Schweizer Reinraumbranche in Bewegung - Gemeinsam im Jahr 2015 etwas bewegen
28.04.2015 -
Am Abend des 28. Januar 2015 fand in Wangen an der Aare der Neujahrsapéro der Schweizer Reinraumbranche statt. Zu diesem speziellen Event erschienen die bekannten Persönlichkeiten aus der Reinraumbranche, Vertreter der Schweizer Reinraumgesellschaft SwissCCS ebenso wie Reinraum-Unternehmer und Anwender. Sie alle nutzten diese Möglichkeit, um sich in entspannter Atmosphäre mit Fachleuten aus der Branche auszutauschen.
Welche Herausforderungen erwartet die Reinraumbranche im Jahr 2015? Die Zahl der Reinraum-Anwendungen wird weiter steigen. Denn in einer Vielzahl von Sektoren, wie der Pharma-Lebensmittelbranche in Krankenhaus, Medizintechnik, Mikrotechnik, Mikroelektronik, in der Halbleiter-, Photonik- und Automobilindustrie, wird die Produktion unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Dazu gaben die Referenten beim Neujahrsapéro der Schweizer Reinraumbranche in Wangen an der Aare einen Ausblick.
Gemeinsam handeln
Gastgeber der Neujahrsveranstaltung war ReinraumAkademie-Geschäftsführer Frank Duvernell. Er sprach vor dem Publikum über die Herausforderungen der Reinraumbranche für Anwender, Zulieferer und Institutionen im Jahr 2015. Dazu zählte er auch die neuen Technologien, die es sinnvoll anzuwenden gelte. Er wies darauf hin, dass die Reinraumbranche noch nicht im Bewusstsein der Menschen angekommen sei. Im Vorstand der SwissCCS forciere man daher den Austausch und die Vernetzung sowohl innerhalb der Branche als auch nach Aussen. Eine Plattform hierfür bieten die zahlreichen Veranstaltungen und Fachmessen.
In der Schweiz habe jeder Anwender derzeit volle Auftragsbücher und daher keine Zeit mehr, sich um die Umsetzung neuer Ideen zu kümmern, meinte Duvernell. Das könne dazu führen, dass die Branche in der Schweiz an ihrem eigenen Erfolg verkümmere, warnte er. Auch die Fortbildung der betrieblichen Experten werde häufig vernachlässigt. „Nutzen Sie ihre Möglichkeiten zur Fortbildung und zur Umsetzung neuer Ideen", mahnte er. Nur durch kontinuierliche Pflege des Wissensstandes und regelmässiger Schulung des Personals seien die Unternehmen in der Lage, am Ball zu bleiben. Hoffnungsvoll stimme ihn, dass man in der Schweiz die Herausforderungen der Zeit pragmatisch, positiv und zukunftorientiert bewältige.
Der Alltag als Tod jeder Reinheit
Der Reinraumcluster in Wangen wird gemäss SwissCCS Vorstand Arnold Brunner von der SwissCCS unterstützt. Reinraumunternehmer in
der Schweiz müssten sich stetig sich verändernden Verhältnissen anpassen: Die spezielle Marktsituation bewirke, dass die Unternehmen im hochpreisigen Segment technologisch an der Spitze stehen müssten, um sich auf dem Weltmarkt behaupten zu können. Dies bewirke, dass in Zukunft die Zahl der Arbeitsplätze zurückgehen werde.
In welcher Richtung wird sich SwissCCS weiterentwickeln? Die Anwendung der speziellen Richtlinien, die es in der Schweiz gebe, solle für alle Anwender einheitlich interpretiert werden. Denn für die Anwender bestehe immer wieder das Problem, dass die existierenden Normen im Alltag nicht richtig integriert und angewendet würden. Neu werde die SwissCCS daher drei Arbeitsgruppen ins Leben rufen, in denen sich Experten aus Zulieferern und Anwendern treffen und austauschen können, um die Ergebnisse später auch zu publizieren.
Eine Arbeitsgruppe sei für den Reinraum- und Anlagenbau geplant, die zweite ist die Pharma AG. Die dritte Arbeitsgruppe werde sich mit Betrieb und Reinigung des Reinraums beschäftigen, also mit dem täglichen Kampf, die Reinheit erhalten zu können. Eine hohe Reinheit herzustellen sei das eine, die Reinheit im Alltag zu erhalten, könne sehr aufwändig sein, meinte Brunner. Der Alltag sei der Tod jeder Sicherheit, jeder Reinheit.
Eine grosse Herausforderung der SwissCCS: Normierungen
Die SwissCCS möchte in Zukunft ihre Expertise aus den internationalen ISO-Gremien und ihrer Praxiserfahrung an ihre Mitglieder weiterleiten. Dadurch ergeben sich für die Mitglieder grosse Vorteile, denn die SwissCCS verfügt über Experten, die für alle Mitglieder mit Rat und Tat zur Verfügung stehen. Sie ist die Anlaufstelle für jeden Anwender, der mit seinen Reinraum-Projekten Probleme hat.
Mehraufwendungen resultierten 2014 zum Beispiel durch den Arbeitsausschuss in der Norm ISO TC209 WG12 „Cleaning" mit diversen Sitzungen, darunter eine in Korea. Dieser Ausschuss beteiligt sich aktiv an der Erarbeitung von international gültigen Normen innerhalb des Standards ISO/TC 209 „Cleanrooms and associated controlled environments", die anschliessend in Europäische und Schweizer Normen überführt werden. Diese Normen regeln branchenübergreifend die Belange von Reinräumen und angrenzenden kontrollierten Bereichen. Sie umfassen die Klassifizierung, die Messung und Vermeidung von partikulären und chemischen Verunreinigungen im Mikro- und Nanobereich und Mikroorganismen in der Luft und an Oberflächen (Quelle: DIN NA 041). Die Normierung der ISO TC209 WG12 „Cleaning", definiert über die Reinigung von Oberflächen das Maß an Sauberkeit in Bezug auf Partikel und chemische Klassifizierung, das es zu erreichen gilt. Die Reinraumtechnik fokussiert sich weg von luftgetragenen Partikeln auf eine gesamtheitliche Betrachtung. Seit 10 Jahren konzentriert man sich auf die Oberflächenreinheit und die Nanotechnologie.
Schulungen
Die SwissCCS führt auch in diesem Jahr wieder zwei Schulungen durch. Die Herausforderungen bestünden nun darin, meinte Brunner, besser an den Nachwuchs heranzukommen, auch durch Änderung des eigenen Schulungsangebots. Konkret heisse dies, sich mit den Schulungen auf den Weg zu den Unternehmen zu begeben. Es sei für die Firmen leichter, eine Schulung durchzuführen, wenn sie sich auf die Situation vor Ort bezieht. Dort können die SWISSCCS Organisatoren auch den Puls fühlen, was den Mitarbeitern in den Betrieben unter den Nägeln brennt.
Zusammenarbeit
Zusammenarbeit spielt auf allen Ebenen der Reinraumtechnik eine wichtige Rolle. Das betrifft sowohl die persönlichen Kontakte in der Branche als auch das Zusammenwirken der wichtigsten Institutionen der Reinraum-assoziierten Industriezweige. Die SwissCCS plant daher, mit Medical Clustern zusammenzuarbeiten, also mit den Teamplayern, die auch in Zukunft die Branche mit prägen werden, um eigene Erfahrung und Expertise weiterzugeben.
Der SwissCCS-Vorstand möchte in Zukunft auch enger mit der Pharmaindustrie kooperieren. Man hofft, die Pharmabranche dafür zu gewinnen, sich mehr in der Gremienarbeit der Interessenvertretung und bei der Finanzierung zu engagieren. Gerade der ISO Standard 14 644-1 sei für die Pharmaindustrie mindestens so wichtig wie für den Rest der Branche. Das Ziel sei daher, die Vertreter der Pharmaindustrie besser in den Support der Reinraumanliegen einzubinden, damit die Zusammenarbeit besser funktioniert.
Anschliessend begab man sich in den Get-Together-Bereich, in dem die Gäste in lockerem Rahmen bei einem reichhaltigen Buffet oder an der Bar ihre Netzwerke pflegen konnten. Die SwissCCS-Vorstände Werner Straub, Norbert Otto und Arnold Brunner, Andreas Nägeli, Tauno Jalanti waren dort genauso anzutreffen wie die neuen Vorstandsmitglieder Prof. Dr. Martin Gutsche und Frank Duvernell.
Wie hat sich das Schweizer Geschäft der Reinraumakademie im letzten Jahr entwickelt? Dazu befragten wir den Geschäftsführer, Frank Duvernell. „Die ReinraumAkademie am Kompetenzzentrum in Wangen zeichnet sich durch ein hohes Wachstum aus. Ende des Jahres 2014 gab es noch einmal gute Veranstaltungen mit über 110 Teilnehmern. Auch andere Anbieter von Veranstaltungen zeigen Interesse, Zuspruch, hier ihre Seminare durchzuführen. Das motiviert uns sehr", meinte er.
Was gibt es Neues im Reinraummarkt Schweiz?
Ende letzten Jahres eröffneten die ABB in Baden-Dättwil das neue Forschungslabor für Leistungselektronik, in dem an der Weiterentwicklung von Leistungshalbleitern geforscht werden soll. In das neue Labor investierte ABB ca. 18 Mio. Franken. Im „Power Electronics Advanced Research Laboratory" (PEARL) werden zum Beispiel neue Halbleitermaterialien erforscht, die weniger Verluste generieren oder höhere Betriebstemperaturen und eine noch höhere Leistungsdichte ermöglichen. Zudem werden anspruchsvolle neue Packaging-Technologien entwickelt. Der mit modernsten Apparaturen ausgestattete Reinraum bildet das Herzstück des neuen Labors und bietet die Möglichkeit, ganze Systeme aufzubauen und umfassend zu testen.
SwissCube wurde als erster komplett in der Schweiz gebauter Satellit konstruiert und 2009 erstmals ins All geschossen. Das Gerät soll unter anderem das noch wenig erforschte Phänomen des Nachthimmelsleuchtens in rund 100 Kilometern Höhe, den sogenannten Airglow, erkunden. Der Satellit wurde von 2006 bis 2007 in einem Gemeinschaftsprojekt des Space Centers der ETH Lausanne (EPFL) in Zusammenarbeit mit mehreren Hochschulen sowie der RUAG Aerospace entwickelt. Der nur 820 g schwere, würfelförmige Kubus mit 10 cm Kantenlänge sowie Entwicklungskosten von umgerechnet etwa 235.000 Euro bewegt sich nunmehr seit über fünf Jahren problemlos im All. Im Weltraum treten enorme Temperaturschwankungen von -50 bis +70 °C auf. Die starke Sonneneinstrahlung und die Luftleere setzen das Material extremen Belastungen aus. Die grossen mechanischen Belastungen während der Reise in den Weltraum stellen hohe Anforderungen an die Schweissnähte, die diversen Belastungstests unterzogen wurden. Der Satellit arbeitet mit Solarenergie. Ein System aus Kupferblöcken koppelt die Solarzellen des Satelliten über seine Wände mit dem Inneren des Satelliten. Gerade die Zuverlässigkeit der SwissCube-Systeme unterstreicht die hervorragende Qualität der Arbeit der Studenten an der EPFL, für die das Projekt als Sprungbrett für eine aussichtsreiche Karriere diente. So auch für Fabien Jordan. Heute besitzt er ein eigenes Unternehmen namens Else, das eine Plattform, die Xu, anbietet, welche die Montage von elektronischen Subsystemen für Cubesat-Typ Satelliten ermöglicht. „Die Idee wurde bei den Übernachtungen, die ich in den EPFL Reinräumen verbrachte und bei der Suche nach Lösungen für die Systeme gemeinsam geboren", meint Jordan.
Novasina präsentiert das neue QuantaDat-System mit Multisensorik. Dieses Messsystem besteht aus Umformer und Fühler, wobei vom letzteren mehrere betrieben und so die Kosten pro Messpunkt reduziert werden können. Der QuantaDat verfügt über ein graphikfähiges Display, 4 Messkanäle und 4 analoge Signalausgänge. Der digitale nSens Fühler misst mit hoher Genauigkeit und linearem Ansprechverhalten und kann an 13 Feuchte- und 2 Temperaturpunkten mit der nSoft-CAL justiert werden. Die Kalibrierdaten werden im Sensor gespeichert. Das Quantadat Multisennsorsystem zeichnet sich durch seine Flexibilität aus. Wichtig ist auch die Integration: Klima-Rechner können die folgenden Ergebnisse zum Ausdruck bringen: Taupunkt, absolute Feuchte, spezifische Enthalpie usw. Auch hier kann der Kunde über die Schnittstellen ein bereits vorhandenes Gerät anschliessen und ist nicht auf ein System limitiert.
Bei den Produktionsprozessen in der Lebensmittelbranche liegt der Fokus auf Hygiene und Verunreinigungen. State-of-the-art sind Anlagen und Technologien mit Clean-in-Place (CIP)- und Sterilization-in-Place (SIP)-Systemen. Diese ermöglichen eine Produktion rund um die Uhr. Bei den Verbrauchern stehen auch regionale Lebensmittel hoch im Kurs. Die Regio-Molkerei beider Basel AG beispielsweise, die zur Emmi Gruppe gehört, verarbeitet ausschliesslich Milch regionaler Bauern. Um bei der Abfüllung kleinerer Chargen eine optimale Qualität und lange Haltbarkeit zu erreichen, setzt der Milchverarbeitungsbetrieb bei der Abfüllung der regionalen Bio-Joghurts - ohne Konservierungsstoffe - auf den Einsatz von Reinraumtechnik. Bei der Joghurtabfüllung wird die Abfüllmaschine mit einem fahrbaren Laminarflow-Reinraumzelt der ISO-Reinraumklasse 7 umschlossen. Die 4 m2 grosse Einhausung CleanFlowCell von Schilling Engineering ist speziell auf den Abfüllprozess abgestimmt. Durch den Laminarflow wird die Luft während der Abfüllung von Hefen und Schimmelbakterien befreit