Automatisierte modulare Produktion
GEA und Siemens entwickeln gemeinsam Kommunikationsstandard MTP
Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Flexibilität – das ist das Versprechen modularer Anlagenkonzepte. Intelligente Module und offene Schnittstellen sind die Voraussetzung dazu. Siemens und GEA arbeiten jetzt im Digitalisierungs-Projekt „Module Type Package“ (MTP) zusammen, um den Weg von MTP zum Branchenstandard zu beschleunigen.
Modulare Anlagenkonzepte sind in der Wirklichkeit angekommen. Davon ist Felix Hanisch, Leiter Industrial Automation, Engineering & Technology bei Bayer in Leverkusen und Vorstandsvorsitzender der NAMUR, überzeugt. Allen Konzepten gemeinsam ist die Frage, wie neben der prozesstechnischen Verschaltung auch eine effiziente und herstellerunabhängige Kopplung der Automatisierung realisiert werden kann. Die Lösung soll MTP werden – der „Standard-Stecker für modulare Anlagenkonzepte“.
MTPs beschreiben die Eigenschaften von Prozessmodulen funktional, das heißt hersteller- und technologieneutral. Siemens und GEA wollen jetzt die Rolle des Innovationstreibers einnehmen, um MTP zum Branchenstandard zu machen. Unter dem Stichwort „Standardisierung“ demonstrieren die Projektpartner am Beispiel eines Separators, wie der normierte Austausch von Daten zwischen dem Automatisierungssystem und dem Engineering-System für kürzere Markteinführungszeiten, mehr Flexibilität, gesteigerte Produktqualität und Effizienz sorgt.
Wenn Maschinen und Plattformen MTP sprechen
Was bisher in Arbeitskreisen von Namur, ZVEI, Dechema, VDI und VDMA theoretisch vorbereitet wurde, erhält im Digitalisierungs-Projekt „Module Type Package“ (MTP) der Technologiekonzerne GEA und Siemens nun die wichtige Prozessperspektive. Siemens stellt dafür das übergeordnete Prozessleitsystem und die Modulautomatisierung, GEA ist Praxispartner mit großer Anwendungsexpertise. „Seit mehr als 20 Jahren stellen wir modulare Produkte her, denn jede einzelne Komponente – sei es ein Separator, ein Homogenisator, ein Pasteur, eine Trocknungsanlage – muss in das übergeordnete Automatisierungssystem der gesamten Anlage integriert werden“, erklärt Matthias Wiemann, Head of Automation and Controls für die GEA Separatoren. „Wenn nun sowohl das Leitsystem als auch die einzufügenden Komponenten die gleiche Sprache sprächen, ginge das ähnlich reibungslos wie heutzutage ein Drucker durch einen Druckertreiber in Microsoft eingebunden werden kann.“ Diese gemeinsame Sprache soll das Informationsprotokoll MTP sein. MTP wäre dann eine genormte Schnittstelle, dank der sich intelligente Maschinen in eine Gesamtanlage integrieren, um bspw. die Produktion flexibel anzupassen.
Standardisierte industrielle Kommunikation
Während sich OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) als offener, ethernetbasierter Standard für die Maschinenkommunikation bereits etabliert hat, soll nun die MTP-Schnittstelle Informationen zu allen Moduleigenschaften, Zustandsbeschreibungen, zum Stylesheet der Abbildungen am Bedienpaneel, zu Diagnosetools und zum Alarm-Handling übermitteln. Statt wie bisher den Anwender mit einer langen Datenaustauschliste und Hardware-Kontaktbeschreibungen mühevoll zur Integration der Maschinen in die übergeordnete Anlage anzuleiten, macht MTP die Arbeit des Systemintegrators deutlich einfacher und schneller. „MTP ermöglicht eine kontinuierliche, sichere Datenverwaltung, die dem Anwenderwunsch nach Flexibilität und Dokumentationsfähigkeit Rechnung trägt. Dank MTP sieht der Kunde die richtigen Informationen an der richtigen Stelle“ erklärt Wiemann. „Das ist eine Offenheit, die man natürlich zulassen muss“, gibt Christoph Schröder, zuständiger Vertriebsingenieur bei Siemens, zu Bedenken. „Aber die Vorteile für die Anwender sind unbestreitbar.“ So sind Visualisierung und Bedienung anlagenweit einheitlich und unabhängig vom Hersteller. Das übergeordnete System steuert dann die Einzelkomponenten im Gesamtprozess. Dieses Zusammenspiel führt zu ganz neuen Dimensionen an Flexibilität: Prozessabläufe lassen sich ohne großen Aufwand verändern, Module hinzufügen oder entfernen und so Produktionsmengen effizient anpassen.
Was der Markt will, das können Hersteller mit MTP sehr kurzfristig leisten. „Endkunden profitieren von mehr Flexibilität bei gleichzeitig wesentlich geringerem Zeit- und Kostenaufwand im Engineering, der Inbetriebnahme oder bei Produktions- bzw. Prozessanpassungen“, zählt Uwe Börner auf, der GEA als Global Account Manager bei Siemens betreut.
Flexible Prozessintegration fürs Anlagen-Engineering
Für GEAs Kunden aus der Chemie und Pharmazie ebenso wie aus der Nahrungsmittelherstellung ist ein hoher Automatisierungsgrad seit Jahrzehnten Gewohnheit, allein durch die Pflicht zur Chargennachverfolgbarkeit. Neu ist, wie reibungslos die Prozessintegration in das übergeordnete Leitsystem nach den wiederum sehr individuellen Bedienphilosophien laufen würde. Denn der Aufwand der internen Projektierung und Inbetriebnahme ist je nach Anlagenkomplexität für Anwender oft noch ein erheblicher Kostenfaktor.
GEA profitiert bereits heute durch den Einsatz von MTP: „Wir sind ja nicht nur Modulhersteller, sondern vor allem Anlagenbauer. GEA liefert schlüsselfertige Anlagen, die mit einer Vielzahl unserer Komponenten ausgerüstet sind. Als Systemintegrator werden wir mit MTP in Zukunft Anlagenprojekte sehr viel schneller realisieren können“, so Wiemann.