Mehr Sicherheit bei Anlagenstillständen
Studie von T.A.Cook zeigt die neuralgischen Punkte auf
Zeitdruck, Stress, Unvorhergesehenes - wie lassen sich während eines Stillstands trotz widriger Umstände alle Sicherheitsanforderungen bestmöglich erfüllen? Jeder Anlagenstillstand ist eine große Herausforderung - in organisatorischer, prozessualer, wirtschaftlicher und sicherheitstechnischer Hinsicht. Über allen Entscheidungen steht der Zielkonflikt zwischen Termintreue einerseits und Sorgfalt und Sicherheit andererseits.
Wie agieren Manager der chemischen Industrie sowie von Raffinerien in diesem Spannungsfeld, und welchen Fokus legen sie auf Aspekte der Arbeitssicherheit während des Stillstands? Um das herauszufinden, führte die Unternehmensberatung T.A. Cook im Auftrag des Sicherheitstechnikunternehmens Dräger eine qualitative Studie durch. Befragt wurden 34 ausgewählte Anlagenbetreiber und Sicherheitsverantwortliche von Unternehmen der chemischen und petrochemischen Großindustrie sowie von Raffinerien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu den Dimensionen ›Wichtigkeit‹ und ›Zufriedenheit‹ von oder mit sicherheitsrelevanten Aufgaben bei Anlagenstillständen.
Die Teilnehmer aus unterschiedlichen Funktionsbereichen (z. B. Turnaround Management, Sicherheit und Einkauf usw.) konnten im Rahmen eines Notensystems (1 = sehr wichtig/sehr zufrieden bis 5 = unwichtig/unzufrieden) Stellung nehmen zu 29 Aspekten aus den Bereichen Planungsphase, Durchführung, Sicherheitspersonal, Sicherheitsequipment und Dokumentation. Die größten Diskrepanzen in der Bewertung von ›Wichtigkeit‹ und ›Zufriedenheit‹, also einer hohen Sicherheitsrelevanz einerseits und des schwierigen praktischen Umgangs damit andererseits, zeigen die neuralgischen Punkte im Anlagenstillstand auf. So konnten acht zentrale Handlungsfelder identifiziert werden:
1. Konstant hohes Sicherheitsniveau während des gesamten Projekts
In den ersten Tagen eines Anlagenstillstands ist die Motivation bei allen Beteiligten (Anlagenbetreiber und Kontraktoren) noch sehr hoch: der Zeitplan stimmt, im Idealfall sind alle Arbeitsbereiche mit ausreichend Personal und Material ausgestattet, alles geht Hand in Hand. Mit fortschreitender Projektzeit aber lässt nicht nur die Motivation nach, es kommt auch zu Verzögerungen, Minderungen und Mehrungen, die sich wiederum auf angrenzende Bereiche auswirken. Hier den Überblick über die sicherheitsrelevanten Aspekte zu behalten, ist der Job eines Sicherheitsdienstleisters, der während der gesamten Projektphase alle Arbeiten überwacht und unterstützt. Vom Betreiber entsprechend autorisiert, kann ein Serviceunternehmen präventiv und korrektiv eingreifen und im Gefahrenfall die Rettungskette einleiten und ggf. Erste Hilfe leisten.
2. Effiziente Freigabeprozesse für Arbeitsbereiche
Sind bei einem Stillstand auf einen Schlag bis zu 4.000 zusätzliche Personen von Partnerfirmen auf einer Anlage, die alle möglichst effizient und mit geringen Wartezeiten eingesetzt werden sollen, müssen alle Rädchen in einander greifen. Das gelingt nur, wenn die Freigabeprozesse für jeden einzelnen Arbeitsbereich exakt definiert sind. Ein Area Management schafft Transparenz, und geeignete Tools ermöglichen eine flexible Personalbereitstellung. Auch eine exakt geplante Organisation der Abläufe trägt zur Effizienzsteigerung bei: Werden zu reinigende oder zu wartende Behälter, Kolonnen, Öfen und Apparate beispielsweise bereits in der Nacht vor den notwendigen Arbeiten durch Gasanalysten frei gemessen, kann am nächsten Morgen gleich der Erlaubnisschein erteilt werden und das Befahren ohne weitere Verzögerung beginnen.
3. Sicherheitseinweisungen
Aus Zeit- und Kostengründen finden die Sicherheitseinweisungen von Arbeitern und Kontraktoren häufig erst kurz vor Beginn der Arbeitsaufnahme auf der Anlage selbst und in großen Gruppen statt. Spezielle Aufgaben und individuelle Kenntnisstände insbesondere bei Mitarbeitern können dabei nicht immer berücksichtigt werden. Anders ist es, wenn ein externer Sicherheitsdienstleister bereits in die Planungsphase des Stillstands involviert wird: Er kann die Beteiligten zu Sicherheitsmeetings laden, an die spezielle, individuelle Personenschulungen anschließen. Das spart Zeit während des Stillstands, verringert Unsicherheiten und motiviert die externen Teams.
4. Berücksichtigung der Sicherheitsperformance
Im Spannungsfeld zwischen Preis und Leistung ist die Sicherheitsperformance von Kontraktoren ein wichtiges Auswahlkriterium - Unfälle können schwerwiegende Folgen haben. Die methodische Aufzeichnung, Dokumentation und Auswertung von unsicherem Verhalten und Beinaheunfällen während des Stillstands sind eine gute Basis, um die Kontraktorenauswahl zu optimieren. Hilfreich ist ein Langzeitreporting durch einen unabhängigen Dienstleister - er kann die Auswahlentscheidung mit Daten aus früheren Stillständen unterstützen.
5. Feedback bezüglich des Sicherheitsverhaltens der Mitarbeiter
Ein Reporting, das auf einer systematischen Dokumentation von unsicherem Verhalten und Beinaheunfällen während des Stillstands aufbaut, ist auch für die Vertragspartner selbst ein wichtiger Aspekt, um die eigene Leistung bzw. die der Mitarbeiter zu verbessern. Die Sicherungs- und Befahrposten eines Dienstleisters sind außerdem in der Lage, den Mitarbeitern direkt im Arbeitseinsatz ein Feedback zu geben und dadurch Fehlverhalten sofort zu korrigieren.
6. Kommunikation
Zwischen den Mitarbeitern des Anlagenbetreibers und jenen der extern Beauftragten kann es gerade in stressbelasteten Projekten wie Stillständen zu Unstimmigkeiten aufgrund unterschiedlicher Erwartungshaltungen, Arbeitskulturen etc. kommen. Ein Sicherheitsexperte, der sich als Coach versteht, agiert eher als ein Berater auf Augenhöhe. Er kann kritische Situationen entschärfen und moderieren. Mit diesem partnerschaftlichen Ansatz gelingt es häufig sehr viel besser, Sinn und Zweck einer Sicherheitsvorschrift so zu vermitteln, dass deren Anwendung aus Überzeugung und nicht zur Vermeidung möglicher Sanktionen erfolgt.
7. Präsenz des Sicherheitsdienstleisters auf der Anlage vor Beginn des Turnarounds
Sicherungsposten, Befahrposten, Gasanalysten, Arbeitssicherheitsexperten, Projektplaner und -manager etc. - gehen aufgrund ihrer vielfältigen Erfahrungen fokussiert an die anlagenindividuelle Planung und Organisation der sicherheitstechnischen Aspekte eines Stillstands heran. Sie definieren in Abstimmung mit dem Sicherheitsverantwortlichen relevante Prozesse und bereiten sich intensiv auf einen effizienten Einsatz on-site vor. Die Einbeziehung der Führungskräfte in die Planungsphase des Stillstands hilft, Reibungspunkte zu reduzieren.
8. Einbindung des Anlagenbetreibers und der Kontraktoren bei der Bewertung
Ein unabhängiger Sicherheitsexperte kann die für eine Bewertung relevanten Prozesse und Kennzahlen aus der Vogelperspektive definieren und eine neutrale Bewertung der Sicherheitsperformance vornehmen.
Fazit: 80% der Unfälle während Stillständen basieren aus Sicht der Befragten auf persönlichem Fehlverhalten. Eine solche Quote lässt sich durch einen professionellen Sicherheitsdienstleister deutlich reduzieren, der während des gesamten Stillstands präsent ist, der von allen Beteiligten akzeptiert wird und der bereits in der Planungsphase die richtigen Stellschrauben drehen kann, um zu dem Ziel ›Null Unfälle‹ beizutragen.
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