Gemeinsam wachsen mit Venture Capital
Evonik unterstützt Start-ups und erhofft sich Impulse für eigene Innovationen
Evonik Industries ist einer von vier Chemieinvestoren des High-Tech Gründerfonds. Seit Anfang 2012 beteiligt sich das Unternehmen über seine Venture Capital Aktivitäten an vielversprechenden Start-ups. Jährlich werden etwa 500 junge Unternehmen gesichtet. Dr. Andrea Gruß sprach mit Dr. Bernhard Mohr, Managing Director Corporate Venturing bei Evonik Industries, über die Zusammenarbeit des Konzerns mit Gründern.
CHEManager: Welchen Umfang haben die Aktivitäten von Evonik Venture Capital?
Dr. B. Mohr: Evonik will ein Gesamtvolumen von bis zu 100 Mio. EUR in Start-ups mit innovativen Technologien und führende, spezialisierte Venture-Capital-Fonds investieren. Regionale Schwerpunkte bilden dabei Europa, die USA und Asien. Die Venture-Capital-Investitionen orientieren sich an den für Evonik wichtigen Megatrends Gesundheit, Ernährung, Ressourceneffizienz sowie Globalisierung
Mit unseren Venture-Capital-Aktivitäten haben wir in einem frühen Entwicklungsstadium Zugang zu neu entstehenden Technologien und Geschäften, die zu unserer Wachstumsstrategie passen können. Unsere Beteiligung am High-Tech Gründerfonds II ist ein Teil dieser Strategie. Mittlerweile haben wir auch in zwei Start-ups aus dem Portfolio des HTGF direkt investiert, JeNaCell und Synoste. Insgesamt sind wir bislang acht Direktbeteiligungen eingegangen.
Wann wählen Sie den Weg einer Direktbeteiligung?
Dr. B. Mohr: Die drei wesentlichen Fragen, die wir vor einem Venture-Capital-Engagement an ein Start-up stellen, lauten: Erstens: Wie hebt sich die Technologie oder das Geschäftsmodell von bestehenden Lösungen ab und welches bislang ungelöste Marktbedürfnis wird dadurch erfüllt? Zweitens: Verfügt das Start-up-Team über die Kompetenzen, diese Technologie zu entwickeln und erfolgreich im Markt zu platzieren? Und Drittens: Wie könnte eine zukünftige Zusammenarbeit mit Evonik aussehen? Was bringt das Start-up in die Partnerschaft ein, was Evonik?
Welche Bedeutung hat die Zusammenarbeit mit Start-ups für Evonik?
Dr. B. Mohr: Unsere Erfahrung ist, dass wir durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit externen Partnern – Universitäten, anderen Unternehmen und eben auch Start-ups – die Entwicklung neuer Geschäfte beschleunigen und zukunftsträchtige Wachstumsfelder effizienter erschließen können.
Die Zusammenarbeit mit Start-up-Unternehmen weltweit hat für uns konkret zwei Vorteile: Sie gibt uns zum einen Zugang zu disruptiven Technologien und Geschäftsmodellen, von denen wir uns wichtige Impulse für unser Geschäft versprechen. Zum anderen schätzen wir auch den Gründergeist in jungen Technologiefirmen und die damit verbundene Fähigkeit unternehmerische Herausforderungen zu bewältigen.
Umgekehrt können die Start-ups von unserem Wissen profitieren, wenn sie neue Geschäfte entwickeln oder Wachstumsfelder erschließen. Denn wir verstehen uns nicht nur als Kapitalgeber, sondern auch als Partner der Start-ups und unterstützen sie mit unserem Markt-, Technologie- und Produktions-Know-how.
Einige Gründer in Deutschland kritisieren dennoch die schwierige Zusammenarbeit mit Großkonzernen. Worauf führen Sie das zurück?
Dr. B. Mohr: Kulturunterschiede in Bezug auf Abstimmungsbedarf, Zeithorizont und Pragmatismus können zu einem erhöhten Kommunikationsbedarf zwischen Unternehmen und Start-up führen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Beteiligten ihre Vorstellungen und Ziele im Vorfeld klar formulieren und Zuständigkeiten und Aufgaben regeln. Evonik möchte für Start-ups ein aktiver und verlässlicher Partner sein und sie bei ihrem erfolgreichen Wachstum nicht nur finanziell, sondern auch mit technischer Expertise und strategischem Wissen unterstützen. Zusätzlich möchten wir ebenfalls von der Zusammenarbeit profitieren. Dabei sind uns nicht nur kurzfristige finanzielle Ziele, sondern auch langfristige strategische Ziele wichtig.
Noch ist die Zahl der Gründungen in der Chemiebranche vergleichsweise gering. Was muss ich ändern, damit noch mehr junge Chemiker ein Unternehmen gründen?
Dr. B. Mohr: Bezogen auf die Gründungen im Allgemeinen müssen Industrie und Politik die Bedeutung von einer erfolgreichen Start-up- und Gründerlandschaft für den langfristigen, wirtschaftlichen Erfolg der deutschen Wirtschaft im globalen Wettbewerb stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Die Politik muss das Klima, aber auch die rechtlichen sowie finanziellen Rahmenbedingungen schaffen, um die Motivation für Investitionen zu steigern.
Darüber hinaus wird der Grundstein für eine neue Gründungskultur in der Bildung und Ausbildung gelegt. Dies beginnt bei der positiven Darstellung für wirtschaftliches Handeln in der Schule. Mit entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen schon in der Ausbildung, gezielte Fördermaßnahmen für Unternehmensgründungen sowie entsprechende Infrastrukturen – zum Beispiel Worker Spaces – sollten Voraussetzungen für eine gesunde Gründerkultur geschaffen werden.
Direktbeteiligungen von Evonik Venture Capital
Airborne Oil & Gas verfügt über eine einzigartige Technologie zur Herstellung von Leitungen aus thermoplastischen Verbundwerkstoffen für Anwendungen in der Offshore-Förderung von Öl und Gas.
Algal Scientific vermarktet das Polysaccharid β-Glucan, welches die Immunabwehr stärkt und hat dazu eine neue Herstellungstechnologie entwickelt. Verwendet wird es als Tierfutterzusatz sowie als Nahrungsergänzungsmittel.
Biosynthetic Technologies stellt eine neue Klasse von biobasierten Ölen, sog. Estolide her, die als Hochleistungsschmierstoffe Anwendung finden.
FRX Polymers ist spezialisiert auf umweltfreundliche Flammschutzmittel auf Polymerbasis, die unter dem Handelsnamen Nofia vermarktet werden.
JeNaCell hat einen automatisierten und kontinuierlichen Produktionsprozess für biotechnologisch hergestellte Nanocellulose als Wundauflagen für medizinische und kosmetische Anwendungen entwickelt.
Nanocomp entwickelt nanooptische Strukturen für Anwendungen in den Bereichen 3D-Gestenerkennung, Medizintechnik, Displaytechnologien und Augmented Reality.
Synoste hat ein Hightech-Implantat entwickelt, mit dem sich minimal invasiv Beinlängendifferenzen weniger schmerzhaft und einfacher behandeln lassen.
Wiivv Wearables produziert biomechanisch optimierte Einlegesohlen mittels 3D-Druck.