Logistik & Supply Chain

Wettbewerbsvorteil durch Digitallösungen verschaffen

Interview mit Klaus Alberti, Geschäftsführer, Infraserv Logistics

23.05.2018 -

Standortbetreiber und –dienstleister der Industrieparks für die chemische und Life Sciences Industrie sehen sich unter erhöhtem Kosten- und Investitionsdruck. Ursachen liegen in der stetig fortschreitenden Internationalisierung der Wertschöpfungsketten aber auch deren in zunehmender Digitalisierung. Sonja Andres, CHEManager, befragte Klaus Alberti, den neuen Geschäftsführer der Infraserv Logistics zu den Entwicklungen und neuen Herausforderungen am Standort Frankfurt.

CHEManager: Sie kennen die Infraserv Höchst und die Infraserv Logistics schon seit vielen Jahren von innen wie von außen. Was hat sich nach Ihrer Meinung in diesen Jahren im Pharma- bzw. Chemiemarkt am stärksten verändert, insbesondere aus dem Blickwinkel des Standortbetreibers bzw. –dienstleisters heraus betrachtet?

Klaus Alberti: Wir erleben in unserer Branche eine ganze Reihe von Trends, die alle Arbeitsbereiche betreffen und Rahmenbedingungen dauerhaft verändern. Die Globalisierung, vor 20 Jahren noch als Zukunftsthema gehandelt, ist mittlerweile für jedes mittelständische Unternehmen im Chemie- und Pharmabereich Teil des Alltags. Entwicklungszyklen finden in deutlich kürzeren Zeiträumen statt und die Welle der Fusionen und Unternehmenszusammenschlüsse erlebt aktuell wieder eine Beschleunigung. Das verändert die Situation in einigen Marktsegmenten ganz enorm und betrifft natürlich auch Produktionsstandorte und Dienstleister. Als Konstante bleibt, dass Qualität und Geschwindigkeit entscheidend sind.

Ein weiterer Megatrend ist der demographische Wandel, auf den Unternehmen in verschiedener Hinsicht reagieren müssen. Wir wollen Mitarbeiter körperlich und geistig fit halten, also für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen, und kontinuierliche Qualifizierungsmöglichkeiten schaffen, weil sich die Art der Arbeit stetig verändert. Wir müssen aber auch als Arbeitgeber attraktiv sein und mehr dafür tun, die richtigen Mitarbeiter zu finden und im Unternehmen zu halten. Heute können wir uns als guter Arbeitgeber differenzieren und dadurch unsere hoch qualifizierten Mitarbeiter halten und gute und motivierte neue Mitarbeiter finden. 

Aus dem Blickwinkel des Standortbetreibers sehe ich nach wie vor einen Trend zur Konsolidierung der Produktionsstandorte. Die chemische Industrie in Deutschland hat dort Zukunft, wo optimale, hocheffiziente und entwicklungsbereite Infrastrukturen vorhanden sind. Solche Standorte, die auch international wettbewerbsfähige Kostenstrukturen bieten, werden sich auch in Zukunft behaupten können.

Die größten Veränderungen in den kommenden Jahren gehen aus meiner Sicht von der Digitalisierung aus. Hier stehen wir aus meiner Sicht als Branche erst ganz am Anfang einer Entwicklung, die Arbeitswelten nachhaltig verändert und auch das Verhältnis von Produzent und Dienstleister weitreichend beeinflusst.

Haben sich hierdurch die Aufgabenbereiche der Infraserv Logistics gewandelt?

K. Alberti: Die Veränderungen der Branche betreffen die Dienstleister auch im Logistik-Bereich. Ich sehe in der Digitalisierung gerade für uns als Logistikpartner große Potenziale, wenn es um Effizienzsteigerung und die Optimierung von Wertschöpfungsketten geht. Wir haben bei Infraserv Logistics eine ganze Reihe von Projekten gestartet, um die neuen technologischen Möglichkeiten zu prüfen. Wobei wir in verschiedenen Bereichen schon heute sehr intensiv als Logistikpartner mit unseren Kunden zusammenarbeiten und dabei beispielsweise der Datentransfer und zunehmend auch die intelligente Datenanalyse eine große Rolle spielt. Aber die rasante technologische Entwicklung bietet natürlich viele neue Möglichkeiten, die wir im Blick haben.

Worin sehen Sie die dringlichsten Aufgaben in Ihrer neuen Position?

K. Alberti: Infraserv Logistics ist hervorragend für die zukünftigen Entwicklungen aufgestellt. Neben den kontinuierlichen Herausforderungen in Sachen Effizienzsteigerung werden wir einen Schwerpunkt auf das Thema Digitalisierung legen, um für unsere Kunden einen hohen Servicelevel zu halten und gleichzeitig neue Möglichleiten in einem erweiterten Leistungsspektrum anzubieten. Dazu gehören für uns kostensenkende Standards im Bereich der Lagerwirtschaft und auch zukunftsgerichtete Projekte zur Optimierung der Warenströme bis hin zu Webanwendungen auf gemeinsamen Plattformen mit unseren Kunden. Bei dem viel diskutierten Thema autonomes Fahren im Bereich Logistik sind wir mit verschiedenen Unternehmen und Start-ups im Gespräch, sehen den wirtschaftlichen Durchbruch damit allerdings noch als Herausforderung. 

Gemeinsam mit meinem Geschäftsführungskollegen Thomas Schmidt werde ich mich darauf konzentrieren, Infraserv Logistics weiter zu entwickeln und fit für die steigenden Kundenanforderungen im Wettbewerb der Zukunft zu machen. Wir haben durch das Expertennetzwerk der Infraserv-Gruppe, aber auch durch die enge Kooperation mit unseren Kunden optimale Rahmenbedingungen, neue Technologien zu erproben und bei manchen Themen eine Vorreiterrolle einzunehmen.

Lagerfläche gerade auch im Gefahrstoffbereich ist allenthalben knapp. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

K. Alberti: Ich sehe da einen großen Bedarf im Rhein-Main-Gebiet. Aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen sind nur sehr ausgewählte Standorte für ein Gefahrstofflager geeignet. Der Industriepark Höchst bietet mit seiner umfassenden Sicherheitsinfrastruktur und die herausragende Verkehrsanbindung sicherlich beste Voraussetzungen für ein Gefahrstofflager.

Wird es ein neues Gefahrstofflager im Industriepark Höchst geben?

K. Alberti: Wir arbeiten an Konzepten, um die vorhandene Lagerstruktur zukunftsorientiert weiter zu entwickeln, und wir sind bei diesem Projekt auf einem sehr guten Weg.

Der Standort Höchst ist in Bezug auf die Verkehrsmodalitäten – Straße, Schiene, Wasser, Luft – strategisch sehr günstig gelegen. Wie beurteilen Sie hier die weitere Entwicklung für den Standort und die Verkehrslogistik?

K. Alberti: Die „natürlichen“ Standortvorteile des Industrieparks Höchst mit seiner zentralen Lage, den guten Anbindungen an das Autobahn- und Schienennetz, der Nähe zum Frankfurter Flughafen und dem Main als Wasserstraße machen natürlich die Attraktivität als Logistikdrehscheibe aus. Aber das allein reicht nicht. Wir müssen die Prozesse rund um die logistische Wertschöpfungskette so schlank und effizient gestalten, dass zusätzliche Wettbewerbsvorteile für die Kunden entstehen. Wir optimieren dazu unser Portfolio kontinuierlich.

Daneben nutzen wir eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus. Hier ist auch die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen mit Blick auf die zunehmende Wettbewerbsintensität auch über die Region hinaus sorgfältig zu planen und zu gestalten. Wir müssen auch als Chemiebranche und als Logistikdienstleister darauf aufmerksam machen, dass Investitionen in Verkehrswege, in Autobahnbrücken und Schienentrassen und auch in Wasserstraßen enorm wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind. Gerade die leistungsstarken, international vernetzten Branchen wie die Chemie- und Pharmaindustrie brauchen eine funktionierende Logistik, um im globalen Wettbewerb erfolgreich sein zu können.

Gerade was Verkehrslogistik und Industrieparkzugangskontrollen betrifft, muss vermehrt über digitale Lösungen nachgedacht werden. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Zukunft standardisierter Lösungen – auch am Standort Höchst?

K. Alberti: Wie gesagt, wir arbeiten an verschiedensten Digitalisierungsprojekten, auch im Bereich der Zugangssteuerung und den damit verbundenen Prozessen. Wir haben heute schon bei der Torabwicklung, beim Ladeslotmanagement und der Transportsteuerung digitale Lösungen umgesetzt, die zu einer deutlichen Vereinfachung und Beschleunigung geführt haben, bei besserer Prozessqualität. Hier sind wir zusammen mit unseren Chemie- und Pharmakunden kontinuierlich auf der Suche nach Effizienz und Wertschöpfung. Da die Entwicklung sehr schnell voranschreitet, gibt es da immer weiteres Potenzial.

Wie sehen Sie generell die digitale Zukunft der Chemielogistik und insbesondere der Infraserv Logistics?

K. Alberti: Die Branche ist zweifellos im Umbruch, weil die Digitalisierung völlig neue Möglichkeiten und Geschäftsmodelle bietet. Nun ist die Chemielogistik aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen nicht das aller geeignetste Experimentierfeld für Neuentwicklungen. Aber wer in unserer Branche die Erfahrungen aus anderen Bereichen schnell übertragen kann, wem es gelingt, auch für kundenspezifische Anforderungen digitale Lösungen zu schaffen und somit effizienter zu werden, der hat langfristig die Nase vorn. Das wird in dem Wettbewerb der Logistikdienstleister, in dem der Kostendruck eine große Rolle spielt, erfolgsentscheidend sein. Keiner kann es sich leisten, viel Geld in teure Experimente zu investieren, aber nur wer zu den Ersten gehört, kann sich mit Digitallösungen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Als Infraserv Logistics sind wir da sehr optimistisch. Wir haben eine sehr leistungsfähige IT, die auch in anderen Arbeitsgebieten von Infraserv Höchst an Digitalisierungsprojekten arbeitet. Da können wir auch von Erfahrungen profitieren. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Kunden kennen wir deren Herausforderungen sehr genau und können maßgeschneiderte Kundenlösungen entwickeln. Und für manche Projekte ist der Industriepark Höchst als großes, aber in sich geschlossenes Industrieareal ein optimales Testumfeld. Da kommen viele Vorteile zusammen, weshalb ich mir sicher bin, dass wir im Zuge der Digitalisierung unsere Wettbewerbsposition weiter verbessern können.

Kontakt

Infraserv GmbH & Co. Höchst KG

Industriepark Höchst, Gebäude C 770
65926 Frankfurt am Main
Deutschland