Anlagenbau & Prozesstechnik

Chemieproduktion nachhaltig automatisieren

Yokogawa unterstützt die Produzenten, Optimierungspotentiale voll auszuschöpfen

18.05.2015 - Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist eine Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft. Mit einem Gesamtumsatz von über 190 Mrd. Euro (2013) nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) liegt sie damit im internationalen Vergleich auf dem vierten Platz - weit an der Spitze aller europäischen Staaten. Innovationskraft und technologischer Vorsprung, nicht zuletzt durch nachhaltige Automatisierung, tragen maßgeblich dazu bei.

Wichtige Branchenanforderungen sind die Ressourcen- und Anlagen- bzw. Produktionseffizienz sowie die funktionale und IT-Sicherheit. Bindeglied zwischen diesen Zielgrößen ist das Bestreben, ein optimales Zusammenwirken von Mensch und Technik zu erreichen. Ralf Tormöhlen, Vertriebsleiter Chemical Center von Yokogawa, erklärt dazu: „Im 100. Jahr unserer Unternehmensgeschichte haben wir uns mehr denn je auf Schlüsselbranchen ausgerichtet, die mit Automatisierung nachhaltig Nutzen stiften und Mehrwert erwirtschaften. Die chemische Industrie gehört dazu. Unser Chemical Center ist sichtbares Zeichen dieses Branchenfokus, der es uns ermöglicht, Lösungen, Leistungen und Produkte maßgeschneidert zu entwickeln und anzubieten."

Optimierungspotentiale ausschöpfen

Die deutsche Chemie ist außerdem eine heterogene Branche, wie aktuelle Zahlen des VCI belegten. Demnach gehören über 90 Prozent aller Unternehmen - fast 2.000 an der Zahl - dem Mittelstand an und erwirtschaften gemeinsam fast ein Drittel des Branchenumsatzes. Sie wünschen sich einfache Lösungen, die sich rasch amortisieren. Der Automatisierungsgrad speziell kleinerer Anlagen ist noch nicht überall optimal und die Technik vielfach nicht auf dem letzten Stand. Tormöhlen ist überzeugt: „Hier schlummern riesige Potentiale für die Betreiber. Gerade Kunden mit knappen Personalressourcen in der Automatisierungstechnik können von unserer Branchenerfahrung nachhaltig profitieren."

So kann etwa modulare Automatisierung helfen, dem Fachkräftemangel zu begegnen und dem Outsourcing in Niedriglohnländern entgegenzuwirken. Dies könnte ein wichtiger Beitrag der Prozessautomatisierung zu Industrie 4.0 werden. Die „Modular Procedural Automation" gemäß ISA106-Standard erlaubt es, wiederkehrende Abläufe in Form von Schrittketten zu automatisieren, z. B. Lastwechsel, Reinigungs- oder Prüfprozesse. Ein entsprechend geschulter Facharbeiter kann Werkzeuge wie etwa das grafikorientierte Programm Exapilot, ebenso nutzen wie ein Ingenieur, um Abläufe effizienter zu machen. Das ermöglicht einen flexibleren Personaleinsatz beim Anlagenbetreiber und damit Verbesserungen der Anlagenautomatisierung auch dann, wenn dafür keine Ingenieure verfügbar sind. Werden dabei „best practices" in Form von Standardprozeduren (SOP) niedergelegt, trägt dies zudem zum betrieblichen Know-how-Transfer bei: eine rundum nachhaltige Lösung also.

Vorhandene Kapazitäten umfassend zu nutzen und Stillstandzeiten zu minimieren, liefert wesentliche Wertbeiträge. Hier setzt das VigilantPlant-Konzept von Yokogawa an. Es trägt dazu bei, Rohstoffe und Energie möglichst effizient einzusetzen - nicht nur mit Blick auf Ressourcenschonung und Klimaschutz, sondern auch auf die Kosten. Das beginnt bei Leistungsmessern in Verbindung mit papierlosen Rekordern und reicht bis zu standortweiten Energiemanagementlösungen entsprechend der DIN EN ISO 50001. Die optimale Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle ist dabei ein wichtiger Erfolgsfaktor. Aussagekräftige KPI und Handlungsempfehlungen, übersichtliche Bildschirmgrafiken und Trendberechnungen erlauben es, z. B. für die energieintensive Prozessdampfversorgung unter Berücksichtigung vielfältiger Rahmenbedingungen jederzeit die optimale Fahrweise zu finden. „Funktionierendes Energiemanagement braucht Assistenzsysteme, die von der Betriebsmannschaft akzeptiert werden", resümiert Tormöhlen.

Dabei beginnt die energetisch optimale Fahrweise bereits mit einer intelligenten Brennersteuerung. Eine integrative Mehrfachmessung mittels durchstimmbarer Diodenlaser direkt im Brennerraum liefert kontinuierlich die Konzentrationen von Methan, Sauerstoff und Kohlenmonoxid. Mit dem CombustionOne-System kann der Prozess closed loop stets am Optimum gefahren werden. Unvollständige Verbrennung, übermäßiger Wärmeaustrag aus dem Brennraum, Kohleabscheidung und unerwünschte Emissionen lassen sich gleichermaßen vermeiden. Die Messlösung entspricht den Anforderungen des Sicherheits-Integritätslevel 2 (SIL2) und kann daher - zusammen mit der SIL3-konformen Software - unmittelbar zur sicherheitsgerichteten Steuerung eingesetzt werden.

Komplexität reduzieren mit Mobile Solutions

Die Anforderungen der Betreiber von Chemieanlagen an die Automatisierung sind vielfältig. Meist geht es um mehr Effizienz und Zuverlässigkeit, um bedarfsorientierten Ausbau oder eine einfache Bedienbarkeit auch bei komplexer werdenden Prozessen. Ein Aspekt ist dabei branchentypisch: Anders als z. B. Kraftwerke oder Raffinerien sind Chemieanlagen oft Individuen, so dass sich eine Automatisierung „von der Stange" verbietet. Dennoch streben auch große, international tätige Chemieunternehmen danach, Komplexität zu reduzieren und so Automatisierungsprojekte besser und schneller abzuschließen. Flache Hierarchien, konstruktiver Informationsaustausch und kompetentes Projektmanagement sind entscheidend für eine solche termin- und kostentreue Abwicklung.

Die „Mobile Solutions" sind ein gutes Beispiel für eine individuell gestaltete Lösung. Sie erschließen Informationsressourcen der Leit-, Manufacturing Execution- und Enterprise Resource Planning-Systeme auch für den Techniker im Feld - und das übersichtlich und leicht verständlich dank erweiterter Realität (Augmented Reality). Mit Hilfe mobiler Endgeräte kann er überall in einer Anlage auf aktuelle Daten zugreifen, Workflows abarbeiten oder selbst anstoßen - ohne Papierformulare oder Sprechfunkverbindung zur Leitwarte. Über die Klartextbeschriftung per OCR, via NFC oder QR-Code kann sein Tablet-PC jedes Gerät jederzeit eindeutig erkennen. Befunde oder Ereignisse können mit Kurztexten, Fotos oder Videos dokumentiert, Echtzeitdaten wie Alarme oder Messwerte jederzeit abgerufen werden.

Doch nicht nur Wartung und Instandhaltung sind Lebenszyklus-Aufgaben in einer Prozessanlage, auch Engineering gehört dazu. Die „Automation Design (AD) Suite", ein universelles, modulbasiertes Engineering-Werkzeug im Rahmen der aktuellen Version des Yokogawa-Prozess- und Produktionsleitsystems Centum VP, schafft die Voraussetzung, um alle Engineering-Daten stets aktuell und kontinuierlich verfügbar zu halten. Dies eröffnet die Möglichkeit eines parallelen Engineering der Automatisierungs-Hard- und -Software.

Direkt auf der Geräteebene können intelligente Services ebenfalls Nutzen stiften. So erfordert die Rekalibrierung von Durchfluss- oder Druckmessgeräten normalerweise deren Ausbau und Versand an ein Kalibrierlabor. Insgesamt können bis zum Wiedereinbau Wochen vergehen. „Unser Vor-Ort-Kalibrierservice ist eine echte Alternative, die Zeit und Kosten spart", betont Ulrich Pichler, Branchenverantwortlicher für die Projektabwicklung bei Yokogawa, den doppelten Nutzen dieser Dienstleistung. Dabei stehen die Geräte meist innerhalb weniger Stunden wieder zur Verfügung - unter bestimmten Voraussetzungen müssen sie zur Kalibrierung nicht einmal ausgebaut werden.

Mehr Information durch Wireless

Drahtlose Feldgeräte, vor einigen Jahren noch als Exoten belächelt, haben inzwischen auf breiter Front Einzug in den betrieblichen Alltag gehalten: nicht überall, aber überall dort, wo Daten temporär, von weit entfernten, schwierig erreichbaren oder beweglichen Geräten und Apparaten benötigt werden. Ein drahtloses Gaswarnsystem, basierend auf dem ISA100 Wireless-Standard, das Yokogawa gemeinsam mit dem norwegischen Partner GasSecure entwickelt hat, zeigt, dass solche Lösungen nicht nur praxistauglich, sondern fest verdrahteten Alternativen weit überlegen sein können. So lassen sich mit den bis zu zwei Jahre autonom arbeitenden, wartungsfreien Sensoren bis zu 80 Prozent der Lebenszykluskosten einsparen. Zudem entsprechen ISA100 Wireless-Geräte per se der europäischen ETSI-Norm EN 300 328 - V1.8.1. Die Investition in solche Geräte ist und bleibt daher in Europa uneingeschränkt zukunftssicher.

Auch das Internet wird immer stärker in automatisierungstechnische Abläufe einbezogen. Je mehr allerdings betriebsinterne und -externe Datennetze zusammenwachsen, umso wichtiger werden die Sicherheit der Datenhaltung und  -übertragung und der Schutz vor Spionage und Sabotage. Beratend und handelnd steht Yokogawa den Betreibern zur Seite, um angemessen auf diese Herausforderung bzw. Bedrohung zu reagieren: Das reicht vom einmaligen Sicherheits-Audit bis zum kontinuierlichen Sicherheitsmanagement für die gesamte Informations- und Automatisierungstechnik von Produktionsanlagen, wie sie kürzlich zusammen mit Cisco z. B. für 50 weltweit verteilte Anlagen von Shell konzipiert wurde und derzeit umgesetzt wird.

Aus der Ferne beraten, Daten sammeln und analysieren, Systeme überwachen, warten und vielleicht sogar steuern - all dies hat großes Zukunftspotenzial. Deshalb erweitert Yokogawa  kontinuierlich sein Angebot solcher Remote Services, damit Anlagenbetreiber noch schneller und zielgenauer die Informationen bekommen, die sie benötigen.

Kontakt

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