Digitale Versuchsplanung: Prozesse verbessern und Kosten minimieren
Interview mit Bernd Heinen, JMP, über den Einsatz statistischer Datenanalyse in Forschung und Entwicklung
Oft werden die Begriffe „Datenanalyse“ oder „Statistik“ als abschreckend empfunden. Dabei birgt gerade ein systematisches Vorgehen ungeahnte Potenziale für Wissensgewinn, Effizienzsteigerung und Arbeitserleichterung. Ralf Kempf befragte Bernd Heinen, Statistiker und Experte für JMP, wie man mithilfe von Data-Mining-Techniken in Verbindung mit der Versuchsplanung kosteneffizient Versuche definieren und so ein Problem schnell und einfach lösen kann.
CHEManager: Herr Heinen, können Sie den Begriff Versuchsplanung kurz erläutern?
Bernd Heinen: Bei der Versuchsplanung geht es darum, Experimente zu planen, mit deren Ergebnissen man zuverlässig eine Aussage über den Zusammenhang von Faktoren und Zielgrößen treffen kann. Zum Beispiel über das Zusammenspiel von Mischungskomponenten auf die Farbbeständigkeit oder Schlagfestigkeit von Lacken, oder das von Umwelt- und Betriebsbedingungen auf den Ausstoß von CO2 von PKW. Versuchsplanung berechnet die erforderlichen Experimente so, dass die Aussagen mit möglichst wenig Experimenten getroffen werden können.
Wozu können geplante Versuche dienen, wenn bereits Daten vorliegen?
B. Heinen: Aus bereits vorliegenden Daten können wir Hypothesen ableiten oder Anhaltspunkte gewinnen. Aber nur über die systematische Variierung der Einflussfaktoren erlangen wir Gewissheit.
Wie kann ein Prozess optimiert werden, für den mehrere Zielgrößen unterschiedliche Spezifikationen erfüllen sollen?
B. Heinen: Alle diese Zielgrößen werden in den durchgeführten Versuchen gemessen. Anschließend werden die Zusammenhänge zwischen den Faktoren und den Zielgrößen mit einem mathematischen Modell beschrieben. Dieses wiederum wird genutzt, um die Faktoreinstellungen zu berechnen, mit denen man den gewünschten Spezifikationen am nächsten kommt. Das müssen im Übrigen nicht unbedingt Werte sein, die auch tatsächlich in den Versuchen vorgekommen sind! Man berechnet ein mathematisches Optimum, das anschließend durch Bestätigungsversuche überprüft werden sollte.
Warum ist es wichtig, dass zu untersuchende Faktoren gemeinsam in einem Versuchsplan erscheinen?
B. Heinen: In fast allen Situationen beeinflussen die Faktoren die Zielgrößen nicht unabhängig voneinander, es bestehen Wechselwirkungen. Wenn man einen Kuchen in kurzer Zeit backen möchte, dann reicht es nicht, die Temperatur des Ofens hoch zu setzen; man muss auch die Backzutaten so abstimmen, dass der Kuchen in der kurzen Zeit garen kann. Nur wenn alle einflussreichen Faktoren nach einem einheitlich geplanten Versuchsplan getestet werden, kann man diese Wechselwirkungen aufdecken und nutzen.
Ist Versuchsplanung nur in Forschung und Entwicklung relevant?
B. Heinen: Versuchsplanung spielt in allen Situationen eine Rolle, in denen man etwas verändern will oder muss. Dabei ist es gleich, ob man etwas Neues entwickeln möchte, wie zum Beispiel eine Beschichtung mit speziellen Anforderungen, ob man für die Prozesssteuerung eines Bioreaktors die optimalen Einstellungen zur Steigerung des Ertrags sucht oder ob man Qualitätsmängel im Rahmen eines Six-Sigma-Projektes beheben will. Versuchsplanung ist eine zentrale Komponente in allen Phasen des Lebenszyklus eines Produktes oder einer Dienstleistung.
Welche Vorteile können sich aus der Versuchsplanung ergeben?
B. Heinen: Versuchsplanung ist die statistische Anwendung, die, für sich genommen, den größten Effizienzgewinn verspricht. Sie ist das einzige Vorgehen, das die Suche nach Antworten planbar macht und definitiv den geringsten Aufwand erfordert.
Am 19. März 2019 um 11:00 Uhr (MEZ) findet ein kostenloses Webinar statt, in dem Bernd Heinen zum Thema Datenanalyse für angewandte Naturwissenschaftler und Ingenieure referiert. Unter bit.ly/Versuchsplanung finden Sie ausführlichere Informationen und können sich für das Webinar registrieren.