Anlagenbau & Prozesstechnik

Die Klassifizierung von Wischtüchern

27.04.2015 -

Seit mehr als 25 Jahren stellt Contec Reinraumwischtücher her. Eines der wahrscheinlich häufigsten Fragen, die dabei auftreten, ist die Klassifizierung oder Zertifizierung von Wischtüchern (oder Mopps) für eine spezifische Reinraumklasse - und mit zunehmender Anzahl an Sub­straten und Formaten für Wisch­tücher tritt dieses Problem auch immer häufiger auf.

Aus der Sicht von Nutzern und Behörden sollte es möglich sein, sich auf Dokumente beziehen zu können, die ein bestimmtes Wischtuch für eine bestimmte Reinraumumgebung spezifizieren. Während diese Frage logisch erscheint, wird sich dieser Artikel damit beschäftigen, ob sie auch jemals genau beantwortet werden kann.

Die Prüfung von Wischtüchern
Testmethoden für Wischtücher wurden von Organisationen, Herstellern und Endnutzern erstellt, doch die am meisten genutzten und international anerkannten Standardmethoden zum Testen von Wischtüchern sind die des IEST (Institut für Umweltwissenschaften und -technologien) - IEST-RP-CC004: Die Bewertung von Wischmaterialien, die in Reinräumen und anderen kontrollierten Umgebungen genutzt werden (2). ­
Der Vergleich von Tüchern unterschiedlicher Herkunft ist durch Schwankungen sowohl der verschiedenen Testmethoden als auch der Testausrüstung sehr kritisch zu bewerten. Die Testmethoden für Partikel und Fasern unterscheiden sich oft ungemein und dementsprechend unterscheiden sich auch die Ergebnisse. Der Test für Rückstände und Ionenkontaminierungen ist etablierter und wiederholbarer. Dennoch gibt es nur einen Weg, um die Ergebnisse für die verschiedenen Wischtücher wirklich zu vergleichen - und zwar müssen sie durch die gleiche Methode und vom gleichen Labor getestet worden sein.
Die Mehrzahl der Wischtuchhersteller wird die IEST-Testresultate auf ihren technischen Datenblättern veröffentlichen, um Kunden bei der Entscheidung zu helfen, welches Wischtuch sich am besten für eine bestimmte Umgebung eignet. Auf einem guten Datenblatt wird die Testmethode aufgeführt, die genutzt wurde. Wenn der Test eine interne Referenz beinhaltet, muss eine Kopie der Methode angefragt werden, damit ermittelt werden kann, ob die Ergebnisse mit den Ergebnissen anderer Hersteller verglichen werden können. Um die Daten am effektivsten zu nutzen, müssen die unterschiedlichen Tests verstanden werden.
Für den IEST-RP-CC004-Leitfaden werden Wischtücher in zwei wichtigen Bereichen getestet: Funktion und Kontaminierung. Bei Funktionstests von Wischtüchern werden Sorptionskapazität, -volumen und Geschwindigkeit der Flüssigkeitsaufnahme betrachtet. In Bezug auf Kontaminierungen (oder Reinheit) kann die Liste endlos sein. Allerdings konzentriert sie sich normalerweise auf Partikel und Fasern spezifischer Größe, nichtflüchtige Rückstände in verschiedenen Lösungsmitteln und spezifische anorganische Ionen.

Basisgewicht
Das Basisgewicht (gewöhnlich als g/m2 ausgedrückt) eines Wischtuchs ist wichtig, da so andere Maße in Gewichts- oder Flächeneinheiten ausgedrückt werden können. Die Bestimmung des Basisgewichts ist einfach und sollte zwischen verschiedenen Datenblättern und Prüfstellen vergleichbar sein.

Sorption
Um Leistung, Sorptionskapazität (oder Absorptionsfähigkeit) und Sorptionsrate eines Wischtuchs zu testen, werden normalerweise zwei Tests durchgeführt. Das IEST definiert Sorption als einen physikalischen oder chemischen Mechanismus, bei dem eine Flüssigkeit von einer Feststoffoberfläche aufgenommen wird (abweichend von der Adsorption, die in Poren und Kapillargefäßen und auch auf der Oberfläche stattfindet).
Die Absorption eines Wischtuchs kann intrinsisch, also berechnet auf der Basis des Gewichts, in ml/g oder extrinsisch, berechnet auf Basis der Fläche in ml/m2, ausgedrückt werden. Intrinsische Sorption wird manchmal als Leistungsfähigkeit bezeichnet und spiegelt wider, wie gut ein Wischtuch ad- oder absorbiert. Extrinsische Sorption wird ebenfalls als Kapazität bezeichnet - das Gesamtvolumen der Flüssigkeit, die das Wischtuch aufnehmen kann. Normalerweise wird die Absorptionsfähigkeit eines Wischtuchs mithilfe von Wasser berechnet. Es können jedoch auch andere Flüssigkeiten dafür genutzt werden, solange diese das Tuch befeuchten.
Das Verhalten von Wischtüchern aus Polyester und aus Zellulose ist bei der Sorption von Flüssigkeiten unterschiedlich. Wischtücher aus Polyester werden oft als hydrophob und auch als „nicht sehr absorptionsfähig" bezeichnet. Es ist wahr, dass Wischtücher aus Polyester behandelt werden müssen, damit diese hydrophil werden. Die Flüssigkeit wird nicht von der Struktur des Garns absorbiert. Die Oberflächenbehandlung ermöglicht es jedoch, dass die Flüssigkeit in den interstitiellen Räumen (Zwischenräume) der Fasern zurückgehalten wird - dies wird als Adsorption bezeichnet. Nach der Behandlung kann die Kapazität der Polyesterwischtücher zur Aufnahme von Flüssigkeiten die von Wischtüchern aus Zellulose übertreffen. Wischtücher aus Zellulose sind inhärent hydrophil, wobei die Flüssigkeit direkt in die Fasern selbst absorbiert wird.
Die Sorptionsrate ist ein Maß dafür, wie schnell ein Wischtuch eine Flüssigkeit aufnehmen kann. Dies kann vor allem für Reinräume in der Biowissenschaft wichtig sein, sowohl zur Reinigung von Verschüttungen als auch für Anwendungen mit Desinfektions- und Reinigungsmitteln. Wenn die Sorptionsrate gering ist, kann die Zeit, in der das Wischtuch die Flüssigkeit absorbiert bevor das Desinfektionsmittel verwendet werden kann, die Dauer der Biodekontaminierung erheblich ausweiten. Es kann außerdem dazu führen, dass der Nutzer nicht lange genug wartet, bis das Wischtuch ausreichend getränkt ist, und die Desinfektion dann dadurch nur suboptimal ausfällt.
Die Sorptionsrate wird in Sekunden ausgedrückt und es gibt zwei Hauptmethoden, die eingesetzt werden können. Im ersten Test wird ein Tropfen Wasser in einer festgelegten Höhe auf die Oberfläche eines einzelnen Wischtuchs abgegeben. Es wird dann die Zeit gemessen, die benötigt wird, bis die spiegelnde Reflexion des Tropfens verschwindet. Dieser Wert wird als Sorptionsrate festgehalten.
Das IEST beschreibt alternativ dazu eine Methode zur Messung der Sorptionsrate mithilfe eines Stapels an Wischtüchern. Ein Stapel Wischtücher mit bekannter Masse und Gewicht wird auf einer Wasseroberfläche mit konstanter Temperatur positioniert. Die Zeit bis zur vollständigen Benetzung wird aufgezeichnet. Die Sorptionsrate kann dann mit diesen Messungen und der Masse des befeuchteten Stapels berechnet werden.
Die Durchführung der Funktionstests ist relativ einfach. Die Berechnung der Gesamtkapazität sollte unter den verschiedenen Datenblättern vergleichbar sein. Die Sorptionsrate bei Test 1 kann durch die Wischtuchspannung beeinflusst werden. Achten Sie also darauf, dass das zu testende Wischtuch in eine spezielle Halterung eingespannt wird. Achten Sie bei Test 2 darauf, dass das Wischtuch flach aufliegt und keine Luftblasen gebildet werden. Wenn das Wischtuch behandelt wurde, um es hydrophil zu machen, sollte das Wasser im Wasserbehälter regelmäßig gewechselt werden, um sicherzustellen, dass die Behandlung für eine niedrige Oberflächenspannung nicht in die Flüssigkeit im Behälter gelangen kann.
Zu den Kontaminierungstests, die regelmäßig von Reinraumnutzern durchgeführt werden, gehören u. a. Partikel, nicht spezifizierte extrahierbare Bestandteile und einzelne Ionenkontaminierungen.

Nicht spezifizierte extrahierbare Bestandteile
Diese werden oft als Maß für nichtflüchtige Rückstände oder extrahierten Rückstände auf Datenblättern für Wischtücher angezeigt. ISET-RP-CC004 bezeichnet zwei Tests zur Bestimmung der extrahierbaren Materialmenge, ohne das Material zu identifizieren. Eine Methode prüft wie schmutzig (oder sauber) das Wischtuch ist, indem die Gesamtmenge an zugänglichen Material mit einem festgelegten Lösungsmittel extrahiert wird. Die zweite Methode ist das kurzfristige Extrahieren, das wahrscheinlich nicht vollständig sein wird, aber die Vorgabe spezifischer Bedingungen für das Extrahieren ermöglicht. Das Ergebnis wird normalerweise in g/m2 oder mitunter auch in % der extrahierbaren Bestandteile ausgedrückt. Die meisten Hersteller geben Ergebnisse an, die mithilfe von zwei Lösungsmitteln erhalten wurden: IPA und DI-Wasser.
Einige Hersteller nutzen das kurzfristige Ex­trahieren, um die Bedingungen an die Bedingungen, die vor Ort herrschen, anzugleichen. Andere geben die Gesamtmenge an extrahierten Substanzen an. Es sollte also darauf geachtet werden, Vergleiche der Daten unterschiedlicher Hersteller nur durchzuführen, wenn dort die gleichen Bedingungen bestanden.

Ionen bzw. Ionengehalt
Neben den nicht spezifischen extrahierten Rückständen müssen bestimmte Industrien auch den Ionengehalt eines Wischtuchs für Reinräume kennen. Branchen wie Mikroelektronik, Halbleiter und Datenspeicherung werden nachteilig von Ionenkontaminationen beeinträchtigt. Kontaminationen werden allgemein in Teilen pro Million oder Milliarde ausgedrückt. Zu den analysierten Kontaminationen gehören Kationen von Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium und Anionen wie Chlor, Fluor, Nitrat, Sulfat und Phosphat. Standardmäßig führen die meisten Unternehmen in ihren technische Datenblätter Natrium, Chlor und Kalium auf, die entweder bei Umgebungstemperatur oder bei einer erhöhten Temperatur extrahiert wurden. Unterschiedliche Messtechniken wie Ionenchromatographie, Kapillarelektrophorese, Massenspektrometrie mit induktiv gekoppelter Plasmaionenquelle können nach dem Extrahieren zur Analyse des Extrakts genutzt werden. Die Ionenchromatographie ist dabei die kostengünstigste Option und wird aufgrund ihrer Einsatzflexibilität und Empfindlichkeit von der Mehrheit der Hersteller eingesetzt. Die meisten Wischtuchhersteller nutzen den Extraktionsprozess bei Umgebungstemperatur. Zusammen mit der Tatsache, dass die meisten Hersteller die Ionenchromatographie nutzen, bedeutet das, dass der Ionengehalt vergleichbar ist. Jedoch wird hier auch angenommen, dass die Prozesse die gleichen sind.
Fasern und Partikel
Im Gegensatz zu den Tests auf andere Kontaminationen gibt es keine konkrete Antwort darauf, wie viele Partikel ein Wischtuch potentiell an die Umgebung abgeben kann. Die Tests auf Partikel und Fasern zwischen denen auf der Wischtuchfläche, also die leicht freigegebenen Partikel, und die Partikel, die sich noch nicht auf der Oberfläche befinden, aber durch mechanische Vorgänge mit dem Wischtuch entstanden sind, werden getrennt vorgenommen. Fasern und Partikel können in unterschiedlichen Größen angezeigt werden. Normalerweise werden Fasern als ≥100 µm und Partikel von ≥ 0,3 bis ≥5,0 µm klassifiziert. Üblicherweise werden Partikel, die ≥ 0,5 µm sind, angezeigt.
Es gibt drei Hauptmethoden, die für den Test auf Partikel und Fasern genutzt werden können. Zum einen gibt es die stressfreie Prüfung für Partikel, die leicht freigegeben werden, die ohne Anwendung von mechanischer Energie auskommt. Mit dem Horizontalschüttler wird mäßige mechanische Energie weitergegeben, und die Twist-Methode (Biaxial Shake) wird genutzt, um starke mechanische Energie auf das Wischtuch zu übertragen. Die beiden letzteren Methoden produzieren eine Mischung aus leicht freigegebenen und erzeugten Fasern und Partikeln. Als Teil der Testmethodik werden Wischtücher in eine Lösung mit entweder 100 % DI-Wasser oder mit Tensid/DI-Wasser getaucht. Sämtliche Debatten darüber, ob Tests nass oder trocken durchgeführt werden sollten (in der Vergangenheit überwogen Trockentests), wurden Anfang der 1990er Jahre beendet - seither werden Nasstests (3) bevorzugt.
Fasern und Partikel werden dabei üblicherweise mit einem Flüssigkeitspartikelzähler gemessen. Rasterelektronenmikroskopie und optische Mikroskopie für Fasern, die größer sind als 100 µm, werden hier ebenfalls eingesetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Methodiken, der genutzten Immersionslösungen und Analysewerkzeuge und der Kombinationen, die daraus geschaffen werden können, wird hier nicht empfohlen, die Daten eines Herstellerdatenblatts mit einem anderen zu vergleichen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass hier ein Eins-zu-Eins-Vergleich möglich ist.

Datenvergleich
Der Vergleich von Wischtüchern unterschiedlicher Herkunft ist durch Schwankungen zwischen den verschiedenen Testmethoden und der Testausrüstung also keine genaue Wissenschaft. Gültige technische Datenvergleiche können nur durch nebeneinander laufende Tests von mehreren Proben in der gleichen Anlage, mit den gleichen Methoden und Geräten, und unter den gleichen Bedingungen erhalten werden.
Aber können die Hersteller mithilfe der Daten angeben, ob es sich bei einem Wischtuch um ein Tuch der Klasse 3 oder der Klasse 5 handelt?
Nicht wirklich. Mit der Weiterentwicklung der Technologie in den 1980er und 90er Jahren sind Reinräume aufgrund der Ansprüche an die Prozesse in diesen Räumen viel sauberer geworden. Auch Wischtechnologie und Reinheit haben sich gemäß diesen Ansprüchen weiterentwickelt. Mitte der 1980er Jahre, als ein Reinraum der Klasse 100 das Höchstmaß an Reinheit verkörperte, war ein gewaschenes, messergeschnittenes Wischtuch aus gewirktem Polyester das Wischtuch erster Wahl - nicht, weil es für die Umgebung als geeignet festgelegt wurde, sondern weil es das sauberste Wischtuch war, das zu dieser Zeit für die sauberste Umgebung erhältlich war. Je sauberer die Reinraumumgebungen mit der Zeit wurden, desto fortschrittlicher wurde auch die Wischtuchtechnologie. So wurden Wischtücher mit versiegelten Rändern, Materialbehandlungen und vorgetränkte Wischtücher entwickelt, um übermäßigen Kontakt und aerosolisierte Partikel zu eliminieren. Wie bereits erwähnt, gibt es Tests zur Bestimmung der inhärenten Reinheit eines spezifischen Wischtuchs. Diese können bei der Auswahl eines Wischtuchs behilflich sein, das sich am besten für die Anwendungen und die Umgebung eignet.
Es gibt jedoch keinen gültigen, akkuraten und akzeptierten Test, der Wischtücher in Bezug auf den Reinheitslevel des Reinraums selbst bestimmt oder zertifiziert. Die Ergebnisse der Partikeltests von Wischtüchern werden in Partikel/m2 angegeben. Dies ist allerdings schwer mit den Messungen der Luft für Reinraumklassen zu vergleichen, die in Partikel/m3 Luft angegeben werden.
Wir haben einige Tests in einem Reinraum der Klasse B4 durchgeführt, um ein Protokoll für Gebrauchstests zu erstellen. Dies erwies sich jedoch aufgrund von zu vielen beteiligten Faktoren als nicht beweiskräftig. Weitere Überlegungen müssen bezüglich dessen getroffen werden, ob der korrekte Parameter zur Messung die Partikelmenge in der Luft oder die Partikelmenge auf der Oberfläche sein soll.

Gibt es also ein Wischtuch der Klasse „X"?
Die Bestimmung dessen, welches Wischtuch in einem bestimmten Reinraum genutzt werden kann, war schon immer davon abhängig (und wird es auch weiterhin bleiben), welche Prozesse in der Reinraumumgebung ausgeführt werden und welches Wischtuch sich am besten für die Anwendung eignet (stellt das niedrigste Kontaminationsrisiko für den Prozess dar, nimmt am besten Flüssigkeit auf, ist am haltbarsten etc.), dabei aber dennoch die Anforderungen der benötigten Wisch- oder Reinigungsmaßnahme erfüllt. Sogar die vom IEST empfohlenen Praktiken kennen an, dass „diese Praktiken die Wischtücher nicht gemäß ihrer Eignung für spezielle Anwendungen kategorisieren. Stattdessen werden rationale und relevante Tests angeboten, um die Eigenschaften des Wischmaterials zu bestimmen, die im Allgemeinen als wichtig erachtet werden. Die Ergebnisse dieser Tests erlauben eine quantitative Prüfung der Vorzüge von Wischmaterialien gemäß ihren unterschiedlichen Eigenschaften, die als wichtig für den Verwendungszweck angesehen werden.

Danksagung
Der Autor bedankt sich für die Beiträge von Dave Nobile, leitender technischer Experte von Contec Inc.

 

Kontakt

Contec, Inc.

Rue Paul Dupleix, Z I du Prat
56000 Vannes
Frankreich

+33 (0)2 97 43 76 98