Forschung & Innovation

Verborgene Schätze aus Big Data heben

Data Mining als Lösung für kosteneffizientes De-Risking in der Wirkstoffentwicklung

11.09.2024 - Die Entwicklung innovativer Arzneimittel dauert oft mehr als zehn Jahre und ist mit enormen Kosten verbunden. Gleichzeitig ist die Ausfallrate hoch – ein Risiko, das Investoren scheuen. Deren Vorsicht stellt wiederum junge Biotechunternehmen vor große Hürden bei der Finanzierung ihrer klinischen Studienprogramme

Die Entwicklung innovativer Arzneimittel dauert oft mehr als zehn Jahre und ist mit enormen Kosten verbunden. Gleichzeitig ist die Ausfallrate hoch – ein Risiko, das Investoren scheuen. Deren Vorsicht stellt wiederum junge Biotechunternehmen vor große Hürden bei der Finanzierung ihrer klinischen Studienprogramme. Aber auch Big-Pharma-Unternehmen, die ihre Pipe­line mit dem Zukauf von vielversprechenden neuen Compounds füllen möchten, benötigen Tools, um Übernahmekandidaten richtig einschätzen zu können.

KI-gestützte Verfahren können helfen, das Potenzial neuer Wirkstoffe zuverlässig zu bewerten – wenn sie von Experten angewendet werden. Das auf Datenwissenschaften spezialisierte Beratungsunternehmen BioLizard setzt hierfür u.a. Data-Mining-Strategien ein. Das Ergebnis der im Folgenden beschriebenen Fallstudie führt zu einem erfolgreichen Exit.

Der Weg zum Data-Mining-Ansatz
Das Schweizer Biopharmaunternehmen Calypso Biotech hatte sich auf die Entwicklung von monoklonalen Antikörpern zur Therapie von schweren (Auto-)Immunkrankheiten mit ungedecktem medizinischem Bedarf fokussiert. Calypso war auf IL-15 spezialisiert, eine breite, bisher ungenutzte Immunachse, die die Barrierefunktion und die nachgeschalteten Immunkaskaden bei vielen chronischen Autoimmunkrankheiten steuert. Eine zielversprechende Leitsubstanz des Unternehmens befand sich bereits in der klinischen Entwicklung. Ziel war es, das Potenzial für die Anwendung in einem neuen Indikationsgebiet einzustufen, um den Wert des Unternehmens zu steigern.   
Mit diesem Anliegen wandte sich Calypso-CEO und Gründer Alain Vicari Ende 2022 an BioLizard, ein Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen für Bioinformatik, Datenanalyse und Datenmanagement. Das im belgischen Gent beheimatete Unternehmen ist auf digitale Transformation in der Life-Sciences-Branche spezialisiert. Für Biotech-, Pharma- und Diagnostikunternehmen in frühen Stadien der Wirkstoffforschung bis hin zur klinischen Forschung erarbeitet BioLizard Datenstrategien und anwendungsorientierte Lösungen. 
Über 50 Experten des Unternehmens vereinen Fachwissen in Datenmanagement, Software-Entwicklung, Bioinformatik, komplexer Datenanalyse und künstlicher Intelligenz. Diese interdisziplinäre Expertise ermöglicht ein fundiertes Verständnis der spezifischen Datenanforderungen im Biopharmasektor.
Volodimir Olexiouk, Director of Scientific Engagement bei BioLizard, erklärte die Ausgangssituation: „Uns war bewusst, dass öffentlich verfügbare Daten wertvolle Informationen enthalten, so dass wir gemeinsam beschlossen, auf Data Mining zu setzen. Unser Ziel ist, das unternehmerische Risiko bei der Entwicklung von Arzneimitteln zu verringern, indem wir ein besseres Verständnis der Wirkmechanismen gewinnen, die der Erkrankung zugrunde liegen.“ Damit ließe sich erklären, warum ein Therapieansatz erfolgreich ist und das Potenzial von Leitsubstanzen unabhängig bestätigen.
„Data Mining ist hierfür ein kosteneffizienter Ansatz – sofern die öffentlich verfügbaren Daten von hoher Qualität sind. Das überprüfen unsere Experten durch strenge Qualitätskontrollen, bei denen die relevanten Datensätze aus Quellen wie dem Gene Expression Omnibus sorgfältig ausgewählt und manuell kuratiert werden. Mit diesem Vorgehen können die Kosten für eine aufwändige Erhebung und Aufbereitung eigener Daten des Kundenunternehmens eingespart werden“, so Olexiouk weiter.
Für Calypso Biotech führte das Expertenteam von BioLizard zunächst eine Literaturrecherche durch, um krankheitsspezifische Single-Cell-RNA-Sequenzierungsdatensätze zu finden. Anschließend wurden diese Datensätze, die aus verschiedenartigen Geweben stammen, neu analysiert und ein umfassender Überblick über die Expression von Zielgenen in unterschiedlichen gesunden und kranken Zelltypen erstellt. 
Im nächsten Schritt wurde untersucht, welche pathologischen Merkmale, d.h. aktivierte oder inhibierte Signalwege oder Zelltypen, nach einer konventionellen Therapie weiterbestehen. Außerdem wurden potenzielle Mechanismen identifiziert, die für Rückfälle und Rezidive verantwortlich sein könnten. Zur weiteren Charakterisierung krankheitsassoziierter Zelltypen und deren Aktivierungszustände wurde eine differenzielle Genanalyse durchgeführt. Daraus ließ sich ein sehr viel genaueres Verständnis der Mechanismen gewinnen, auf denen die Wirksamkeit der Therapie beruht.

Data Mining bestätigt Potenzial und eröffnet neue Wege
Die Analyse bestätigte den Wirkmechanismus der Substanz in der ursprünglichen Indikation und unterstützte zugleich die Eignung für eine zusätzliche Indikation – ein entscheidungsweisendes Ergebnis für Calypso Biotech. 
Die Ergebnisse von BioLizard lieferten einen detaillierten Überblick über Genexpressionsmuster in verschiedenen Zelltypen, die möglicherweise an der Krankheit beteiligt sind. Calypso prüft nun, welche dieser Muster für die Erkrankung relevant sind, um pathologische Zelltypen zu identifizieren und sie für weitere Forschungsarbeiten zu isolieren. Die Analyse bestätigte konsistente Effekte über verschiedene Gewebetypen hinweg, was die Robustheit der von BL vorgelegten Ergebnisse untermauert. Dies ermöglichte die Evaluation des Leitkandidaten in einem Tiermodell. Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen daran, die Erkenntnisse beim Menschen zu validieren und die Therapie an Patientenzellen aus Biopsien zu testen.
Durch die Nutzung von Daten aus öffentlichen Quellen konnten Kosten eingespart werden. Die Aufbereitung unternehmenseigener Datensätze wäre demgegenüber wesentlich teurer gewesen, und nicht immer sind ausreichend Daten vorhanden. „Der kosteneffiziente Ansatz, mittels Data Mining geeignete Datensätze zu identifizieren und zu kuratieren, erfordert ein sehr spezifisches Wissen sowohl in Biologie als auch in Datenwissenschaften“, erklärt Olexiouk. „Denn um aus unabhängigen Quellen und Stichprobenverfahren robuste, konvergierende Evidenz zu finden, die dem Kunden ein aussagekräftiges Ergebnis liefert, sind ein tiefes Verständnis der Materie und präzise Methodik notwendig.“

Datenwissenschaften mit hohem Potenzial 
Im Ergebnis lieferte BioLizard eine unabhängige Bestätigung für das Potenzial des Lead Compounds, den Calypso Biotech entwickelte. Zudem gewann das Biotechunternehmen auch neue und verwertbare Erkenntnisse über die zugrundeliegende Wirkungsweise, was die Ausweitung des klinischen Entwicklungsprogramms ermöglichte. Nicht zuletzt trug diese Evidenz, die virtuell generiert wurde, zu einer erfolgreichen Übernahme von Calypso Biotech durch ein weltweit führendes Pharmaunternehmen bei.
Die virtuelle Datenanalyse bietet ein hohes Potenzial, um Daten mit externen Quellen anzureichern, eigene Daten aus verschiedenen Quellen aufzubereiten und vergleichbar zu machen, oder spezielle Fragen zu beantworten. BioLizard stellt auch maßgeschneiderte Softwarelösungen bereit, die Biotechnologie- und Pharmaunternehmen ermöglichen, das Potenzial ihrer enormen Menge an Forschungsdaten umfassend auszuschöpfen. Das proprietäre BioVerse-Framework bietet Wissenschaftlern eine einfach zu nutzende, maßgeschneiderte Oberfläche, die mittels Datenanalyse eine effektive Interaktion mit und Interpretation von Daten ermöglicht. So können Unternehmen und Wissenschaftler mit KI-gestützten Strategien das volle Potenzial ihrer Daten ausschöpfen und verborgene Schätze heben.

Volodimir Olexiouk, Director of Scientific Engagement, BioLizard

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