Granulärschlamm-Prozess für die biologische Abwasserbehandlung
Moderne Interpretation des Sequencing-Batch-Reactor-Verfahrens
Das Reaktordesign für Granulärschlamm basiert auf mehreren, hintereinander geschalteten, komplett durchmischter Zonen in einem Reaktormodul, die in Reihe positioniert werden. Dieses Design wird durch die Eigenschaften eines hyperboloiden Rühr- und Begasungssystems möglich und erlaubt die Realisierung eines erweiterten SBR-Prozesses mit kaskadiertem Reaktordesign, im Dauerbetrieb und mit zyklischem Betrieb.
Im Reaktor erzeugt jedes Rühr- und Begasungssystem eine virtuelle Wand und somit eine vollständig durchmischte Zone. Diese Zonen werden über das gesamte Reaktormodul kaskadiert. Das erlaubt eine wesentlich höhere Prozessflexibilität, da während eines Zyklus in den einzelnen Zonen mit unterschiedlichen Betriebs- und Prozessparametern gearbeitet werden kann. Beispielsweise können die ersten Zonen als Selektor fungieren, während in der letzten Zone dekantiert wird.
Die einzelnen Schritte des Granulärschlamm-Prozesses
Unterschieden werden fünf verschiedene Prozessphasen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in vier oder mehr verschiedenen räumlichen Zonen (Zonen 1–4) stattfinden. Der kontinuierliche Zufluss und die Aufteilung des Reaktors in verschiedene Zonen erlauben eine verbesserte Prozessauslegung. Abgebildet sind die fünf grundlegenden Phasen des Granulärschlamm-Prozesses schematisch. Nach Phase 5 beginnt der Zyklus erneut mit Phase 1. Was in den einzelnen Phasen geschieht, wird im Folgenden erläutert.
Phase 1 Befüllen/Rühren (FM)
In dieser Phase arbeitet das Rühr- und Begasungssystem mit reduzierter Drehzahl und sorgt für Durchmischung ohne Belüftung. Die kontinuierliche Befüllung mit Abwasser erzeugt in den Zonen 1 und 2 anaerobe Bedingungen, während in Zonen 3 und 4 überwiegend anoxische Bedingungen herrschen. In den Zonen 3 und 4 werden die notwendigen anaeroben Bedingungen für einen teilweisen Abbau organischer Verbindungen, die unter rein aeroben Bedingungen möglicherweise nicht abgebaut würden, sowie für die biologische Phosphatelimination geschaffen.
Phase 2 Befüllen/Rühren/Belüften (FMA)
Während des Belüftungszyklus wird die Befüllung fortgesetzt und das Rühr- und Begasungssystem arbeitet mit hoher Drehzahl im starken Rühr- und Belüftungsbetrieb. Es liefert auf effiziente Weise den nötigen Sauerstoff für die BSB- und CSB-Elimination und den Nitrifikationsprozess. Die wirksame mechanische Durchmischung während der Belüftung ist sehr wichtig, um hohe α-Werte sowie eine hohe Sauerstoffzufuhr aufrechtzuerhalten und die notwendigen Scherkräfte auf die granulare Biomasse auszuüben. Die mechanische Durchmischung während der Belüftung ist außerdem sinnvoll, um Schaumbildung auf der Wasseroberfläche zu verhindern. Zudem sorgt die starke Durchmischung für aerobe Bedingungen und einen minimierten anaeroben Kern in den Schlammflocken.
Aufgrund des durch die Zufuhr von frischem Abwasser in Zone 1 prozessbedingten hohen Sauerstoffbedarfs bleibt Zone 1 während dieser Phase überwiegend anoxisch.
Phase 3 Befüllen/Entgasen (FDg)
Nachdem der Belüftungszyklus abgeschlossen ist und die Gebläse abgeschaltet wurden, setzt eine kurze Phase mit starkem Rühren bei erhöhter Drehzahl des Rühr- und Begasungssystems ein. Dadurch wird eine wirksame Entgasung der Schlammflocken erreicht. Dies verbessert die Absetzeigenschaften des Schlamms und verhindert die Schaumbildung auf der Wasseroberfläche.
Phase 4 Befüllen/Absetzen/ Langsames Rühren 1 (FSPh1)
Aufgrund der anoxischen Bedingungen während der Absetzphase finden in den ersten Zonen des Reaktors Denitrifikationsprozesse statt und das Rühr- und Begasungssystem verrührt am Zulauf des Reaktors mit geringer Drehzahl sanft das frische Abwasser mit der zunehmenden Schlammdecke am Boden. Bei dieser geringen Drehzahl wird die Schlammdecke nicht aufgewühlt. Die Zufuhr von frischem Abwasser in die Schlammdecke erzeugt nach einer kurzen anoxischen Phase anaerobe Bedingungen mit Bio-P-Freisetzung. Zusätzlich fördern diese anaeroben Bedingungen die Umwandlung von bCOD1 in rbCOD2 in der Zulaufzone (Zone 1) des Reaktors mit anaerober Aufnahme von rbCOD und/oder anoxischem Abbau desselben. Das minimiert die aerobe Aufnahme von rbCOD und schafft die optimalen biochemischen Bedingungen für die Zunahme des aeroben Granulärschlamms.
Phase 5 Befüllen/Dekantieren/ Langsames Rühren 2 (FDPh2)
Im letzten Schritt des SBR-Prozesses werden die Zufuhr von Abwasser in die Schlammdecke und der langsame Betrieb des Rühr- und Begasungssystems fortgesetzt. In der Schlammdecke werden nun die für Bio-P erforderlichen anaeroben Bedingungen geschaffen. In dieser letzten Phase beginnt das iDEC-Klarwasserabzugssystem den aufbereiteten Ablauf zu dekantieren, ohne die Schlammdecke aufzuwirbeln, und verhindert so die Verunreinigung des Ablaufs mit Schlamm. In dieser Phase wird der Überschussschlamm am Beckenboden entnommen, um die für die Prozessauslegung erforderliche Schlammbelastung aufrechtzuerhalten. Sobald der Dekantierzyklus abgeschlossen ist und das gewünschte Volumen dem Reaktor entzogen wurde, hebt sich der Dekanter in seine Ruheposition über der Wasseroberfläche und der Zyklus beginnt von vorne.
Betrieb mit kontinuierlichem Durchfluss
Der SBR-Prozess verbindet auf einzigartige Weise die Vorteile eines chargenweisen Betriebs mit einem herkömmlichen kontinuierlichen Durchfluss in der gesamten Anlage. Große Ausgleichsbecken vor den Bioreaktoren werden überflüssig und verringern somit den Platzbedarf der Anlage.
Modulares Design
Die SBR-Anlagen basieren auf einem modularen Design. Die einzelnen Module bestehen aus einem Einzel- oder Doppelstrang von Rührwerken/Belüftern sowie 3, 4, 5 oder mehr in Reihe. Die Größe der gewählten Grundmodule ist abhängig von der erforderlichen Gesamtkapazität der Anlage, den Bedingungen vor Ort und der allgemeinen Auslegung. Anlagendesigns mit mehreren individuellen Modulen bieten eine größere Flexibilität und höhere Betriebssicherheit.
Reaktordesign
Das Reaktordesign ist für diesen speziellen Prozess und die verwendete Ausrüstung optimiert. Es ermöglicht maximalen Stofftransport und optimales Reaktorverhalten, hat einen geringen Platzbedarf sowie eine hohe Betriebssicherheit und Leistung. Bei der Auslegung der Reaktoren einer Granulärschlammanlage kommen moderne strömungsmechanischen Simulationsinstrumente sowie dynamische Simulationsmodelle für die Optimierung der Gesamtprozessleistung und der spezifischen Belastungszustände zum Einsatz.
Prozessauslegung
Dieser Prozess ermöglicht die aerobe Erzeugung von Granulärschlamm bei kontinuierlichem Durchfluss. Dies gelingt nur mithilfe unabhängiger, nacheinander geschalteter Rührzonen, wie sie mit dem Rühr- und Begasungssystem und den zyklischen Prozessbedingungen erzeugt werden können.
Komplettangebot zur Abwasserreinigung
Dank seinem verfahrenstechnischen Know-how kann Invent seine Produkte optimal in die Anforderungen der Anwender anpassen. Das Unternehmen bietet Zuflussverteilungssystem, Rühr- und Begasungssystem, SBR Dekantiersystem, Überschussschlammabzugssystem, Highspeed-Turbogebläse, Rautenfilter sowie Mess-, Steuer- und Regelsysteme. Jedes dieser Produkte kann an die individuelle Anlage und Anwendung angepasst werden. Ein umfassendes Hard- und Software-Paket kann mit Montageüberwachung, Inbetriebsetzung der Anlage und Schulung des Personals zu einem SBR-Paket vervollständigt werden. Der Anbieter nennt dies im Falle einer konventionellen Prozessauslegung iSBR und bei einem Granulärschlammverfahren iGSR. Diese Komplettsysteme können in allen gängigen Abwasserreinigungsanwendungen eingesetzt werden, bspw. für die kommunale oder industrielle Abwasserreinigung, die Deammonifikation oder das Granulärschlammverfahren.
bCSB: biologisch abbaubarer chemischer Sauerstoffbedarf
rbCSB: biologisch leicht abbaubarer chemischer Sauerstoffbedarf
Autoren: Peter Huber, Marcel Huijboom und Marcus Höfken, Invent Umwelt- und Verfahrenstechnik Deutschland
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