Gleitschieberventile regeln Druck und Durchfluss bei der Aktivkohlefiltration per Umkehrosmose
Sauberes und günstiges Trinkwasser für eine ganze Region
Aus Brackwasser des Brügge-Ostende-Kanals gewinnt der Wasserversorger Farys das Trinkwasser für die Stadt Ostende und ihre Umgebung. In der aktuellen Ausbaustufe des von Veolia Water Technologies gebauten Wasserwerks können pro Stunde bis zu 1.200 m³ Trinkwasser direkt in das Leitungsnetz eingespeist werden. Die Anlage des Spezialisten für Wasseraufbereitung ist die größte belgische Trinkwasserproduktionsanlage mit Umkehrosmose-Technologie. Ihre Produktionsgeschwindigkeit zählt zu den schnellsten der Welt. Die Anlage ist sehr flexibel und kann bei unterschiedlichen Kanalwasserqualitäten eingesetzt werden. Zudem läuft der gesamte Prozess mit deutlich reduzierten Energiekosten ab.
Frederik Debaillie, der verantwortliche Projektmanager bei Veolia Water Technologies Belgium, beschreibt den Prozess wie folgt: „Das Kanalwasser wird in acht Stufen behandelt. Bei der Grob-, Fein- und Mikrofiltration werden zunächst alle Schwebeteilchen, mikrobiologischen Stoffe und pathogenen Mikroorganismen entfernt. Bei der anschließenden Umkehrosmose filtern feinporige, halbdurchlässige Membranen Mikroverunreinigungen bis zu Teilchengrößen von 0,1 nm sowie auch Mineralien und Salze.“ Was übrig bleibt, sind Wassermoleküle. Dieses Wasser wird durch Aktivkohlefilter geleitet und nach der Einleitung von Kohlenstoffdioxid mit Kalkstein remineralisiert. Schließlich wird es mit UV-Licht desinfiziert und danach chloriert. Das Ergebnis – Trinkwasser in höchster Qualität – wird über Pufferspeicher ins Leitungsnetz eingespeist.
„Der Betreiber des Wasserwerks wollte eine wirtschaftlich arbeitende Anlage. Überall war also maximale Energieeffizienz gefragt – auch bei den Regelventilen“, erläutert Tristan Lejeune, Sales Manager International bei Schubert & Salzer Control Systems. „Zugleich handelt es sich bei der Umkehrosmose und den anschließenden Prozessstufen um anspruchsvolle Anwendungen. Hier bestehen besondere Herausforderungen an Regelpräzision und Reaktionsgeschwindigkeit der eingesetzten Ventile.“
Gleitschieberventile schützen wirkungsvoll vor Schäden
„Bei der Umkehrosmose ist die genaue und schnelle Druckregelung sehr wichtig“, betont Veolia-Ingenieur Debaillie. „Die hochempfindlichen Filterschichten sind in Druckrohren aufgerollt. Druckstöße und zu große Durchflussmengen müssen sicher verhindert werden. Selbst kleinste Überschwingungen bei der Regelung könnten die teuren Membranen beschädigen. Deshalb setzen wir in jeder der zwölf Umkehrosmose-Einheiten je ein DN125- und ein DN50-Gleitschieberventil von Schubert & Salzer Control Systems zur Druckregelung ein.“ Sie gewährleisten die exakte Regelung der hohen Prozessdrücke, die erforderlich sind, um den osmotischen Druck des Brackwassers auszugleichen und die Umkehrosmose in Gang zu halten.
Ausschlaggebend für die hohe Präzision und die kurzen Ansprechzeiten der Gleitschieberventile ist ihr spezielles Konstruktionsprinzip. Die Gleitschiebertechnologie regelt den Durchfluss in Millisekunden, indem zwei senkrecht zur Strömungsrichtung angeordnete, geschlitzte Dichtscheiben übereinander verschoben werden. Der pneumatische Antrieb muss ausschließlich die Gleitreibung zwischen den beiden Scheiben überwinden. Die benötigte Stellkraft ist dadurch bis zu 90 % geringer als bei anderen Ventilbauarten. Die Antriebe können entsprechend viel kleiner dimensioniert und der Bedarf an Steuerluft reduziert werden. Gleichzeitig schonen die kurzen Hübe von nur wenigen Millimetern und die geringen bewegten Massen des Drosselorgans den Antrieb und die Spindelabdichtung.
Material- und Energieeffizienz unterstützen Gesamtwirtschaftlichkeit
„Das spezielle Konstruktionsprinzip der Gleitschieberventile wirkt sich doppelt positiv auf Gewicht und Abmessungen aus. Einerseits sind die Ventile durch die Zwischenflanschbauweise und die kleineren Antriebe kompakter und leichter.
ndererseits erlauben die deutlich besseren Durchflusseigenschaften aufgrund der besonders hohen KVS-Werte aber auch den Einsatz geringerer Nennweiten, wodurch die eingesetzten Ventile nochmals kompakter und leichter ausfallen als gängige Alternativlösungen“, erklärt Lejeune. So wiegen die 45 Gleitschieberventile in der Anlage zusammen gerade einmal 1.100 kg. Sitzventile hätten im Vergleich ein Gewicht von rund 5 t auf die Waage gebracht. Dieser Unterschied ist erheblich und hat durch Ressourcen- und CO2-Einsparung positive Auswirkungen über den gesamten Lebenszyklus des Ventils – von der Herstellung über den Transport bis zum Betrieb in der Anlage. Auch der Wartungsaufwand und damit die Betriebskosten verringern sich durch die kompakteren Abmaße und das geringe Gewicht.
„Ein ausschlaggebender Punkt waren auch die langen Standzeiten der Gleitschieberventile. Diese ergeben sich z.B. aus der Tatsache, dass sie die schädigenden Folgen der Kavitation neutralisieren“, schildert Lejeune. In alternativen Sitzkegelventilen verursachen implodierende Kavitationsbläschen oft kostenintensiven Verschleiß durch Erosion. „Durch die spezielle Konstruktion der Gleitschieberventile ohne Strömungsumlenkung, implodieren die Kavitationsbläschen ein bis zwei Meter hinter dem Ventil in der Rohrleitung. Diese kann problemlos so gestaltet werden, dass keine schädigende Wirkung von der Kavitation ausgeht. Dazu reicht es, das Rohr nach dem Ventil ein kurzes Stück gerade auszuführen“, ergänzt Lejeune.
„Die Regelventile bleiben auch bei Wasserschlägen eher unbeeindruckt“, beschreibt Debaillie einen weiteren Vorteil. Die Kraft eines eventuell auftretenden Wasserschlags im Rohrleitungsnetz überträgt sich nicht auf den Antrieb der Gleitschieberventile, so dass dieser durch Druckspitzen nicht beschädigt werden kann.
Gleichmäßige Auslastung durch hochpräzise Stellungsregler
„Bevor das behandelte Wasser ins Leitungsnetz der Region eingespeist wird, setzen wir DN150-Gleitschieberventile bei der Aktivkohlefilterung und der Remineralisierung mit Kalkstein und CO2 ein“, fügt Debaillie hinzu. Auch hier gewährleisten die hochpräzisen Stellungsregler von Schubert & Salzer in Kombination mit den Gleitschieberventilen eine äußerst genaue Durchflussregelung, so dass die acht Aktivkohlefilter und 13 Remineralisierungstanks gleichmäßig ausgelastet werden. In dieser Anwendung erweist sich eine lineare Durchflusskennlinie als besonders geeignet für die Regelung der Durchflussmengen, um den Prozess stabil zu halten.
Sichere, regionale Wasserversorgung gewährleistet
Mit einem Output von durchschnittlich 24.000 m³ pro Tag leistet die Anlage einen wichtigen Beitrag zur sicheren und wirtschaftlichen Trinkwasserversorgung der Menschen in der Region Ostende. Phasen von Wasserknappheit – wie Belgien sie in den vergangenen Sommern erlebt hat und die durch den Klimawandel noch häufiger auftreten werden – sollen zukünftig vermieden werden. Farys plant aus diesem Grund bereits eine zweite, ähnliche Anlage in Nieuwpoort.
Autor: Sandro Caravita, Marketing Schubert & Salzer Control Systems