Nachhaltige Chemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen
16.03.2021 - Innovative Technologie ermöglicht vorteilhafte Produkte der Oleochemie
Die Kanzler Verfahrenstechnik Gruppe (KVT) beschäftigt sich bei der Glaconchemie seit 15 Jahren mit der Produktion von hochwertigen Glycerinqualitäten und seit 10 Jahren mit der Technologie der rückstandsfreien Herstellung von Epichlorhydrin über Glycerin. Derzeit wird bei der Tochterfirma Alteqo (ein 50%iges Joint Venture von KVT und Chemcom) die größte Anlage zur Herstellung von Ketalen und Formalen auf Glycerinbasis in Betrieb genommen und gleichzeitig eine neue Generation von Weichmachern entwickelt.
Die Oleochemie stellt den Bereich der Industriechemie dar, in dem natürliche Öle und Fette als Rohstoff verwendet werden. Dies hat in den letzten Jahren großes Interesse geweckt, da einige der von ihr gelieferten Produkte bevorzugte Eigenschaften aufweisen und vergleichbare Ergebnisse mit konventionellen Produkten erzielt wurden. Zusätzlich handelt es sich dabei um sichere und nachhaltigere Chemikalien durch welche gesundheitlichen und ökologischen Herausforderungen von fossilen Rohstoffen entgegengetreten werden kann. In der Vergangenheit standen umständliche Herstellungsprozesse und ein Mangel an ausgereiften Technologien dem Durchbruch der Branche im Weg. Mittlerweile wurden jedoch zahlreiche petrochemische Produkte durch Produkte biologischen Ursprungs ersetzt, welche weder toxische Eigenschaften aufweisen noch eine Bedrohung für die Umwelt darstellen.
Die Oleochemie Sparte von KVT widmet sich seit 2004 der Herstellung von nachhaltigen Chemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen. Neben wirtschaftlichen Aspekten, liegt der Fokus in der Technologieentwicklung vor allem in der Kreislaufschließung und Vermeidung negativer Umweltauswirkungen. Von der Glyzerinmarkt-Expansion durch die erste Biodiesel-Welle beflügelt, wird bei dem Tochterunternehmen Glaconchemie in Merseburg Glyzerin in hochwertigster Qualität hergestellt und in Anwendungen von der Zahnpasta bis zur Hautcreme und von der Pharmazie bis zur Konfekt-Herstellung eingesetzt.
Diese rein pflanzlichen nicht GMO-basierten Glyzerin-Rohstoffe werden in Europa immer mehr von Glyzerinqualitäten überflügelt, die aus der Biodiesel-Herstellung aus Altspeiseölen (UCO) stammen und daher nur für technische Anwendungen in Frage kommen.
Glyzerin verdrängt Propylen bei der Herstellung von Epichlorhydrin
Durch die Verfügbarkeit von preiswertem Glyzerin aus der UCO und Palmöl-Verarbeitung ist dieses dauerhaft wirtschaftlicher als Rohstoff für die Epichlorhydrin-Produktion einzusetzen als Propylen. Richtig durchgesetzt hat sich die Produktion aus Glyzerin aber erst, als die chinesischen Umwelt-Gesetzgebungen die Abgabe der Abwässer aus dem Propylen Verfahren unmöglich machten.
Das Epiprovit-Verfahren der KVT mit seinem integrierten Verfahren zur Hochdruck-Oxidation der Sole aus der Verseifung ermöglicht es nämlich, einerseits die Solemenge um 90% zu reduzieren und andererseits diese so effizient (99,9 %) zu reinigen, dass die Sole wieder in Chlor-Alkali-Elektrolyse Anlagen als Rohstoff zur Produktion von Natronlauge und Chlor eingesetzt werden kann.
Der Wert der rückgewonnenen Sole deckt dabei vollständig die durch die Rückgewinnungsanlage entstehenden Kosten. Ursprünglich wurde dieses Verfahren entwickelt, um das verunreinigte Abwasser der Epichlorhydrin Produktion zu reinigen, welche toxisch für biologische Kläranlagen sind. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass die Technologie auch für die Reinigung anderer Abwässer wie jener aus der Produktion von Epoxidharz oder Propylenoxid geeignet ist. In der Regel enthält die verunreinigte Sole Salz in hohen Konzentrationen und organische Verunreinigungen wie Kohlenwasserstoffe, Sauerstoff, Stickstoff und chlorierte Verbindungen. Die gereinigte Sole kann zur Wiederverwendung in anderen Prozessen zurückgeführt und somit einer stofflichen Verwertung zugeführt werden.
Diese Solereinigung ist aktuell in Betrieb oder in Umsetzung für Epichlorhydrin-Produktionen mit einer Gesamtkapazität von weltweit rund 700.000 t/Jahr und sorgt für eine Rückgewinnung von rund 550.000 t Natriumchlorid/Jahr. In Summe ist diese Technologie das beste Beispiel dafür, dass umweltverträgliche Verfahren durchaus auch wirtschaftlich sein können und es eine effiziente Nutzung und Rückgewinnung von Ressourcen zu fördern gilt.
Ketale und Formale vom Glyzerin bringen interessante Lösemitteleigenschaften
Solketal, wie Isopropylidenglyzerin im Sprachgebrauch genannt wird, ist seit Jahrzehnten als geruchloses und hautverträgliches Lösemittel und Lösungsvermittler zwischen polaren und unpolaren Flüssigkeiten beliebt. Bisher ist es aber schwer verfügbar und findet noch nicht diese Aufmerksamkeit, die es eigentlich verdient.
Als „Glycasol“ bringt die 50% Tochtergesellschaft Alteqo aus Farmsum NL bis zu 20.000 t/Jahr auf den Markt, das neben dem Einsatz in Kosmetikprodukten als Lösemittel für biogene Wirkstoffe, Geruchsstoffe, Reinigungsmittel, Antioxidantien zum Einsatz kommt. Im ähnlichen Herstellungsprozess wird auch Glycamal (Glyzerinformal) hergestellt, das in der Veterinärmedizin, als Lösemittel und Buildingblock für interessante Synthesen zur Verfügung steht.
Weichmacher können auch dem Umweltschutz dienen
Glycasoft der Weichmacher entsteht aus Glyzerinprodukten, Pflanzenöl und Kohlendioxid und kann in den bekannten Anwendungen nicht nur durch seine ungiftige Umweltfreundlichkeit und seine den üblichen Phtalaten ebenbürtige Verarbeitbarkeit punkten, sondern übertrifft diese sogar in wesentlichen Eigenschaften wie Temperaturbeständigkeit und Migrationsverhalten.
Durch die Einbindung von Kohlendioxid in die Molekülstruktur werden nicht nur die Eigenschaften des Weichmachers verbessert, sondern auch ein Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase geleistet. So wird auch „Greta Thunberg“ ihre Freude daran haben. KVT hat es sich zur Aufgabe gemacht, sinnvolle Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe herzustellen.
Autoren: Walter Kanzler und Florian Kanzler, Kanzler Verfahrenstechnik (KVT), Graz, Österreich