaßen an dem Modell arbeiten können. Änderungen sind also in Echtzeit sichtbar, außerdem haben alle Teams Einblick in die Anpassungen und können gegebenenfalls darauf reagieren. Das interaktive Design funktioniert nicht nur für Greenfield-Projekte: Wird eine bestehende Anlage gescannt und diese Daten in die Software importiert, können ebenfalls Brownfield-Projekte umgesetzt werden. Die Teams bei Eastman Chemical sind auf verschiedene Kontinente aufgeteilt – dank Echtzeitdatenvisualisierung, intelligenter Designwerkzeuge und automatisierter Prozesse können sie reibungslos zusammenarbeiten, was letztendlich die Projektlaufzeiten verkürzt, die Fehlerquote senkt und die Projektkosten senkt.

Sobald die Anlage gebaut ist, können die Designdaten nahtlos in den digitalen Zwilling dieser Anlage einfließen. Auch ist ein Faktor, dass die Teams von Eastman, wie viele global tätiger Unternehmen, weltweit angesiedelt sind. Dank Echtzeitdaten haben alle relevanten Personen Zugang zu korrekten, kontextualisierten und einheitlichen Daten und können schnell auf etwaige Herausforderungen reagieren. Nicht zuletzt die Wartung wird dank Predictive Analytics deutlich leichter. Installierte Sensoren schicken konstant Daten an den digitalen Zwilling und eine integrierte KI analysiert diese Produktionsdaten. Bevor etwa eine Pumpe ausfällt, hat die Software längst den Druckunterschied festgestellt und eine Warnung ausgegeben, sodass die Pumpe repariert werden kann, bevor größere Schäden entstehen und die gesamte Anlage unvorhergesehen zum Stillstand kommt.

Die Echtzeit- sowie Anlagendaten sind außerdem hilfreich für die Erstellung von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten: Mit wenigen Klicks können sich die Teams die relevanten Daten in ihrem Kontext anzeigen lassen, ohne selbst lange danach suchen oder sie zunächst analysieren zu müssen.
Darüber hinaus nutzt das Unternehmen die kontextualisierten Informationen gezielt, um nachhaltige Technologien zu entwickeln und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. „Wir konzentrieren uns auf innovative und nachhaltige Ergebnisse, die zur Lebensqualität der Menschen beitragen. Im Rahmen unserer digitalen Transformation können wir den digitalen Zwilling nutzen und unsere Arbeit optimieren”, sagt Jan Shumate, Director Worldwide Engineering and Construction Services & Solutions bei Eastman Chemical.

Echtzeitdaten als Wettbewerbsvorteil

Der Übergang von dokumentenzentrierten zu datenorientierten Ansätzen im Ingenieurwesen ist längst überfällig, besonders wenn die Verantwortlichen sich die vielfältigen Vorteile ins Bewusstsein rufen.

Während viele Anlagen schon als digitale Zwillinge in Echtzeit bestehen, arbeiten viele Planungsteams noch in Silos. Das führt zu kollidierenden Daten, Konstruktionsfehlern und nicht zuletzt höheren Kosten. Ingenieure und Entscheidungsträger sollten die Möglichkeiten datenorientierter Ansätze nutzen, um ihre Projekte effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger zu gestalten. Neben dem Wettbewerbsdruck wird auch die Nachhaltigkeit ein immer wichtigerer Aspekt in der Planung von Greenfield- und Brownfield-Projekten. Nur mit datenzentrierter Software können Konstrukteure und Ingenieure diesen Anforderungen gerecht werden.

Autor:

A. Zapounidis © Aveva   Awraam Zapounidis, Vice President DACH & Eastern Europe, Aveva

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