Märkte & Unternehmen

Herausfordernde Zeit für Lacke und Farben

Schwieriges Marktumfeld belastet die Ergebnisse aller Sektoren in der Farbenbranche

19.03.2024 - Der Markt für Farben, Lacke und Druckfarben gehört wohl zu den buntesten, die die chemische Industrie zu bieten hat:

Ob Innenfarben oder Außenputze, Möbel oder Haushaltsgeräte, Autos, Züge oder Fahrräder. Ob wir Computer, Fernsehgeräte, Mobiltelefone oder all die anderen kleinen Helferlein in Haushalt und Büro betrachten. Ob attraktive Architekturobjekte, Holzfenster, Garagentore oder riesige Autobahnbrücken - alle diese Objekte unseres modernen Lebens sind mit einer farbig gestalteten Oberfläche versehen – und meistens ist diese Oberfläche lackiert.

Fast 8,6 Mrd. EUR Umsatz (inklusive der Exporte) macht die Lack- und Druckfarbenbranche in Deutschland jährlich. Der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) präsentiert über 200 Mitgliedsfirmen und rund 25.000 Beschäftigte. So vielfältig deren Produktwelt ist, so unterschiedlich stellt sich oft auch die Umsatzentwicklung der verschiedenen Sektoren dar, die regelmäßig den Abnehmer- und Verwendermärkten folgen. Doch diesmal stehen die Zahlen fast überall auf tiefrot.

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland hat sich zum Jahreswechsel 2024 weiter verschlechtert. Die Prognosen für das BIP-Wachstum der führenden Forschungsinstitute aber auch die der internationalen Institutionen wie etwa der OECD oder des IWF sind weiter nach unten korrigiert worden. Die Bundesregierung rechnet inzwischen nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 %. Damit ist Deutschland das Schlusslicht der bedeutenden Volkswirtschaften im internationalen Vergleich.

Eine leichte Besserung der Konjunktur ist allenfalls in der zweiten Jahreshälfte zu erwarten, einzig vom Konsum gehen gewisse positive Impulse aus. Sorge bereitet vor allem die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe und in der Bauindustrie – es ist davon auszugehen, dass es hier 2024 zu einem Rückgang von mindestens 1 % kommt. Der komfortable Auftragsbestand ist in vielen Bereichen wie dem Maschinenbau zusammengeschrumpft, und es ist nicht klar, wann der Export, der im vergangenen Jahr recht schwach war, wieder zu alter Stärke findet.

In Deutschland wurden 2023 insgesamt 1,47 Mio. t Lacke, Farben und Druckfarben verkauft – ein Minus von gut 3 % gegenüber dem Vorjahr. Im laufenden Jahr ist ein weiterer Rückgang um 2 % auf dann rund 1,44 Mio. t zu erwarten. Der Umsatz der in Deutschland verkauften Lacke, Farben und Druckfarben stieg 2023  gegenüber dem Vorjahr inflationsbedingt um knapp 2 % auf 6,1 Mrd. EUR. Auch im laufenden Jahr erwartet der VdL einen weiteren leichten Anstieg um 1 % auf 6,2 Mrd. EUR. Neben dem schwachen Inlandsmarkt überraschte auch der deutliche Rückgang der Exporte in der Menge um -11,3 % auf nur noch 774.000 t.

Bautenanstrichmittel

Der mengenmäßig größte Teilmarkt der Branche ist der Markt für Bautenanstrichmittel. Hier sind wohl auch die bekanntesten Marken der Farbenbranche regelmäßig vertreten. Das mag insbesondere daran liegen, dass die Endverbraucher hier am konkretesten mit Produkten in Kontakt kommen und so ein ausgeprägter Do-it-yourself-Sektor, kurz: DIY, existiert.

Aber auch bei den Bautenfarben gab es 2023 in der Menge einen weiteren Rückgang um 4 %. Während der Profimarkt in Deutschland mit 5,5 % deutlich abgenommen hat, konnte sich der DIY-Markt leicht erholen und wuchs um knapp 1 %. Zu besonders starken Rückgängen kam es bei Fassadenfarben, Putzen und Holzschutzmitteln, die zwischen 6 und 8 % verloren. Für 2024 prognostiziert der VdL in der Menge eine weitere Abnahme um 2,5 % auf 734.000 t. Der Inlandsumsatz wird voraussichtlich nur leicht zurückgehen und bei knapp 1,8 Mrd. EUR liegen.

Industrielacke

Der Sektor Industrielacke präsentiert ein breites Sortiment an Lacken für die industrielle Verarbeitung: von Beschichtungen für den Automobil- und Fahrzeugbau, für Anlagen und Maschinen bis hin zu Lacken für Elektronikbauteile. Am Markt sind kleine Spezialisten ebenso vertreten wie mittelständische Weltmarktführer bis hin zu zurzeit wachsenden multinationalen Konzernen. Naturgemäß folgen die Herstellerzahlen hier den Marktzahlen der industriellen Verwender.

Bei den Industrielacken kam es 2023 insgesamt zu einem leichten Anstieg des Verbrauchs um 1,5 % in der Menge. Der Wert stieg preisbedingt um 6,7 %. Während sich Autoserienlacke, Autoreparaturlacke, Lacke für sonstigen Fahrzeugbau sowie Korrosionsschutzbeschichtungsstoffe recht erfreulich entwickelten, ging der Verbrauch von Lacken in den übrigen industriellen Bereichen jeweils zurück, besonders ausgeprägt in der Holz- und Möbelindustrie mit einem Minus von knapp 9 %. 2024 wird aufgrund des Auftragsmangels in einigen Abnehmerbereichen mit einem kleinen Minus von 0,5 % in der Menge gerechnet. Der Inlands­umsatz dürfte sich aufgrund der Preiseffekte noch um knapp 3 % erhöhen.

Druckfarben

Mit seit Jahren zurückgehenden Zahlen sieht sich die Fachgruppe Druckfarben konfrontiert. Vor allem im Publikationsdruck zollt die Branche hier einer immer weiter digitalisierten Welt Tribut. Lange konnte der Verpackungsdruck dies ausgleichen. 2023 ist aber der Absatz von Druckfarben zusammen weiter  zurückgegangen – insgesamt  wurden nur noch 183.000 t in Deutschland verbraucht, ein Minus von knapp 13 %. Sowohl die Publikations- als auch die Verpackungsdruckfarben erlitten deutliche Einbußen. Die Aussichten für das laufende Jahr sind wegen der anhaltend schwachen Konjunktur nach wie vor schlecht – in Menge und Wert ist ein Rückgang von rund 3,5 % zu erwarten.

 

„Das Geschäft für die Farbenbranche
bleibt auch im weiteren Verlauf
des Jahres schwierig.“

 



Export/Import

Schlechte Nachrichten kommen auch vom internationalen Handel: Der Export sank 2023 im Wert um knapp 4 % auf 3,6 Mrd. EUR. In wichtigen europäischen Nachbarländern, aber auch in China war die Entwicklung der Abnehmerbranchen besonders in der allgemeinen Industrie relativ schwach. Importiert wurde für 1,3 Mrd. EUR, ein Minus von 8 %. 2024 wird sich der Außenhandel im Wert voraussichtlich um rund 2 % erholen.

Weitere Aussichten für 2024

Das Geschäft für die Farbenbranche bleibt auch im weiteren Verlauf des Jahres schwierig. In der Prognose ist eine konkrete Bezifferung in diesem Umfeld kaum möglich. Neben dem noch schwachen Bautenfarbenmarkt wird sich auch das Umfeld für die Industrielacke verschlechtern, allenfalls im zweiten Halbjahr könnte sich die konjunkturelle Lage in der Branche leicht aufhellen.
Immerhin gab es positive Nachrichten vom Arbeitsmarkt: Bislang können die Unternehmen einen breiten Abbau von Arbeitsplätzen in der mittelständisch geprägten Branche vermeiden.

Bürokratie und politische Themen

Neben der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung beklagten VdL-Präsident Peter Jansen und Hauptgeschäftsführer Martin Kanert die Belastung der Branche durch ausufernde Bürokratievorschriften. Die Unternehmen seien bei ihren Belastungen durch Vorschriften, Berichtspflichten und bürokratische Regelungen aus Brüssel und Berlin an ihre Belastungsgrenzen gekommen. Diese hätten inzwischen einen Umfang erreicht, dass Aufwand und Kosten das wirtschaftliche Fortkommen und Innovationen behindern. Hierbei ist insbesondere die Vielzahl an Aufgaben so angewachsen, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen der Menge nicht mehr Herr werden. „Anstrengungen zu Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung sind unverzichtbar – das gilt für die Politik in Deutschland und in Europa“, so Kanert. Er fordert effiziente und effektive Gestaltung von Gesetzen, um den bürokratischen Aufwand zu minimieren. „Dies senkt Kosten und steigert die Wettbewerbsfähigkeit.“

Christoph Maier,
Leiter Wirtschaft und Finanzen, Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL), Frankfurt am Main

Kontakt

Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V.

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