Anlagenbau & Prozesstechnik

Behälterreinigung in der Chemieindustrie

Automatisierte Anlagentechnik verkürzt Produktionsausfälle

05.04.2016 -

Die Innenreinigung von Transport-, Lager- und Produktionsbehältern in der chemischen Industrie mit automatisierten Hochdruckanlagen hat sich in jüngster Zeit durchgesetzt.

Vor jeder Behälterreinigung steht zunächst die Frage nach dem erforderlichen Reinigungsgrad. Hier wird unterschieden zwischen optisch sauberen Behältern, wie sie bei Produktwechsel gleicher Grundstoffe ausreichend sind, chemisch sauberen Behältern, wenn etwa eine Tankrevision ansteht, und biologisch sauberen Behältern.

Unterschiedliche Standards …
Maßgeblich hierfür sind die unterschiedlichen Standards der beteiligten Stakeholder. Da ist zum einen das SQAS (Safety and Quality Assessment System), eine Norm des Europäischen Chemischen Industrieverbands Cefic, zum anderen die ECD-Dokumentation (European Cleaning Document), die vom Deutschen Verband für Tankinnenreinigung e.V. (DVTI) und dem europäischen Dachverband (EFTCO) gemeinsam herausgegeben wird. Das SQAS dient Logistikanbietern im Gefahrgutbereich maßgeblich zur Bewertung der Qualität, Sicherheit und Umweltverträglichkeit. Neben dem eigentlichen Transport-Service bezieht es auch die Tankreinigung mit ein.
Die ECD-Dokumentation hat sich als Indus­trie-Reinigungsstandard in ganz Europa durchgesetzt. So verlangen viele Lebensmittel- und Chemiekonzerne heute die ECD-Dokumentation, bevor sie Tankwagen oder Tankcontainer für die Befüllung freigeben. Vor allem für die Lebensmittelindustrie ist es wesentlicher Bestandteil des so genannten HACCP-Konzepts (Hazard Analysis and Critical Control Points-Konzept), das wiederum als vorbeugendes System die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchern gewährleisten soll. In der Chemischen Industrie sind Reinigungsarbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen nicht auszuschließen. In diesem Fall muss zwingend die Atex-Produktrichtlinie 94/9/EG eingehalten werden.

… erfordern kundenspezifische Anlagekonzepte
Um ein bestmögliches Reinigungsergebnis zu erreichen, ist ein kundenspezifisches Anlagekonzept zu entwerfen. Abhängig von der Eigenschaft der Verschmutzung, der Anwendung und weiterer Faktoren sind die vier Reinigungsfaktoren nach Sinner Mechanik, Temperatur, Chemie und Reinigungsdauer zu berücksichtigen. Somit müssen Düsendruck, Fördermenge, Temperatur, Reinigungsmittel und Einwirkzeit bestmöglich aufeinander abgestimmt sein. Der Düsendruck und die eingesetzte Fördermenge bestimmen zunächst den Aufpralldruck. Dieser dient maßgeblich dafür die Schmutzschicht aufzureißen und vom Untergrund zu lösen.
Für den Abtransport des gelösten Schmutzes ist die Fördermenge des Reinigungsmediums ausschlaggebend. Zu klären ist daher, ob eine Reinigungsanlage, die im Hochdruckbereich bis 200 bar arbeitet, ausreichend ist oder ob aufgrund hartnäckiger Verschmutzungen Ultrahochdrucktechnik mit Werten bis zu 1.500 bar notwendig ist. Für Verschmutzungen wie Fette und mineralölhaltige Produkte ist in der Regel der Einsatz von Warm- oder Heißwasser sowie alkalischer Reinigungsmittel sinnvoll. Andere Stoffe, die bei hohen Temperaturen quellen oder verklumpen (z. B. Eiweiß, Stärke), werden kalt gereinigt, während hingegen Kalk oder Amine mit sauren Reinigungsmitteln entfernt werden. Andere typische Materialien in der Chemieindustrie wie Kunststoffmonomere, die mit Wasser reagieren und sich zersetzen, werden mit Lösungsmitteln gereinigt.
Aber auch die Dauer der Reinigung darf nicht unbeachtet bleiben, damit der Verbrauch von Ressourcen so gering wie möglich gehalten wird. Hierbei gilt bspw., die jeweils entstehende Abwassermenge und somit Entsorgungskosten möglichst niedrig zu halten.
Mesit sind automatisierte Reinigungssysteme erforderlich
Vor diesem Hintergrund kann die Reinigung von Hand in der Regel ausgeschlossen werden. Automatisierte Reinigungssysteme sind erforderlich, um die steigenden Qualitätsanforderungen der Chemieindustrie erfüllen. Auch ist die Reinigung von Hand überwiegend nicht mehr zulässig, da oftmals eine Gefährdung des Reinigungspersonals z. B. durch gesundheitsschädliche Farb- und Lösemittel-Dämpfe besteht. Darüber hinaus verursacht die manuelle Reinigung hohe Personalkosten. Grundsätzlich setzt sich eine moderne Hochdruckreinigungsanlage immer aus vier Komponenten zusammen. Sie müssen – je nach Anwendungsfeld – aufeinander abgestimmt sein.

Hochdruckversorgung
Die Hochdruckaggregate stellen das Herzstück einer Behälterreinigungsanlage dar. Je nach Reinigungsmedium und Anwendungsfall werden unterschiedliche Typen zur Auswahl gestellt. Hier gilt es zuerst zu entscheiden, ob eine stationäre Anlage oder ein mobiles Gerät die bessere Lösung ist. Bei wenigen, weit voneinander entfernten ortsfesten Behältern, ist immer eine mobile Hochdruckpumpe vorzuziehen, da aufwendige Verrohrungen vermieden werden können. Besonders in der Lackindustrie und Petrochemie im Kreislaufbetrieb ist zudem darauf zu achten, dass die Hochdruckpumpe mit Sonderdichtungen und einer Leckagerückführung ausgestattet ist. Beides stellt sicher, dass es weder zu einer Gefährdung des Bedienungspersonals noch der Umwelt kommen kann.

Anlagensteuerung
Das Steuerungs- und Anlagenkonzept umfasst verschiedene Optionen, die eine individuelle Anpassung an die kundenspezifischen Rahmenbedingungen erlauben: Von der einfachen Fernbedienung bis hin zur Bedienung über visualisierte Touch Panel oder in Technikzentralen integrierte PCs. Automatische Reinigungsprogramme ermöglichen eine Betriebs- und Reinigungsdatenerfassung. Mittels Teleservice können zudem einfache Service- und Wartungsfälle von Mitarbeitern der Herstellerfirma durch Zugriff von extern auf die Anlagensteuerung durchgeführt werden.

Energieanlagen
In Abhängigkeit der Verunreinigung ist der Einsatz einer Warm- oder Heißwassererzeugung erforderlich. In manchen Fällen ist der Einsatz von Sattdampf (bspw. für die Vorerhitzung hochviskoser Stoffe) oder von Heißluft zur Trocknung erforderlich. Besonders hohe Anforderungen an die Energieanlagen, aber auch an die übrigen Komponenten des Hochdruckreinigungssystems, werden bei der Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen gestellt. Dann müssen sie zwingend der ATEX-Produktrichtlinie 94/9/EG entsprechen. Moderne Heißwasseranlagen sollten über einen Energiesparmodus verfügen, der eine Auskühlung des Brenners zwischen Heiß- und Kaltwassernutzungsphasen verhindert. So können bis zu 7 % Energie im Vergleich zum Normalbetrieb eingespart werden. Eine selbstregulierende Steuerungseinheit kann zusätzlich die Brennerleistung der Höhe der Wasser­eingangstemperatur anpassen. Das ermöglicht eine genaue Regelung des Sollwertes, da schwankende Zulauftemperaturen berücksichtigt werden.

Hochdruck-Innenreinigungsköpfe
Sie müssen in ihrer Größe und Ausführung auf den Behälter und die zu reinigenden Materialien abgestimmt sein. Bei explosionsgefährdeten Tankinhalten ist es unerlässlich Produkte einzusetzen, die nach der Explosionsschutz-Richtlinie Atex zertifiziert sind. Es gibt sowohl im Hochdruck- als auch im Ultrahochdruckbereich Innenreinigungsköpfe, die diesen Anforderungen nachkommen.
Da Rührwerksbehälter in der chemischen Industrie oft mit vielen Hindernissen im Tankinnenraum ausgestattet sind, empfehlen sich Spritzköpfe mit Schwenkvorrichtungen. Sie ermöglichen ein Versetzen des Innenreinigungskopfes ohne Demontage. Selbst entlegene Ecken und Winkel eines Behälters werden so bei sachgerechter Anwendung erreicht und eine Spritzschattenbildung verhindert. Da der Hochdruckstrahl zudem berührungsfrei arbeitet, wird auch eine Schmutzverschleppung zuverlässig vermieden. Neben diesen Vorteilen kommen noch kurze Reinigungszeiten und ein geringer Frischwasserverbrauch hinzu.

Fazit
Je früher und regelmäßiger die Reinigung durchgeführt wird, desto schneller lässt sich die Verschmutzung ablösen. Verkrustete Schmutzschichten bedeuten gerade in der Chemie­industrie längere Reinigungszeiten und damit auch längere Produktionsausfälle. Dennoch können auch bei fest sitzenden Verunreinigungen durch den Einsatz von Ultrahochdrucktechnik im Bereich zwischen 500 und 3.000 bar gute Reinigungsergebnisse erreicht werden.
Höhere Temperaturen des Reinigungsmediums können zu besseren Reinigungsergebnissen führen, und die Reinigungszeit verkürzen. Jedoch können diese Verfahren einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Lösungen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz wie bspw. die Nutzung der Abwasserwärme sollten daher ebenfalls in ihrer projektspezifischen Wirksamkeit in Betracht gezogen werden. Für die unterschiedlichen Anwendungsfälle in der chemischen Industrie werden heute zahlreiche Lösungen zur Behälterreinigung angeboten. Vor dem Kauf ist daher immer eine ausführliche Bedarfsanalyse und Beratung durch den Systemanbieter unerlässlich. Dieser hilft bei der Auslegung des Reinigungssystems und optimiert es zusammen mit dem Kunden hinsichtlich der jeweiligen Anforderungen. Hilfreich kann hier auch – insbesondere bei der Dimensionierung und Auslegung der Systemlösung – die Besichtigung von Referenzanlagen sein.

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