Im Industriepark Kalle-Albert in Wiesbaden ist die Transformation des Lernens in Bewegung
Auch zu Corona-Zeiten konnten fast alle Lehrstellen besetzt werden
Auf dem 96 ha großen Produktionsstandort am Rande der hessischen Landeshauptstadt organsiert und entwickelt die Betreibergesellschaft des Parks auch den Fachkräftenachwuchs mit Fokus auf die Chemie- und chemienahen Unternehmen am Standort und in der Region. Gelehrt wird in großzügigen Einrichtungen, zu denen Werkstätten und ein modern ausgestattetes Technikum zählen.
Insgesamt knapp 30 Verbundpartner nutzen die infrastrukturell nah angebundenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für rund 20 technische, naturwissenschaftliche und kaufmännische Berufe, die für die diversen Produktionsbetriebe mitsamt angeschlossenen Gewerken erforderlich sind. Das Bildungszentrum ist der größte Industrieausbilder im Kammerbezirk der IHK Wiesbaden.
Wie alle Berufsbildungszentren und Ausbildungsbetriebe traf das Corona-bedingte Kontaktverbot im März auch die etwa 300 Auszubildenden und deren Ausbildenden in Wiesbaden überraschend. Für die Dienstleistungseinheit entstand eine neue Situation in einem ohnehin dynamischen Spannungsfeld. Es galt, die Entwicklung solider Fachexpertise sicherzustellen – aber ohne die gewohnten Rahmenbedingungen. Das Ausbildungsmarketing musste ohne Jobmessen funktionieren, Lehr- und Ausbildungsaufträge für Industriekunden ohne Präsenzveranstaltungen wahrgenommen und Prüfungen neu organisiert werden. Dabei stand der Gesundheitsschutz an oberster Stelle.
Das BIZKA schaltete während des Lockdowns den Kontakt mit den Auszubildenden fast nahtlos von überwiegend analog plus ein bisschen digital auf fortan fast ausschließlich digital. Genutzt wurden dafür unterschiedliche Kanäle, die entweder bereits existierten oder mit Unterstützung der hausinternen IT hinzugeschaltet wurden. Lizenzen mussten beschafft, Endgeräte bereitgestellt und viel ausprobiert werden. Das Ausbildungspersonal, das gewohnt war, Azubis und Weiterbildungsteilnehmern im Lehrraum und an der Werkbank zu begegnen, stellte sich engagiert und erfolgreich der notwendigen Anpassung an die neue Situation.
Digitalisertes Lernen
Die angestoßene Digitalisierung der Ausbildungsangebote wurde immens beschleunigt. Was noch vor wenigen Monaten als Wunschprogramm existierte, gibt es heute mitunter in 5K-Qualität zu Hause mit direktem Draht zum Bildungszentrum: Schnelles Internet, VPN-Zugänge und Webcams. Das vorläufige Ergebnis des rasanten Veränderungsprozesses sind neue und mittlerweile fast selbstverständlich gewordene, umfängliche digitale Lernräume, die sicher nicht mehr abgeschaltet, sondern ausgebaut werden.
Doch der Sprint in Richtung digitaler Neuzeit war anspruchsvoll: eLearning-Plattformen wie „eCademy“ wurden angeschafft, um Prüfungsinhalte in neue Formate zu transferieren. Anschließend wurden diese eingeübt, nicht zuletzt, um sie dauerhaft in die Ausbildung zu integrieren. Eine dezentrale, webbasierte Ausbildungsmanagementsoftware, die schon vor der Pandemie zum Einsatz kam, ermöglicht eine effiziente Anpassung an veränderte Versetzungspläne. Nicht zuletzt wurde das mobile Arbeiten im Ausbildungsbetrieb aufgewertet. Zweifellos setzte die Lockdown-Situation positive Impulse für die Differenzierung einer sich rasch modernisierenden Arbeitswelt.
Die Elemente des Remote-Lernens und der Distanzkommunikation etablierten sich rasch und wurden zumeist als willkommene Flexibilisierung und Ergänzung der Ausbildung gewertet. Dazu gehörte auch, dass sich Lehrende und Lernende, virtuell, auch außerhalb der üblichen Zeiten und während der Sommerferien immer wieder per Klick digital zusammenfinden konnten, wenn es Kommunikationsbedarf gab.
Für die Auszubildenden hatte die Pandemie-Situation unterm Strich keine Nachteile. Alle Prüfungen konnten abgelegt werden. Zum Ausbildungsende wurden 35 Auszubildende in ihre Berufe entlassen. Die allermeisten wurden von ihren Ausbildungsfirmen im Industriepark übernommen.
Zudem gelang es für das neue Ausbildungsjahr erfolgreich auf digitale Kanäle und soziale Medien zurückzugreifen. Unterstützung gab es von Seiten der Verbände und der Politik. So informierte sich der hessische Kultusminister Alexander Lorz über die Ausbildungsmöglichkeiten im IP Wiesbaden und warb bei einem Pressegesprächs gemeinsam mit der IHK für die kurzfristige Aufnahme einer dualen Ausbildung. Von den rund 75 Standortunternehmen nahmen mit InfraServ Wiesbaden und Tylose zwei große Ausbildungsbetriebe an der Veranstaltung teil.
Die IHK Wiesbaden organisierte ein digitales Azubi-Speed-Dating, um die letzten freien Ausbildungsplätze zu besetzen. Bei der digitalen Veranstaltung hatten Unternehmen und Bewerber die Chance, sich unverbindlich kennen zu lernen und zu prüfen, ob sie zueinander passen könnten. Das vielschichtige Ausbildungsmarketing zeigt Früchte: Auch im schwierigen Corona-Jahr konnten fast alle Lehrstellen besetzt werden.
„Die Aus- und Weiterbildung hat sich als krisenstabil erwiesen“
Statement von Bodo Wünsch, InfraServ Wiesbaden, Leiter Bildungszentrum
„Während der Corona-Lockdown-Phase konnten wir schnell und flexibel agieren. Zu keinem Zeitpunkt stand das Team vor unlösbaren Herausforderungen. Die neue Situation erforderte enorm viel Engagement und Kreativität. Oberstes Ziel war der Gesundheitsschutz. Es galt aber auch, den Ausbildungsbetrieb und damit die Berufschancen unserer Azubis aufrechtzuerhalten. Ohne die beschleunigte Digitalisierung wäre die Bewältigung dieser Aufgaben undenkbar gewesen.
Jetzt kommt es darauf an, das hinzugewonnene Selbstvertrauen und die neuen Arten der Kompetenzvermittlung als permanente Aufforderung anzunehmen. Wir sehen die Chancen für Transformationen. Nicht zuletzt lassen sich aus dem digitalen Wandel wichtige Wertschöpfungsbeiträge ableiten.
Wünschenswert sind Bildungsinvestitionen, die neben der reinen Bedarfsdeckung die infrastrukturelle Mängelbehebung und Themen der Demographie adressieren. Gefragt sind Unterstützungen, um die Talententfaltung in digitalen Räumen als strategische Aufgabe im Bildungssystem zu verankern und die digitalen Optionen über Fach-, Raum- und Unternehmensgrenzen hinweg in bewährte Ansätze zu integrieren.“
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