Anlagenbau & Prozesstechnik

Die vielen Gesichter von PET

Mehr Prozesskontrolle für mehr Effizienz

25.10.2016 -

Die innerhalb einer PET-Anlage gefertigte Produktvarianz führt unweigerlich zu ungewolltem Materialverlust, denn die Vielfalt der möglichen Endprodukte erfordert unterschiedliche Güteklassen des Ausgangsmaterials PET und damit jeweils andere Syntheseprozesse.

Ob in Kleidung, Möbeln, Verpackungen oder Schnullern – Polyester ist mittlerweile aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch im industriellen Umfeld tritt Polyester und insbesondere Polyethylene Terephthalat (PET) an vielen Stellen in Erscheinung, ob als Reifenverstärkung oder Förderband. Die Popularität von Polyester begründet sich durch seine vielfältigen Materialeigenschaften: ein leichtes, pflegeleichtes Material, das weich ist und warm, beständig und flexibel zugleich. Während diese Varianz an Eigenschaften für den Verbraucher allerhand Vorteile mit sich bringt, stellt sie PET-Hersteller vor ähnlich breit gefächerte Herausforderungen.

Mit einem jährlichen Volumen von 25.000 t Polyester sah eine indonesische Fertigungsanlage genau hier eine mögliche Stellschraube, um durch flexiblere Prozesse den Anteil an ungenutztem Material deutlich zu reduzieren und die Anlage effizienter zu betreiben.

Materialverlust reduzieren

Der Prozess der Herstellung von PET bietet an vielen Stellen die Möglichkeit, durch genauere Verwiegung und Messung von Durchflüssen, Füllständen und Temperaturen ein exaktes Abbild der innerhalb des Prozesses eingesetzten Materialmengen zu erhalten und die Prozesse zu optimieren.

Im Falle der indonesischen Anlage beginnt dies bereits im ersten Schritt der Produktion, in dem die drei Hauptkomponenten PTA und IPA Pulver zusammen mit Glykol zu einer Paste vermischt werden. Die Ausgangsmaterialien werden auf dem Gelände der Anlage in Edelstahlbehältern mit einem Fassungsvermögen von 75 m3 gelagert, bevor sie über Förderschnecken in entsprechender Menge Mischbehältern zugeführt werden. Um ein konsistentes Mischverhältnis zu erzielen, wird die Masse während dieses Vorganges stetig gerührt.

Das Überwachen von Füllständen in Lagerbehältern, das präzise Dosieren und der effiziente Einsatz der  Rohstoffe - die Parameter, über die sich der Primärprozess optimieren lässt, werden schnell augenfällig. Der S7-1200 Controller, der die wichtigsten Messwerte und die Prozesseffizienz im Blick behält, war daher das Herzstück der neuen, flexiblen Automatisierungslösung, die Siemens für den Kunden aufgesetzt hat. Alle Lagerbehälter wurden für optimale Verwiegungsergebnisse auf Ringtorsions-Wägezellen montiert. Der Vorteil für eine Anwendung wie das Handling von PTA: die Genauigkeitsklasse C3 und die Immunität der Wägezelle gegen Staub (IP68).  In Verbindung mit den zwei Wägemodulen konnte eine kundenspezifische Lösung für Dosieraufgaben und das Monitoring der Rohstoffe gefunden werden. Durch die Trace Funktion haben die Wägeverläufe eine weitere Optimierung erfahren. Alle gespeicherten Prozessgrößen und Zustände können nun jederzeit übersichtlich dargestellt und analysiert werden. Die Verwaltung von Rezepten und Materialparametern übernimmt die CPU.

Stabile Bedingungen in flexiblen Prozessen

In flexiblen Prozessen wie diesem setzt der Anlagenbetreiber einen individuellen Sollwert für die Gesamtproduktion. Auf Feldebene wird diese Flexibilität von Frequenzumrichtern umgesetzt, die den Materialzufluss der einzelnen Ausgangsstoffe unabhängig voneinander steuern und für stabile Prozessbedingungen sorgen. Das Glykol, die flüssige Komponente im Mischprozess, wird mit einem Coriolis Massemesser gemessen, der basierend auf der Durchflussrate ein 4-20mA Signal an die S7-1200 liefert. Die aus den Lagerbehältern entnommene Menge der Ausgangsstoffe wird durch die Wägezellen überwacht, die die Werte über eine Analogbaugruppe an den S7-1200 Controller weitergeben, um darüber einen Stellungsregler Sipart PS2 zu steuern. Gemessen an den Anteilen der PTA und IPA Pulver kann so der korrekte Anteil an Glykol beigegeben werden, um eine hochwertige Paste zu erstellen. Auch die Temperatur der Masse ist bei der Herstellung der Paste ein ausschlaggebender Faktor. Durch das Rührwerk darf nicht zu viel Wärme entstehen, die die Qualität der Paste beeinträchtigen und sie unbrauchbar machen könnte. Ein Umstand, der gerade vor dem Hintergrund der Vermeidung unnötiger Materialverschwendung gar nicht erst entstehen sollte. Dafür sorgt ein Sitrans Temperatursensor.

Um die Materialrückstände im Tank zu minimieren, werden der Mischbehälter und seine Inhalte zusätzlich von einem kapazitiven Füllstandschalter überwacht. Dank seiner hohen Schwingfrequenz ist er immun gegen Materialanhaftungen und kann daher auch in der PET Paste zuverlässig gewährleisten, dass die Masse in Gänze dem nächsten Verarbeitungsschritt zugeführt wird und kein Material im Behälter zurückbleibt.

Anlageneffizienz gestiegen

Mit dreizehn Sensoren, zwei Frequenzantrieben, drei Getriebemotoren, vier Modulen und einem HMI Touchpanel von einem Hersteller und als Teil einer durchgängigen Automatisierungslösung profitieren die Betreiber von einer deutlich verbesserten Prozesskontrolle. Drei Monate nach Inbetriebnahme der neuen Lösung wurden erste Auswertungen herangezogen, ob die neuen Geräte und das Zusammenspiel mit der Automatisierung zum gewünschten Effekt von weniger Materialverlust und höherer Effizienz beigetragen haben. Das Ergebnis: die Anlageneffizienz war innerhalb dieses Zeitraumes um 27 % gestiegen – aufgrund des zurückgegangenen Materialverlustes und des optimierten Energieverbrauches. Die verlässlicheren Messwerte und Diagnosefunktionen machten es darüber hinaus möglich, die Geräte nun auf einer stärker präventiven statt nur reaktiven Basis zu warten. Ein Zugewinn, der aufgrund der geringeren Anlagenstillstandzeiten eine bessere Verfügbarkeit und Auslastung der Anlage ermöglicht.

Das produzierte PET dient anderen Herstellern anschließend zur Produktion der Plastikprodukte, die wir aus unserem Alltag kennen. Wenn Sie also das nächste Mal Ihre Laufschuhe anziehen, einen Schluck aus der Plastikflasche nehmen oder Ihren Sicherheitsgurt anlegen, erinnern Sie sich vielleicht daran: PET hat nicht nur viele Gesichter, sondern auch viele Leben. Fünf recycelte PET-Flaschen reichen aus, um genug Textilfasern für ein T-Shirt in Größe XL zu gewinnen.

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