Anlagenbau & Prozesstechnik

Startklar für 80 GHz

Neuer Radarsensor misst Flüssigkeiten mit hoher Frequenz

12.05.2016 -

Das erste Radarfüllstandmessgerät für Flüssigkeiten, das mit einer Frequenz von 80 GHz misst, bringt Vega jetzt mit dem Vegapuls 64 auf den Markt.

Radarfüllstandmessgeräte haben in vielen Industriebereichen bisherige Messprinzipien wie elektromechanische Lotsysteme oder Ultraschallgeräte weitgehend abgelöst. Schritt für Schritt wurden die Anwendungsgebiete erweitert, so dass Anwender immer häufiger auf diese Technologie zurückgreifen. So hat das Schiltacher Unternehmen Vega inzwischen mehr als 550.000 Radarsensoren weltweit installiert. Dank neuer Entwicklungen bei elektronischen Bauteilen brachte Vega vor 1,5 Jahren mit dem Vegapuls 69 ein Radarfüllstandmessgerät für Schüttgüter auf den Markt, das mit 80 GHz misst. Nun setzt Vega einen neuen Meilenstein: Der Vegapuls 64 ist das weltweit erste Füllstandmessgerät für Flüssigkeiten, das ebenfalls den Frequenzbereich von 80 GHz nutzt. Bahnbrechend bei dem Radarfüllstandmessgerät für Schüttgüter war die Verwendung der höheren Messfrequenz, die eine deutlich bessere Fokussierung des Sendesignals ermöglicht. Vor allem bei Behältern mit vielen Einbauten hilft die gute Fokussierung, das eigentliche Messsig­nal von Störsignalen besser zu unterscheiden.
Es war also nicht wirklich verwunderlich, dass schnell die Frage aufkam, wann es ein hochfrequentes Radarfüllstandmessgerät für Flüssigkeiten geben würde. Ob Rührwerke oder andere Einbauten, Anhaftungen oder tiefe Pegelschächte – auch bei der Füllstandmessung von Flüssigkeiten gibt es noch viele Herausforderungen. Bei Anwendungen mit besonders hoher Signaldämpfung oder Störreflexionen ließen sich die Messsaufgaben bisher entweder nur mit hohem technischem Aufwand oder nur mit Einschränkungen lösen.

Erprobte Komponenten
Vega kommt im Mai 2016 mit einem neuen Radarfüllstandmessgerät für Flüssigkeiten, das mit einer Frequenz von 80 GHz misst, auf den Markt. Vorteil für den Anwender ist, dass von dem Radarmessgerät für Schüttgüter Vegapuls 69
einige Elek­tronikbereiche und Technologien übernommen werden konnten. Damit stehen erprobte Komponenten bereit. Unterschiede gibt es dennoch: Der Vegapuls 64 arbeitet mit einer Bandbreite von 4 GHz, so dass eine noch bessere Trennung der Reflexionssignale möglich ist. Auch wurden die Parameter, mit denen typische Anwendungsfälle im Messgerät hinterlegt sind, selbstverständlich an die Einsatzgebiete von Flüssigkeiten angepasst.

Einzigartige Fokussierung und Dynamik
Die höhere Frequenz hat eine Reihe von Vorteilen: Der Radarsensor Vegapuls 64, der mit 80 GHz arbeitet, zeichnet sich durch eine bessere Fokussierung und eine große Dynamik aus. Ein Radarsensor kann nur den korrekten Füllstand messen, wenn auch ein richtiges Füllstandecho vorhanden ist. Weisen die Störsignale die gleiche Größe wie das Füllstandecho auf, ist eine zuverlässige Messung nicht möglich. Bisher galt: Bei einem Radarsensor mit 26 GHz Sendefrequenz betrug der ­Öffnungswinkel bei einer Antennengröße von DN 80 etwa 10°. Beim Vegapuls 64 liegt nun der Abstrahlwinkel bei nur noch 3°. Dadurch kann der Sensor selbst in Behältern mit Einbauten oder bei Anhaftungen an der Behälterwand sicher eingesetzt werden, weil der Strahl einfach daran vorbei geht.
Der Dynamikbereich bei Radarsensoren liefert eine Aussage darüber, in welchen Anwendungsbereichen ein Sensor eingesetzt werden kann, sprich den Unterschied zwischen größtem und kleinstem Signal. Je größer die Dynamik, desto breiter das Einsatzspektrum der Sensoren und desto höher die Messsicherheit. Der Vegapuls 64 verfügt über einen sehr großen Dynamikbereich. Bisher ist kein Radarsensor für Flüssigkeitsanwendungen auf dem Markt, der einen ähnlichen Bereich abdeckt. Das bedeutet, dass Medien mit geringen Reflexionseigenschaften, also kleiner Dielektrizitätszahl, deutlich besser gemessen werden können als mit den bisherigen Radarsensoren. Auch bei Schaum, extrem turbulenten Füllgut­oberflächen, Kondensat oder Anhaftungen an der Antenne, wird durch die höhere Mess­sicherheit eine zuverlässige Füllstandmessung ermöglicht. Zudem lässt sich der Füllstand auch ganz nah am Behälterboden ermitteln. Die Genauigkeit liegt bei ± 2 mm.

Leichte Montage und Inbetriebnahme
Bereits die Inbetriebnahme des Vegapuls 64 ist um ein Vielfaches einfacher, weil die aufwändige Störsignalausblendung größtenteils entfällt. Zusätzlichen Komfort bringt das plics-Konzept mit sich, mit dem auch der neue Vegapuls 64 ausgestattet ist. Und noch eine Eigenschaft macht den Einbau sicher: Durch den sehr schmalen Messstrahl lässt sich der Vegapuls 64 einfacher auf vorhandenen Messstutzen montieren. Dies ist immer für solche Anwendungen interessant, in denen der Gesamtbehälter durch eine Druckprüfung abgenommen ist und nicht verändert werden darf. Normalerweise verursacht ein Stutzen Störsignale. Aufgrund des schmalen Messstrahls des Vegapuls 64 geht der Messstrahl einfach an den Stutzenkanten vorbei. Ein Umbau des Stutzens ist für die sichere Arbeitsweise des Messgerätes also nicht nötig.
Das Messgerät verfügt über unterschiedliche Antennensysteme in verschiedenen Größen. Im Augenblick stehen die Gewindegrößen ¾“ (Öffnungswinkel 14°),1 ½“ (7°), DN 50 (6°) und DN 80 (3°) zur Verfügung. Für eine gute Fokussierung ist in vielen Einsatzfällen die Kunststoffantenne eine gute Lösung. Häufig wird man – dank der guten Fokussierung – sogar mit einer wesentlich kleineren Antenne arbeiten können als bisher. Die kleinste Antenne ist nicht größer als ein 1-Euro-Stück. Dadurch ist das neue Messgerät prädestiniert für den Einbau in kleinen Behältern.

Ausblick
Die neuen Radarfüllstandmessgeräte wurden seit Dezember 2015 mit einer Nullserie von 200 Sensoren in verschiedenen Branchen und Anwendungen weltweit installiert. Dabei wurden – wie schon beim Schüttgutradar – vor allem die Anwendungen gewählt, die bis dahin als problematisch oder schwierig zu messen galten. Bei diesen Einsätzen wurden die Echokurven aufgezeichnet, um auf dieser Basis die Signalverarbeitung noch einmal zu bearbeiten und zu optimieren. Im Mai kommen die ersten Seriengeräte auf den Markt.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das neue Radarfüllstandmessgerät Vegapuls 64 zum Problemlöser in Lagern und Reaktionsbehältern mit vielen Einbauten und Rührwerken wird. So zeigte sich der Sensor von extremen Prozessbedingungen, Schaum oder Anbackungen unberührt. Auch Behälter mit Heizschlangen oder enge Pumpenschächte im Abwasserbereich sind Anwendungen, die der neue Vegapuls 64 spielend meistert. Dank seiner kleinen Prozessanschlüsse eignet er sich zudem auch für viele Anwendungen in der Pharma- und Lebensmittelindustrie. Für den Einsatz im Aseptik-­Bereich stehen zur Markteinführung weitere Prozessanschlüsse zur Verfügung, bei denen nur PTFE als medienberührender Werkstoff dient. Diese Prozessanschlüsse erfüllen dann auch die Anforderungen nach 3A, FDA und EHEDG. Für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen stehen die entsprechenden Zulassungen zur Verfügung.

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