Logistik & Supply Chain

Reduktion und Vereinheitlichung der Staplerflotte

Neues Intralogistik-Konzept sorgt bei Sika Deutschland für bessere Prozesse

03.05.2017 -

Passgenaue Materialflussprozesse bei einer in hohem Maße vereinheitlichten Stapler- und Lagertechnikgeräte-Flotte: Sika Deutschland erreicht dies mit einem logistischen Gesamtkonzept, das trotz kundenspezifischer Lösungen auf Vereinheitlichung setzt, sich auf eine Staplermarke konzentriert und die Geräte im Full-Service least.

Sika Deutschland, Tochterunternehmen des global tätigen Schweizer Konzerns und weltweiter Anbieter von bauchemischen Produktsystemen sowie industriellen Kleb- und Dichtstoffen, gehört zu den Unternehmen, bei denen effizientes, nachhaltiges Wirtschaften einen hohen Stellenwert besitzt. Auch die Optimierung der innerbetrieblichen Logistik ist stark in der Firmenphilosophie verankert. Ein Beispiel ist der Produktionsstandort Bad Urach am Rande der Schwäbischen Alb. Hier werden die Grundstoffe in riesigen Behältern oder Fässern angeliefert und aufgrund des hohen Platzbedarfs möglichst zügig weiterverarbeitet. In Bad Urach gibt es kein Warenlager für Fertigprodukte. Diese werden in das Zentrallager nach Stuttgart-Weilimdorf gebracht und dort kommissioniert. So docken durchschnittlich sieben Lkw pro Tag an den Verladerampen an, weitere Fahrzeuge werden im Hof beladen.

In Bad Urach machen v.a. die beengten Räumlichkeiten – enge Gassen und wenig Platz für Wendemanöver – den Logistikverantwortlichen immer wieder zu schaffen. Hinzu kommen eingeschränkte Deckentragfähigkeiten sowie niedrige Decken- und Durchfahrtshöhen. Die Fertigung unter dem Dach des historischen Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert ist in zwei große Produktbereiche unterteilt: Ein- und Zweikomponenten-Kleb- und Dichtstoffe für diverse industrielle Anwendungen auf der einen sowie Hochleistungsharze, Platten und Pasten für den Modell- und Formenbau von Automobilen, Yachten oder Flugzeugen auf der anderen Seite.

Eine weitere Besonderheit dieses Standortes ist die Lage im Herzen des Luftkurortes. Aufgrund der Nähe zum Stadtzentrum verzichtet man komplett auf den Einsatz von verbrennungsmotorischen Staplern. Zur Deckung seines Strombedarfs nutzt das Unternehmen bereits heute die Wasserkraft des durch das Werksgelände fließenden Flusses.

Auch das große Artikelsortiment ist eine Herausforderung. „Wir haben darauf ebenso wie auf schwankende Produktionsmengen mit einer entsprechenden Flexibilität unserer Prozesse zu reagieren“, berichtet Werksleiter Michael Rath. Bestimmte Produktionsbereiche unterliegen darüber hinaus der Ex-Schutzzone 1/21. Dort können sich bei Normalbetrieb gelegentlich Gemische aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln bzw. in der Luft enthaltenem, brennbaren Staub bilden. Dort eingesetzte Flurförderzeuge benötigen für alle sicherheitsrelevanten Komponenten eine EG-Baumusterprüfbescheinigung.

Einkaufsstrategie geändert

Vor rund vier Jahren beschloss das Unternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart, ein Gesamtkonzept für die Intralogistik zu entwickeln. „Damit wollten wir erreichen, dass auch die Investitionen in Flurförderzeuge und Flottensoftware stärker auf die Effizienz unserer Fertigungsprozesse einzahlen“, formuliert Attila Böhm, Flottenmanager der Sika Deutschland, die Zielsetzung. In enger Zusammenarbeit mit Werksleitern und Materialflussverantwortlichen der insgesamt sieben Produktionswerke in Deutschland definierte der Flottenmanager am Ende der Konzeptphase drei wesentliche Vorgaben für die neue Einkaufsstrategie. Die erste Entscheidung lautete: weg vom Eigentum, hin zum Leasing mit Full-Service. In enger Verbindung dazu stand der zweite Beschluss, sich auf eine Staplermarke - wenn möglich sogar standortübergreifend - festzulegen. Hierzu räumt Böhm ein, dass diese Strategie für andere Unternehmen, beispielsweise aus der Automobilindustrie, wohl nicht in Frage käme. Denn dort gehe man den bisher auch bei Sika Deutschland praktizierten Weg, die Zusammenarbeit auf eine breite Basis zu stellen und mit mehreren Flurförderzeug-Herstellern zusammen zu arbeiten. „Ganz bewusst haben wir uns aber für die andere Variante entschieden, um unsere Prozesse zu optimieren“, erklärt Böhm. Der dritte Teil der neuen Einkaufstrategie galt der Reduktion der Modellvielfalt. „Statt Geräte mit unterschiedlichen Tragfähigkeiten haben wir jetzt beispielsweise nur noch das jeweils größere Modell im Einsatz und sind flexibel.“

Hohe logistische Anforderungen

Die Entscheidung für Linde Material Handling als Generalausstatter ist nach Aussage von Werksleiter Rath sowohl auf das engmaschige Servicenetz der Linde-Vertriebspartner unter Leithändlerschaft von Schöler Fördertechnik zurückzuführen, als auch auf die einfache Handhabung der Linde-Geräte. Die Mitarbeiter wurden in den Auswahlprozess einbezogen. Dabei sollten sachliche Kriterien und Fakten den Ausschlag geben. So mussten die Staplerfahrer Bewertungsbögen ausfüllen und die Geräte unterschiedlicher Hersteller intensiven Vergleichstests unterziehen. Hierzu Rath: „Das Ergebnis am Ende war eindeutig: alle Werke haben sich mehrheitlich für Linde entschieden.“

Mittlerweile wurde die Flotte Schritt für Schritt erneuert. Beim vorerst letzten Gerät handelt es sich um einen ex-geschützten Hochhubwagen mit gekürzter Radbasis und speziellem Anbaugerät zum Greifen und Kippen von offenen oder geschlossenen Fässern. Wenn dieser sog. Fasskipper für den ex-geschützten Bereich in ein paar Wochen geliefert ist, hat das Projekt seinen vorläufigen Abschluss gefunden.

Zahlreiche Optimierungen in den Abläufen der Werkslogistik brachte u.a. das gegenüber früher deutlich vergrößerte Spektrum an Ausstattungs- und Anbauvarianten sowie kundenspezifischen Lösungen und dies trotz der Einsparung von sechs Geräten. Rund zwei Drittel der insgesamt 30 im Werk eingesetzten Stapler und Lagertechnikgeräte sind auf die besonderen Gegebenheiten angepasst. Für den Transport der zahlreichen überdimensionalen Warenträger und Behälter wurden z.B. einige Stapler und Niederhubwagen mit überlangen Gabelzinken ausgestattet. Eine weitere materialflussplanerische Neuerung, die mit dem Austausch der Flurförderzeug-Flotte seit 2013 Einzug gehalten hat ist, dass Fässer, Behälter und Paletten in ein und demselben Arbeitsschritt gewogen und zum jeweiligen Bestimmungsort befördert werden.

Reichlich Potenzial wird es mit dem bevorstehenden „Go-Live“ der Linde-Flottenmanagement-Lösung „connect:“ geben. Insbesondere von Funktionalitäten wie Zugangssteuerung, Schocksensorik und Nutzungsanalysen versprechen sich die Materialflussverantwortlichen eine weitere Optimierung der Prozesse und mehr Sicherheit im Betrieb. Damit wäre das Werk in Bad Urach erneut Pilot-Standort einer innovativen Lösung zur Prozessverbesserung. (sa)

Kontakt

Linde Material Handling GmbH

Carl-von-Linde-Platz
63743 Aschaffenburg
Deutschland