Frauenquote – Uzin Utz bietet intelligente Alternative
Frauenförderprogrammm eröffnet Mitarbeiterinnen Karrierechancen beim mittelständischen Spezialchemieunternehmen
„Frauen in Führung - Erfolg braucht alle" heißt das Projekt, das Uzin Utz, ein Komplettanbieter für Bodensysteme mit Sitz in Ulm, über drei Jahre entwickelte, um Mitarbeiterinnen individuell zu fördern und sie auf verantwortungsvolle Positionen vorzubereiten. Dr. Andrea Gruß befragte Thomas Müllerschön, Vorstandsmitglied bei Uzin Utz und Initiator des Projekts, und Managementtrainerin Birgit Bilger zur Wirkung gesetzlich verordneter Frauenquoten in Unternehmen und möglichen Alternativen.
Frau Bilger, warum brauchen wir mehr Frauen in Führungspositionen?
B. Bilger: Die deutsche Wirtschaft kann - auch angesichts des Fachkräftemangels - nicht auf all die top-ausgebildeten Frauen verzichten. Darüber hinaus belegen viele Studien, dass Unternehmen durch Frauen in Führungspositionen erfolgreicher agieren und die Unternehmenskultur dadurch nachhaltig zum Besseren verändert werden kann.
Ist die Frauenquote der richtige Weg, mehr Frauen in die Führungsetage zu bringen? Warum wird sie Ihrer Meinung nach so konträr diskutiert?
T. Müllerschön: Eines ist unbestritten: Es gibt Ungerechtigkeiten und vermutlich auch überforderte Männer in hohen Führungspositionen, die möglicherweise bevorzugt befördert wurden. Aber es gibt nun mal auch Branchen und Berufe, die Frauen und Männer unterschiedlich stark anziehen. In meinen Augen behandelt die gesetzliche Regelung nur das Symptom, anstatt Ursachen zu erforschen und dafür adäquate Lösungen zu finden.
B. Bilger: Oft höre ich in Diskussionen Argumente, die Stereotypen bedienen und die die historisch gewachsenen Ursachen für die einseitige Verteilung der Geschlechter in Führungspositionen nicht berücksichtigen. Umgang, Kommunikation und Denkkultur in vielen Organisationen sind männlich geprägt. Frauen, die hier Erfolg haben wollen, müssen deshalb erst einmal die eigene Unterschiedlichkeit erkennen und die der anderen verstehen, um erfolgreich auf dem Spielfeld derer mitspielen zu können, die die Spielregeln bestimmen. Grundsätzlich halte ich es für wichtiger, individuelle Lösungen zur Förderung von Frauen zu entwickeln, als Frauen per Quote zu befördern.
Wer ist die bessere Führungskraft: Mann oder Frau?
B. Bilger: Frauen sind selbstverständlich nicht per se die besseren Führungskräfte - aber sie sind anders. Es ist wichtig, sich diese zum Teil unbewusst wahrgenommenen Unterschiede ins Bewusstsein zu rufen und diese zu nutzen.
T. Müllerschön: Meiner Erfahrung nach haben Frauen keinen gänzlich anderen Führungsstil als Männer. Es gibt genügend männliche Führungskräfte, die mit den vermeintlich weiblicheren Attributen wie Empathiefähigkeit und Integration führen. Genauso gibt es Frauen, die in unangenehmen Entscheidungssituationen genauso klar durchgreifen wie Männer. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen Mann und Frau, die sich zum Beispiel häufig in der Kommunikation, im Verhalten sowie in der Lebens- und Karriereplanung äußern. Beide - Frauen und Männer - haben dieselben Fähigkeiten, aber in durchaus unterschiedlich starker Ausprägung. Dies müssen sich alle Beteiligten bewusst machen - in einem kooperativen Miteinander. Denn es geht darum, voneinander zu lernen, um das Beste füreinander zu tun.
Warum gibt es nicht schon mehr Frauen in Führungspositionen?
B. Bilger: Zu wenige Unternehmen haben konkrete Ziele, wie sie den Frauenanteil in Führungspositionen erhöhen wollen. Zwar gibt eine große Anzahl weiblicher Potenzialträgerinnen in der zweiten bis vierten Führungsebene, doch es werden zu wenige Maßnahmen umgesetzt, um diese Frauen weiterzuentwickeln. Unternehmen, die mehr Frauen in Führungspositionen bringen wollen, müssen sich die Fragen stellen: Gibt es Mentoring-Programme? Wie ist die Begleitung in der Karriereplanung? Gibt es regelmäßige, strategische Entwicklungsgespräche? Existiert ein Wiedereinstiegsprogramm nach der Elternzeit oder kommen Eltern einfach wieder zurück? Gibt es die Angst vor dem Karriereknick, wenn Elternzeit oder Teilzeit in Anspruch genommen werden? Wie sieht es mit flexiblen Arbeitsmodellen für berufstätige und karriereorientierte Eltern aus?
Unternehmen müssen künftig Arbeitsmodelle finden, in denen Menschen flexibler als früher arbeiten können und Karrierewege öffnen, die den Ansprüchen in unterschiedlichen Lebensphasen gerecht werden.
T. Müllerschön: Dem stimme ich zu. Per Quote etwas anordnen und dann denken, dass sich alles zum Guten ändert, ist zu kurz gedacht. Wir müssen Arbeitsmodelle finden, die karriereorientierten Eltern gleichermaßen einen Rahmen bieten, in dem sie gerne Leistung erbringen und zum Unternehmenserfolg beitragen.
Wie begegnen Sie dieser Herausforderung bei Uzin Utz?
T. Müllerschön: Zur Unterstützung von Mitarbeiterinnen bedarf es nicht nur spezieller Fortbildungsangebote, sondern auch einer Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen einschließlich des Umdenkens aller Beteiligten. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit Frau Bilger das Programm „Frauen in Führung - Erfolg braucht alle" entwickelt. Das Ziel war, eine intelligente Alternative zur Frauenquote zu erarbeiten. Diese wurde so flexibel konzipiert, dass sie die unterschiedlichen Lebensphasen der teilnehmenden Frauen berücksichtigt. Uzin Utz bietet den Teilnehmerinnen verschiedene Wege, sich weiterzuentwickeln ‒ gehen müssen sie diese aber selbst.
B. Bilger: Das Programm von Uzin Utz fördert die individuelle, authentische Entwicklung von Führungspersönlichkeiten und orientiert sich dabei am familiären, betrieblichen und stellenbezogenen Lebenszyklus der Teilnehmerinnen.
Die Teilnehmerinnen, die sich in einem internen Bewerbungsverfahren für die Seminarreihe qualifiziert haben, wurden in mehrtägigen Workshops, Gesprächsrunden und Einzelcoachings für Führungsaufgaben geschult. Darüber hinaus gab es Tandem-Partnerschaften mit erfahrenen Führungskräften des Unternehmens.
In Projektgruppen wurde ein Führungskräftekompass entwickelt, der unter anderem zukünftige Prozesse im Hinblick auf Teilzeitstellen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erleichtern soll.
T. Müllerschön: Mit dem Programm „Frauen in Führung" wollen wir die Attraktivität von Uzin Utz als Arbeitgeber erhöhen. Dabei setzen wir auf Kooperation statt Konkurrenz. Denn damit wir auch in Zukunft erfolgreich sein können, brauchen wir die Talente und Fähigkeiten von Frauen und Männern.