Optimiertes Chemieanlagenmanagement
Fotorealistischer digitaler Zwilling ermöglicht Effizienzsteigerung gegenüber traditionellen Ansätzen
Die Komplexität und der Umfang der technischen Anlagen sowie die Notwendigkeit, Betriebs- und Prozessdaten effizient zu verwalten, haben die Bedeutung eines leistungsfähigen Visual-Asset-Management-Systems (VAM) weiter gesteigert. Framence, Hersteller fotorealistischer digitaler Zwillinge, zeigt einen zukunftsweisenden Weg auf, wie Betriebe aus der Chemiebranche diese Herausforderungen bewältigen und gleichzeitig ihre Effizienz steigern können.
Bisher gab es zwei verschiedene VAM-Ansätze: entweder wurden hochkomplexe 3D-Modelle verwendet oder einfache Fotos. Während die Nutzung von 3D-Modellen die präzise und maßhaltige Darstellung der Realität ermöglicht, sind sie in ihrer Erstellung äußerst aufwändig und kostenintensiv. Auch ihre Aktualisierung, z.B. nach Modernisierungen der Produktionsstätte, kostet viel Zeit, da die einzelnen Veränderungen mühevoll nachmodelliert werden müssen.
Fotos hingegen sind einfacher und schneller gemacht, konnten bisher jedoch nur eine verminderte Maßhaltigkeit liefern. Sie reichen zwar für einfache Rundgänge aus oder um sich mit der Umgebung vertraut zu machen, sind für maßhaltige Arbeiten aber nicht wirklich einsetzbar.
Wegweisender Ansatz
Framence hat ein effizientes Verfahren entwickelt, um die Vorteile aus beiden Systemen, also die Geschwindigkeit der Fotos und die Maßhaltigkeit der 3D-Modelle, zusammenzuführen. Dabei werden die Realität à la Google Street View abgebildet und die Fotos dank komplexer mathematischer Verfahren und künstlicher Intelligenz um eine zentimetergenaue Präzision erweitert. Aus einfachen Fotos, die mit handelsüblichen Digitalkameras gemacht werden können, wird ein fotorealistischer digitaler Zwilling von ganzen Umgebungen, bspw. Produktionsstätten, errechnet. Da im Gegensatz zu anderen Methoden eine aufwändige, kostenintensive 3D-Modellierung nicht mehr notwendig ist, sind diese fotorealistischen Zwillinge wirtschaftlich darstellbar. Darüber hinaus ist die Software hardwareunabhängig, wodurch für ihre Verwendung nur ein Endgerät mit Internetverbindung benötigt wird.
Um den Veränderungen in Produktionsstätten Rechnung zu tragen und diese zu dokumentieren, verfügt das Verfahren zudem über eine durchgehende Zeitschiene. Alle Fotos werden nicht nur in einem 3D-Koordinatensystem, sondern auch zeitlich verortet. Neue Bilder ersetzen alte, während alte Bilder zeitlich abgeschlossen werden und bei Bedarf jederzeit verfügbar sind. Über den Regler in der Zeitschiene können Nutzer in die Vergangenheit reisen und sich die Umgebung aus vorherigen Tagen, Monaten oder Jahren anschauen. So können z.B. bereits ersetzte Maschinen oder technische Gebäudeausrüstung wieder betrachtet werden.
Als offene Plattform, die sich als digitale Repräsentanz der gesamten Umgebung versteht, erlaubt Framence das Einbinden von vorhandenen digitalen Zwillingen von einzelnen chemischen Prozessen, Anlagen oder Systemen. So können bspw. digitale Zwillinge von Destillationsanlagen, Kühl- oder Heizsystemen oder Lagertanks Teil der Framence-Umgebung werden.
Durch die Nutzung von hochauflösenden Bildern, die selbst mit Smartphones erstellt werden können, werden im fotorealistischen digitalen Zwilling eine bisher unerreichbare Detailgenauigkeit und Präzision erzielt. So ist es problemlos möglich, wichtige Informationen wie bspw. Typenschilder, Markierungen oder Details in der Produktionsstätte zu erkennen und zu bewerten. Dank KI-gestützter Methoden kann für jedes Pixel in den Bildern eine präzise 3D-Koordinate berechnet werden. So können direkt im Bild sehr genaue Maße von beliebigen Objekten genommen werden. Darüber hinaus können jegliche Informationen aus Fremdsystemen, wie z.B. Dashboards, Anleitungen oder Videos, in den Zwilling eingebunden und präzise an der jeweiligen Anlage angezeigt werden.
Umfassende Anlagendokumentation
Über den Lebenszyklus einer Produktionsstätte werden vielfältige Daten generiert und müssen bei Bedarf verfügbar sein. Diese Daten, die oftmals in verschiedenen Fremdsystemen liegen, lassen sich in einem fotorealistischen digitalen Zwilling bündeln und verorten. Informationen zu Anlagen oder Prozessen können so präzise im Bildmodell verortet und abgerufen werden. Dafür müssen Mitarbeitende nur auf das gewünschte Objekt klicken und die Informationen werden auf der Plattform-Oberfläche dargestellt. Um die Datenhoheit und dementsprechend auch Datensicherheit zu gewährleisten, speichert die Software die Daten nicht, sondern leitet sie nur aus den Fremdsystemen weiter.
Durch die Verortung von Informationen in dem 3D-Koordinatensystem bleiben die Daten erhalten, selbst wenn Bilder aktualisiert werden. Dies stellt sicher, dass wertvolle Informationen über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage hinweg verfügbar sind.
Darüber hinaus kann der fotorealistische digitale Zwilling nicht nur mit Bildern, sondern auch mit jeglichen anderen Dateiformaten wie Punktwolken oder 3D-Modellen gefüttert werden. Auch diese werden mit dem Koordinatensystem verknüpft und bleiben erhalten. Ergänzungen nur einzelner Bereiche oder Anlagen nach Modernisierungen sind zudem mittels aller gängigen Dateiformate schnell möglich. So entsteht eine zentrale Informationsplattform, auf der alle zu einer Produktionsstätte vorhandenen Daten kombiniert und genutzt werden können, wodurch das zeitaufwendige Suchen in Fremdsystemen entfällt.
Instandhaltung und Fernüberwachung von Produktionsanlagen
Durch den direkten Zugriff auf Zeichnungen, Wartungsverfahren und Handbücher, den der fotorealistische digitale Zwilling ermöglicht, lässt sich die Behebungsdauer von Anlagenfehlern verkürzen. So werden Stillstandzeiten erheblich reduziert sowie Kosten gesenkt. Um auch vor Ort von der Datenbasis des fotorealistischen Zwillings zu profitieren, sind Augmented-Reality-Funktionen verfügbar, die bei Instandhaltungsmaßnahmen digitale Informationen auf die reale Umgebung projizieren. So lassen sich z.B. Bauteile virtuell hervorheben sowie Videos, Dashboards oder auch Anleitungen direkt an der jeweiligen Anlage im Sichtfeld des Mitarbeitenden einblenden. Dank Chat- und Kommunikationsfunktionen können bei Bedarf auch Spezialisten kollaborativ eingebunden werden und ihre Kollegen, die sich vor Ort befinden, aus der Ferne unterstützen.
Die Integration von Live-Anlagenmesswerten über Schnittstellen erhöht zudem die Sicherheit der Mitarbeitenden vor Ort. Indem der fotorealistische digitale Zwilling kontinuierlich mit den aktuellen Anlagenmessdaten gespeist wird, können sich Mitarbeitende im Vorfeld über den aktuellen Stand der Anlagentemperatur oder den Druckwert auf den betroffenen Rohrleitungen informieren, bevor sie mit Instandhaltungsmaßnahmen beginnen. Auch der Status von Sauerstoffleitungen im Labor oder Stromflüsse können so nachvollzogen werden, wenn es bspw. darum geht, neue Leitungen zu legen. Mithilfe des fotorealistischen digitalen Zwillings können Verantwortliche frühzeitig auf potenzielle sicherheitsrelevante Risiken reagieren und effektive Gegenmaßnahmen einleiten, bevor es zu Unfällen oder Produktionsausfällen kommt. Dies eröffnet ein neues Maß an Transparenz und Kontrolle hinsichtlich des Arbeitsschutzes und der Risikominimierung in der chemischen Produktion.
Autoren:
Adrian Merkel, Geschäftsführer, und
Alexandra Kiourtsi, Technische Redaktion, Framence GmbH, Bensheim