Neue stationäre Energiespeicher verzichten auf herkömmliche Übergangsmetalle
Kosteneffiziente und ressourcenschonende Dual-Ionen-Batterien
DIB basieren auf Graphitkathodenmaterial, das ohne herkömmliche Übergangsmetalle auskommt, so dass alle Rohstoffe in Deutschland gewonnen werden können. Zudem überzeugen DIB durch weitere Vorteile, wie den vollständig wässrigen Herstellungsprozess der Kathoden, hohe Sicherheit, hohe Arbeitsspannung, schnelle Lade-/Entladeraten, hohe Recyclingfähigkeit und niedrige Kosten für die gelieferte Energie.
Im Vergleich zu aktuellen Speichertechnologien, wie Pumpspeicherkraftwerken, benötigen DIB bedeutend weniger Fläche und verursachen dadurch geringere Investitionskosten. Durch ihre Modularität sind sie zudem leicht skalierbar – von einigen kW bis zu vielen MW – und eignen sich deshalb auch für Haushaltsnetzanwendungen.
Im BMBF-Projekt „TransDIB – Entwicklung und Transfer von kosteneffizienten, nachhaltigen und sicheren Dual-Ionen-Batterien (DIB) für stationäre Energiespeicher“ arbeiten Varta Microbattery, SGL Carbon, E-Lyte Innovations, Sixonia Tech, die Technische Universität Dresden, das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS sowie die Westfälische Wilhelms-Universität-Münster gemeinsam an der Entwicklung dieser neuartigen Technologie. Das BMBF fördert das auf drei Jahre angelegte Projekt im Rahmen der Richtlinie „Batteriematerialien für zukünftige elektromobile, stationäre und weitere industrierelevante Anwendungen (Batterie 2020 Transfer)“ mit einem Budget von ca. 3,5 Mio. EUR.
Die DIB-Technologie
Die Dual-Ionen-Batterie (DIB)-Technologie ist eine neue Technologie, die auf Anionen speichernden Kathodenmaterialien, wie Graphit, basiert und ohne konventionell verwendete Übergangsmetalle, wie Kobalt, Nickel und Mangan, auskommt. Die DIB basiert auf Kationen und Anionen, die im Elektrolyten (Aktivmaterial) vorliegen und am Lade- und Entladeprozess beteiligt sind. Im Gegensatz zu LIB (Lithium-Ionen-Batterie), bei der nur die Lithium-Ionen an der Energiespeicherung mitwirken und entweder in der Kathode oder der Anode aktiv sind, werden bei den DIB Ionen während des Lade- und Entladevorgangs gleichzeitig in der Anode bzw. Kathode gespeichert und freigesetzt. Dadurch ist der Weg der Ionenwanderung im Vergleich zu klassischen LIB nur halb so lang und damit entsprechend schneller.
Die Kathodenmaterialien spielen in der DIB eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme von Anionen und bestimmen so die Leistung der DIB. Unter allen potenziellen Materialien ist Graphit aufgrund seiner reichhaltigen Verfügbarkeit, geringen Kosten und seiner ausgewogenen Leistungsfähigkeit (Kapazität, Spannung, Zyklenstabilität, Laderatenverhalten) am vielversprechendsten.
Gegenwärtig erreichen DIB eine Kapazität von 100 mAh/g bis 120 bis 200 mAh/g. Um diese zu steigern, werden verschiedene Graphittypen als Kathodenmaterial erforscht; darunter synthetischer Graphit, Naturgraphit, expandierter Graphit und vor-interkalierter Graphit und erstmals auch siliziumhaltige Anoden (Silizium/Kohlenstoff/Graphit-Komposite). Für eine lange Lebensdauer sind graphithaltige Materialien mit einer geringen Arbeitsspannung von 0,1 bis 0,2 V (vs. Li|Li+) trotz ihrer mäßigen theoretischen Kapazität (372 mAh/g für Li+, 278 mAh/g für K+) ideale Anodenmaterialien. Um 500 Zyklen zu erreichen, werden die Einflüsse des Graphitschichtabstands, der Elektrodenporosität und des Binders sowohl für die Graphitanode als auch für die Graphitkathode systematisch untersucht.
Untersuchung geeigneter Elektrolyte
Aktuelle Elektrolyte für DIB sind unterteilt in ionische, flüssige Elektrolyte und Karbonat-basierte Elektrolyte, die Imid- bzw. Hexafluorophosphatsalze enthalten. Die bisher höchste berichtete Konzentration von Lithiumhexafluorophosphate (LiPF6) in Karbonat-basierten Elektrolyten beträgt 4 M, wobei die Oxidationsstabilität verbessert werden muss. Deshalb ist in TransDIB die Entwicklung neuer Elektrolyte auf Basis von kosteneffizienten Salzen, Zusätzen über Lösungs- und Co-Lösungsmitteln geplant, um letztendlich die Entwicklung hochkonzentrierter Elektrolyte (mit > 8 M) mit deutlich besseren elektrochemischen Eigenschaften (stabil bis 5,5 V vs. Li|Li+) zu erreichen.
In diesem Zusammenhang werden folgende Kriterien berücksichtigt
Stabilität des Elektrolyten gegen reduktive (negative Elektrode) und oxidative (positive Elektrode) Zersetzung;
- Fähigkeit zur Bildung stabiler Zwischenschichten auf Kathoden- und Anodenoberflächen zur Verbesserung der Zyklenstabilität von DIB;
- Hohe Salzlöslichkeit in den Elektrolyt-Lösungsmitteln, da die Salzkonzentration des Elektrolyten in direktem Zusammenhang mit der Energiedichte von DIB steht, wobei die Menge der inaktiven Lösungsmittelmoleküle so gering wie möglich sein sollte;
- Hohe Ionenleitfähigkeit, um DIB mit hoher Energiedichte zu entwickeln.
Weitere Vorteile der DIB
Der Einsatz von Graphit bringt aber noch weitere Vorteile mit sich.
- So können die Kathoden aus wässrigen Formulierungen hergestellt werden. Dies ist nicht nur nachhaltig, sondern auch preiswerter als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien.
- Zudem sind die Batterien sehr sicher, da in den Elektroden kein Sauerstoff eingesetzt werden muss und die Graphitelektroden selbst bei hohen Laderaten stabil bleiben.
- Durch den sehr geringen Lithium-Anteil (0 Gew.-% (K-basiert) bis 0,4 Gew.-% (Li-basiert)) sind die Kosten für Energie aus DIB geringer als für LIB (gemessen in EUR/kWh und EUR/kWh/Zyklus). Der hohe Spannungsunterschied zwischen Graphitkathode und -anode führt zu einer hohen Arbeitsspannung (3,5 bis 5,2 V). Die mittlere Entladungsspannung der DIB beträgt näherungsweise 4,5 V und ist somit weit höher als die herkömmlicher LIB (3,8 V und darunter).
- Nicht zuletzt können DIB-Zellen vollständig aus Materialien hergestellt werden, die in Deutschland verfügbar sind. Das fördert die deutsche Technologieführerschaft und führt zur Unabhängigkeit von kritischen Rohstoffquellen.
Entwicklungsziele im Projekt
Ziel des Projekts „TransDIB“ ist die Entwicklung und der Industrietransfer einer Batteriezellentechnologie auf Basis der Dual-Ion-Batterie (DIB). Dafür sollen Prototypzellen auf einer LIB-Pilotlinie hergestellt werden. Diese Prototypfertigung soll dann Grundlage für eine schematische Planung der industriellen Zellproduktion von DIBs sein. Im Ergebnis sollen hochsichere Batterien mit langer Lebensdauer (> 3.000 Zyklen), hoher gravimetrischer Energiedichte (100 bis 150 Wh/kg), niedrigen Kosten (0,03 EUR/kWh/Zyklus,), schneller Lade-/Entladeladrate (100 C), und unproblematischem Rohstoffeinsatz (z.B. übergangsmetallfrei, synthetischer Graphit) zur Verfügung gestellt werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, werden zwei Hauptziele adressiert, wobei die Umsetzung der damit verbundenen vorgeschlagenen Forschungsarbeiten deutlich über den Stand der Wissenschaft und Technik hinausgehen.
1. Technologische Ziele
Zu Projektende soll die schematische Planung eines Prototyps einer industriellen Pilotlinie für DIB-Zellen stehen. Damit soll die großflächige Herstellung von Graphitelektroden (sowohl für die Anode als auch für die Kathode) in einem vollständig wässrigen Elektrodenherstellungsprozess im Rolle-zu-Rolle-Verfahren (R2R) ermöglicht werden. Voraussetzung dafür sind:
- Elektrodenpasten, die auf Grundlage der entwickelten Graphitmaterialien optimiert und formuliert werden
- Elektrolytformulierungen, die auf Grundlage der konzentrierten Lithium- und Kaliumelektrolyte (6–8 M) entwickelt werden
- Eine optimierte Elektrodendicke (Massebeladung des aktiven Materials)
- Prototypen von Pouch-Zellen (1–5 Ah) in den F&E-Laboren entworfen, hergestellt und optimiert werden. Dabei dient der gegenwärtige Stand (160 bis 210 Wh/kg, 1.500 Zyklen auf Materialebene) als Maßstab für die Verbesserung der Elektroden- und Elektrolytmaterialien. Die DIB-Pouch-Zellen mit hoher Zyklenlebensdauer (3.000 Zyklen) und einer Energiedichte von 100 bis 150 Wh/kg sollen auch in einer Pilotlinie im 18.650- und/oder 21.700-Zellenformat hergestellt werden. Es werden verschiedene Sicherheitsprüfungen durchgeführt, um die Hürden der Technologievermarktung zu bewältigen.
2. Wissenschaftliche Ziele
Neben den technologischen Zielen werden zur Bewältigung möglicher Herausforderungen in der DIB-Herstellung (wie Elektrodenvolumenausdehnung, Gasbildung oder Korrosion des Stromableiters) wissenschaftliche Ziele verfolgt. Untersucht werden sollen unter anderem:
- Die Anwendung verschiedener Binder und Zusätze für Elektrodenzusammensetzungen und die Nutzung von 2D-Materialien wie Graphen in den Elektroden, insbesondere für die Graphitkathode.
- Die Nutzung ionischer Flüssigkeiten und anderen Zusätzen (u.a. filmbildende Additive) in Elektrolyten, um Gasbildung und Korrosion der Stromableiter zu verhindern.
Zur Verbesserung des Leistungsvermögens der DIB-Zelle sollen folgende wissenschaftliche Zielsetzungen verfolgt werden:
- Untersuchung verschiedener Graphitarten, wie u.a. ausgedehntes und vor-interkaliertes Graphit.
- Die Konzentration des Elektrolyts auf bis zu 8 M erhöhen.
- Die Erhöhung der Zyklenstabilität auf bis zu 3.000 Zyklen bei einer Energiedichte von 100–150 Wh/kg.
Durch die Entwicklung der DIB-Zellen und deren Transfer wird der deutschen Industrie Zugang zu neuer innovativer Technologie gegeben, die es ihr ermöglicht zukünftig Marktanteile in Europa und weltweit zu gewinnen.
Autorin: Birgit Jost, Abteilungsleiterin Mikroelektronik-Materialien und Nanoanalytik, Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS
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