Anlagenbau & Prozesstechnik

Lastschutz für eine unterbrechungsfreie Anlagenverfügbarkeit

Stromverteilungssystem als Baukasten für die Prozessautomatisierung

14.03.2024 - Für die Automatisierung chemischer Prozessanlagen steigen die Anforderungen an eine zuverlässige Stromversorgung. Mit Stromverteilungsmodulen kann die Anlagenverfügbarkeit signifikant erhöht und die Anlage komfortabel überwacht werden. Ein intelligenter Lastschutz sorgt für den sicheren und unterbrechungsfreien Betrieb der Anlage.

In der Prozessautomatisierung haben zahlreiche Anlagenbauer Bedarf an kompakten und umfassenden Lösungen für die Stromverteilung von DC 24 V. Diese Lösungen müssen verschiedene Funktionen beinhalten, wie z.B. eine redundante Einspeisung, integrierte Entkopplungsdioden und einen intelligenten, selektiven Lastschutz für eine Vielzahl an Verbrauchern. Besonders wichtig ist dies, da die Verbraucher oft über lange Anschlussleitungen im Feld verteilt sind. Weitere Features wie eine Summenstrommessung mit Anzeige, eine Spannungsüberwachung der Einspeisung sowie eine Signalisierungsfunktion runden das Anforderungsprofil ab. Das Power Distribution Modul PDM von E-T-A bietet ein Baukastensystem, das all diese Ansprüche erfüllt.

Das Stromverteilungssystem PDM (Power Distribution Modul) ist ein kompaktes System, das aus einem Alu-Blech-Grundträger für den Einsatz in 19“ Racks konzipiert ist. Dort verbraucht es aufgrund der Kompaktheit lediglich 3 HE (Höheneinheiten). Es verfügt über drehbare Montageflansche, die eine flexible Installation in 19“-Gestellen (mit nach vorne gedrehtem Flansch) oder einfach an der Rückwand bzw. Montageplatte im Schaltschrank (mit nach hinten gedrehtem Flansch) ermöglichen. Im Inneren des Systems befindet sich eine Leiterplatte, auf der Stecksockel für den Einsatz von steckbaren Schutzschaltern montiert sind. Dies ermöglicht es dem Kunden, je nach Applikation die gewünschte Anzahl von bis zu 30 Schutzschaltern zu stecken.

Neben den Stecksockeln befinden sich die Lastanschlussklemmen in Push-In-Technik ebenfalls auf der Frontseite des Stromverteilungssystems. Dies ermöglicht es dem Anwender, alle benötigten Installationsschritte von vorne zu bewerkstelligen. Die Leiterplatte ist für die effiziente Verteilung des eingespeisten Stroms auf die einzelnen Lastkreise zuständig und ermöglicht die zentrale Signalisierung aller Sicherungen und der zugehörigen Klemmen mittels Sammelsignalisierung. Zudem bietet das System eine redundante Einspeisung für zwei unabhängige DC 24 V Spannungsquellen. Dazu stehen dem Anwender Schraubklemmen für einen Querschnitt bis 25 mm2 ebenfalls auf der Vorderseite zur Verfügung. Um die entstehende Verlustleistung effektiv abzuleiten, sind auf der Rückseite des Verteilers zwei Kühlkörper angebracht. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, den Gesamtstrom mithilfe eines Shunts zu messen und die Messwerte über eine digitale Anzeige, die sich ebenfalls an der Vorderseite des Verteilers befindet, abzulesen.

 

Selektive Absicherung der Lasten

Chemieanlagen sowie Anlagen im Bereich Pharmazie, Öl- und der Gasindustrie erstrecken sich häufig über ein großes Areal, sodass meist lange und dünne Leitungen verlegt werden. Diese weisen zu den Verbrauchern einen hohen Widerstand auf, was den Stromfluss stark begrenzt. Zum Beispiel hat eine 100 m lange Leitung mit einem Querschnitt von 1,5 mm², die sich 50 m von der Stromquelle entfernt befindet, einen Widerstand von etwa 1,2 Ohm. Dies bedeutet, dass bei einer DC 24 V-Versorgung im Kurzschlussfall nach dem ohmschen Gesetz maximal 20 A fließen. Da die selektive Absicherung der Lasten ein absolutes Muss für die Aufrechterhaltung der Anlagenverfügbarkeit darstellt, können in diesem Fall keine normalen Schutzschalter wie z.B. thermisch-magnetische eingesetzt werden. Thermisch-magnetische Schutzschalter benötigen bei der häufig verwendeten C-Kennlinie einen etwa 15-fachen Nennstrom, um innerhalb weniger Millisekunden auszulösen. Dieser Strom kann aber nicht erreicht werden, was zur Folge hat, dass der Schutzschalter nicht auslöst.

Im Gegensatz dazu sind elektronische Schutzschalter speziell für solche Anwendungsfälle entwickelt worden. Sie sind in der Lage zu erkennen, ob es sich um einen echten Kurzschlussstrom oder einen kapazitiven Einschaltstrom handelt. Bei einem echten Kurzschlussstrom schalten sie den fehlerhaften Lastkreis sicher und präzise innerhalb von Millisekunden ab. Zudem wird er anschließend durch galvanische Trennung von der Stromversorgung abgekoppelt. Durch diese Funktionalitäten wird verhindert, dass es zu Spannungseinbrüchen im Gesamtsystem kommt. Es wird lediglich der problematische Verbraucher abgeschaltet und alles andere arbeitet weiter. Selbst bei Leitungslängen von mehreren hundert Metern stellt dies kein Problem dar.

Die integrierten Signalkontakte des Schutzschalters melden die Auslösung des Schalters über die Sammelsignalisierung an die entfernte Leitwarte und die Verantwortlichen können unverzüglich Maßnahmen zur Behebung des Problems einleiten. Ein weiterer Vorteil ist die Steckbarkeit der Schutzschalter. Dies ermöglicht es dem Anwender, auch im laufenden Betrieb also unter Spannung die Anlage zu erweitern. Es wird lediglich der neue Schutzschalter gesteckt und die Last angeschlossen und schon kann das neue Equipment eingesetzt werden.
Sammelsignalisierung vermeidet

Signalbrücken

Die Öffner der einzelnen Schutzschalter werden durch die Sammelsignalisierung parallel­geschaltet. Das heißt es besteht so lange keine elektrische Verbindung, wie alle Schutzschalter eingeschaltet sind. Das in der PDM verbaute Relais mit Wechselkontakten ist bei anliegender Versorgungsspannung dauerhaft angezogen. Wenn nun ein Schutzschalter aufgrund eines Problems auslöst, schließt dessen Signalkontakt und das Relais wird stromlos geschaltet und fällt daraufhin ab. Im Gegensatz zu der sonst oft eingesetzten Reihenschaltung ist es somit nicht notwendig, Signalbrücken einzusetzen.  

Zusätzlich zur Überwachung der einzelnen Schutzschalter überwacht das Relais auch die Versorgungsspannung und meldet im Falle eines Problems deren Ausfall. Dazu ist frontseitig eine rote LED angebracht. Des Weiteren wird das Vorhandensein der Spannung der beiden Einspeisungen A und B mittels grüner LED angezeigt. Die Überwachungseinheit wird durch einen darauf abgestimmten thermischen Schutzschalter abgesichert.

Unterbrechungsfreie Anlagenverfügbarkeit

Eine dauerhafte Anlagenverfügbarkeit ist bei Chemieanlagen essenziell. Um dieser Anforderung Rechnung zu tragen, erfolgt die Versorgung redundant mittels Einspeisung A und B. Um diese zu realisieren wurde eine Entkopplungsdiode mitsamt der benötigten Kühlkörper integriert. Im Regelbetrieb versorgt jeder der beiden Einspeisungen die angeschlossene Last mit 50 % des Laststroms. Fällt eine Stromquelle aus, springt die andere ein und versorgt die Last zu 100 %. Die PDM besitzt eine digitale Anzeige, um den Gesamtstrom anzuzeigen. Die dazu erforderliche Messung erfolgt mittels eines 80 A Mess­shunts. Dies erlaubt es, den Strom in einem Anzeigebereich von 0,0 bis 80,0 A anzuzeigen. Der Nutzen für den Anwender liegt darin, immer über den Lastzustand in der Anlage informiert zu sein. Auch kleine Veränderungen im Bereich von 0,1 A können damit visualisiert werden. Eine unter der Box horizontal angebrachte Kabelrangierung rundet das Gesamtsystem ab und ermöglicht es, die Kabel entweder nach links oder rechts zu führen.

Autor:

M.Bindner © E-T-A   Michael Bindner, Produktmanager, E-T-A Elektrotechnische Apparate

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