Funktionale Sicherheit im digitalisierten Anlagenbau
Neue Plug-Ins unterstützen modulares und flexibles Programmieren von Sicherheitssteuerungen
Weil beim Bau neuer Anlagen Zeit Geld ist, liegt neben der Sicherheit ein weiterer Fokus auf der Entwicklung von Tools, die eine effiziente Planung und Programmierung von sicherheitsgerichteten Steuerungen ermöglichen. Hima entwickelt seit über 50 Jahren sicherheitsgerichtete Automatisierungslösungen. Mit SILworx, einem vollintegrierten, sicherheitsbezogenen Konfigurations-, Programmier- und Diagnose-Tool, lassen sich alle Hima-Steuerungen sowie Remote I/O-Systeme effizient programmieren und konfigurieren. Auch die Fehlerdiagnose läuft über dieselbe intuitive Benutzeroberfläche. Durch den Einsatz des Tools werden in der Anwendungsentwicklung systematische Fehler vermieden.
Das wiederum beschleunigt das Engineering. Anwenderinnen und Anwender können das Sicherheitssystem früher in Betrieb nehmen und schneller und flexibler an neue Anforderungen anpassen.
Bisher fokussierte sich das Tool auf die Kernfunktionen, die für Konfiguration, Programmierung und den Betrieb von Sicherheitssystemen erforderlich sind. Die eigene Sicherheitszertifizierung des Tools spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie wird nun in ihrem Funktionsumfang deutlich erweitert.
Modularer Ansatz bringt Sicherheit und Flexibilität
Um in Verbindung mit den zertifizierten Sicherheitssteuerungen von Hima IEC 61511 konforme sicherheitsgerichtete Automatisierungslösungen erstellen zu können, verfügt das Engineering Tool SILworx ebenfalls über eine Zertifizierung nach IEC 61508. Das hat aber auch eine Schattenseite. Denn damit die Zertifizierung vergeben werden kann, müssen alle Änderungen am Entwicklungstool zuerst von der Zulassungsstelle geprüft und zertifiziert werden. Das geht nicht von heute auf morgen. Die zugehörigen Prüf- und Zulassungsprozesse verlängern die Entwicklungszeiten. Die Implementierung neuer Funktionalitäten bremst dann häufig die Gesamtentwicklung aus, was nicht im Sinne der Anwender ist. Daher wurde eine alternative Lösung entwickelt.
Der neue Ansatz sieht eine modulare Herangehensweise vor. Dabei sind nicht alle Funktionalitäten sicherheitsrelevant und erfordern ein entsprechendes Zertifikat. Künftig werden daher SILworX-Core- und SILworX-i4.0-Features getrennt betrachtet. Die Core-Funktionen bekommen nach wie vor alle Sicherheitszertifikate, während Plug-Ins diese Zertifikate nicht benötigen. Die neue Version des Programmierungstools bietet eine Schnittstelle, über die sich verschiedene (nicht sichere) Plug-Ins wie Skripte, Programme oder Funktionen integrieren lassen. Damit lässt sich das Engineering-Tool sehr flexibel an die Anwenderbedürfnisse anpassen. Für typische Anwendungsfälle werden vorgefertigte Plug-Ins angeboten. Die Schnittstellen sind auch offen für individuellen Anforderungen, wie die Entwicklung eingener Plug-Ins.
Sicherheitssteuerungen als Teil des Ganzen
In diesem Jahr wird die neue SILworX-Version mit der entsprechenden Schnittstelle, um nicht sicherheitsrelevante Plug-Ins ins eigene Automatisierungsprojekt zu integrieren, erweitert. Verschiedene Plug-Ins werden nach und nach dazu kommen.
Geplant sind z.B. die Plug-Ins External Communication Configurator, Digital Inventory Manager und Digitalized Engineering. Letzteres soll dabei helfen, den gesamten Engineering Prozess zu digitalisieren, von der Spezifikation über die Programmierung bis hin zu den notwendigen Prüfungen. Zunehmender Personalmangel gepaart mit steigendem Zeitdruck erfordert immer mehr automatisierte Vorgehensweisen in der Anlagenentwicklung. Diesem Problem kann dieses Plug-In begegnen.
Um geltende Sicherheitsvorschriften zuverlässig einhalten zu können, gilt es auch, den Lebenszyklus der funktionalen Sicherheit immer stärker zu digitalisieren. Bislang wird in diesen Bereich noch viel mit PDF-Dokumenten, Excel-Listen oder gar Papierplänen gearbeitet. Hier setzt das Plug-In Safety-Lifecycle-Management an und digitalisiert diesen Prozess durchgängig. Das optimiert die Abläufe und reduziert die Kosten der funktionalen Sicherheit.
Ein anders Plug-In begegnet einem weiteren aktuellen Trend auf dem Markt, nämlich dem modularen Anlagenbau. Hier ist die Schnittstellenbeschreibung Module Type Package (MTP) das Schlagwort, das derzeit in der Branche immer wieder fällt. MTP ermöglicht eine effiziente Integration einzelner Komponenten verschiedener Automatisierungssysteme mit Hilfe der standard- und herstellerunabhängigen Beschreibung von Prozessmodulen. Das Plug-In MTP-Generator hilft bei der Entwicklung solcher Module Type Packages nach VDI/VDE/Namur 2658.
Der Funktionsumfang der Sicherheitssteuerungen wird durch das neue Angebot von Plug-Ins deutlich erweitert. Im Zuge der Digitalisierung ist es nur logisch, Sicherheitssteuerungen künftig nicht mehr isoliert zu betrachten. Über das Plug-In-Konzept werden sie zum Herzstück einer umfassenden Digitalisierungslösung, ohne dass Sicherheitszertifizierungen unter dieser Flexibilität leiden.
Neuer Ansatz mit vielen Vorteilen
Bestand die Aufgabe der Engineering-Software anfangs darin, von Benutzern konfigurierte Funktionen in einen spezifischen sicherheitsgerichteten Maschinencode zu übersetzen und in die Steuerung zu laden, hat sich über die Jahre die Funktionalität des sicherheitsbezogenen Engineering-Tools von Version zu Version deutlich erweitert. Mit dem neuen Plug-In-Konzept eröffnen sich nun wiederum eine ganze Bandbreite neuer Funktionalitäten. Die Integration zusätzlicher Funktionen ist nun sofort möglich, das beschleunigt die Time-to-Market. Zudem profitieren Anwenderinnen und Anwender von einer flexibleren Programmierung, gesteigerter Effizienz, Zeit- und Kostenersparnis.
Autoren: Peter Sieber, Vice President Strategic Marketing und Bernd Schäfer, Produktmanager, Hima