Schott verstärkt das Qualitätsbewusstsein und Eigenverantwortung der Mitarbeiter in der Pharma-Packmittelproduktion
24.02.2015 -
Qualitätssicherung spielt in der Produktion von Pharmaverpackungen eine zentrale Rolle. Denn Patienten sind auf einwandfreie Medikamente angewiesen, und dieser Anspruch schließt auch ein einwandfreies Packmittel ein. Um Mitarbeiter für alle Qualitätsaspekte im Produktionsalltag zu sensibilisieren, hat Schott die Kampagne „100 % Verantwortung" ins Leben gerufen. Mit einer Mischung aus Information und Maßnahmen, die Aufmerksamkeit schaffen, motiviert das Unternehmen seine Mitarbeiter, die Richtlinien der Good Manufacturing Practice (GMP) tagtäglich umzusetzen.
Wer sich in eines der weltweit 16 Werke von Schott Pharmaceutical Systems begibt, bekommt das Gefühl in eine neue Welt einzutauchen. Auf über 600 Produktionslinien werden Fiolax Glasrohre mit Hilfe hoch spezialisierter Heißformgebungsmaschinen zu Behältern für die Aufbewahrung sensibler Medikamente geformt. Genauer gesagt Spritzen, Fläschchen, Ampullen und so genannte Karpulen, etwa neun Milliarden davon stellt das Unternehmen jedes Jahr her. Nach der Formung werden die Container im Ofen kontrolliert erhitzt und wieder abgekühlt, während des gesamten Prozesses mehrfach in ihren Dimensionen vermessen (und gegebenenfalls aussortiert, sollten sie die engen Toleranzgrenzen überschreiten) sowie abschließend in Reinraumumgebung der Klasse ISO-8 oder höher verpackt.
Neben der ganz eigenen Faszination, die hoch automatisierte Industrieproduktionen oftmals ausüben, ist es bei Schott noch ein anderer Aspekt, der ins Auge fällt. Denn wo man hinsieht herrscht strenge Ordnung: Jedes Gerät hat einen eigens dafür vorgesehenen Platz, auf großen Boards sowie in den elektronischen Produktionssystemen werden Arbeitsabläufe und Vorkommnisse genauestens dokumentiert, und die Verhaltensregeln für Mitarbeiter und Besucher erinnern weniger an einen traditionellen Glashersteller als vielmehr an hochmoderne Unternehmen der Pharma- oder Lebensmittelbranche.
Genau aus diesen Industrien stammt auch die Vorgabe, nach der sich die Qualitätsphilosophie von Schott richtet: Good Manufacturing Practice (GMP, dt. „Gute Herstellungspraxis") vereint Richtlinien, die die Qualität von Produktionsabläufen in sensiblen Bereichen sichern sollen. GMP ist dabei kein Selbstzweck, sondern hat stets den Schutz des Konsumenten bzw. Patienten zum Ziel. In immer mehr Ländern hat GMP eine gesetzliche Grundlage, an die sich Pharmaunternehmen halten müssen - und mit ihnen auch deren Zulieferer für qualitätskritische Komponenten.
Fehler vermeiden ist lebenswichtig - auch in der Packmittelproduktion
Als integraler Bestandteil eines Medikamentes wird heutzutage auch dessen Primärverpackung gesehen. Man spricht von Primärverpackung, da diese Container direkten Kontakt mit dem Medikament haben - eine Kontaminierung hätte also unmittelbaren Einfluss. Handelt es sich, wie im Falle von Schott, um Container für Injektabilia, wiegt dieser Umstand besonders schwer. Denn per Injektion gelangt dessen Inhalt direkt in die Blutbahn des Menschen. Auch wenn es dramatisch klingt: Jede kleine Unachtsamkeit bei der Herstellung der Verpackung stellt folglich eine potenzielle Gefahr für Menschenleben dar.
Patienten setzen ihr volles Vertrauen in die Industrie, dass Medikamente zu ihrer Genesung beitragen und hohen Qualitätsstandards genügen. Die Verantwortung hierfür trägt zunächst einmal das pharmazeutische Unternehmen beziehungsweise der Hersteller. Bei ihm erfolgen in der Regel wesentliche Prozessschritte wie das Reinigen und Sterilisieren der Primärverpackungen, und zwar unmittelbar bevor die Container auf die Fülllinie kommen. Jedoch sind die Packmittelhersteller ebenso in der Pflicht, da sie den Pharmazeuten bereits am Anfang der Prozesskette mit einwandfreier Ware beliefern müssen. Zudem werden Verpackungen immer häufiger vorsterilisiert und abfüllfertig an die Pharmaunternehmen geliefert. Ein größerer Teil der Verantwortung wird dadurch an den Verpackungshersteller verlagert. Doch ob vorsterilisiert oder nicht - jede Rückrufaktion aufgrund mangelhafter Verpackung würde nicht nur einen großen finanziellen und reputativen Schaden für den Pharmahersteller bedeuten, sondern sich auch nachteilig auf den Packmittelhersteller auswirken.
Die häufigsten Fehlerquellen bei der Produktion von Pharmaverpackungen sind untermischte Produkte (Mix-ups), Verunreinigungen und die Verletzung der sogenannten Container Closure Integrity. Bei letzterer genügt eine kaum sichtbare Unebenheit im Material, die eine Lücke zwischen Verschluss und Container lässt, durch die Luft oder Partikel an das Medikament gelangen und es verunreinigen können. Auch Risse im Glas, verursacht durch einen fehlerhaften Produktionsprozess, können dazu führen, dass das Behältnis nicht mehr steril ist. Bei einem Mix-up wiederum werden Container verschiedener Größen oder Sorten in einer Lieferung an den Pharmazeuten vermischt. Dies kann zum Beispiel dazu führen, dass ein Patient die falsche Dosis eines Medikaments erhält.
Qualitätsbewusstsein im Arbeitsalltag verankern - aber wie?
Solche Situationen weitestgehend auszuschließen ist Sinn und Zweck der GMP-Regeln. Für deren Einhaltung zu sorgen ist wiederum das zentrale Thema in der Packmittelproduktion. Dass Schott beispielsweise Reinraum-Anforderungen für die sterile Spritzenherstellung technisch erfüllt, wird von den Pharmaherstellern im Rahmen von Audits regelmäßig geprüft. Herausforderung ist es jedoch, ein „GMP-Mindset" in der Unternehmensphilosophie zu verankern, das jeden Tag gelebt wird.
Gefordert sind höchste Sorgfalt und Aufmerksamkeit sowie eine disziplinierte Arbeitsweise jedes Mitarbeiters. Regelmäßige Schulungen sind obligatorisch. Doch gerade weil die Regeln sehr streng sind, kann es Mitarbeitern schwerfallen, das vorhandene Wissen bei jedem einzelnen Schritt immer wieder anzuwenden. Auch ist es im Arbeitsalltag nicht immer einfach, die Verbindung zwischen einem Glasrohr im ersten Schritt und einer lebensrettenden Injektion am Ende herzustellen.
Um dies zu ändern, hat Schott die weltweite Kampagne „100 % Verantwortung" ins Leben gerufen. Zentrale Idee ist es, an das Verantwortungsgefühl der Mitarbeiter zu appellieren und jedem einzelnen seinen persönlichen Beitrag bewusst zu machen. Die Kernaussage ist: Die Verpackung ist ein integraler Bestandteil des Medikaments. Daher hat jeder Mitarbeiter nicht nur Verantwortung für die von ihm hergestellte Verpackung, sondern auch für die Sicherheit des Patienten. Und bei neun Milliarden Stück Jahresproduktion sind es mit Sicherheit auch Familienmitglieder und Freunde der Mitarbeiter, die Medikamente aus einem Schott Container erhalten.
Die Kampagne setzt dabei bewusst auf eine emotionale Bildsprache, die den Mitarbeitern an zahlreichen Stellen in der Produktion begegnet - auf Plakaten, Bannern und Aufstellern bis zum Flyer für Besucher. Ergänzt wird dieser emotionale Part durch einen informativen Kampagnenteil. Beispielsweise werden die Mitarbeiter auf Informationstafeln plakativ an die wichtigsten zehn GMP-Regeln erinnert:
- Verantwortung übernehmen: In jedem Moment ist höchste Aufmerksamkeit gefordert
- Handlungsanweisungen befolgen
- Das tun, wofür man trainiert wurde
- Alle Arbeitsschritte sauber dokumentieren, um im Ernstfall, wenn Fehler entdeckt werden, den Schaden begrenzen und gezielt Gegenmaßnahmen einleiten zu können
- Unterschriften nachvollziehbar gestalten,
- um transparent rückverfolgen zu können,
- von wem eine Dokumentation stammt
- Kontaminierungen, zum Beispiel durch Haare oder Fingerabdrücke, vermeiden
- Produkte nicht vermischen
- Vier-Augen-Prinzip: Alle qualitätskritischen Prozessschritte müssen von mindestens zwei Personen unabhängig voneinander kontrolliert werden
- Keine Freigabe ohne Prüfung erteilen
- Abweichungen umgehend melden, damit zeitnah Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden können
Qualität kennt keine Hierarchie
Gerade die Punkte 8 und 10 erfordern in mancherlei Hinsicht ein Umdenken. Denn ein wesentlicher Teil der GMP-Kultur ist es, dass sich die Mannschaft ständig gegenseitig zum Einhalten der Regeln auffordert und motiviert, ohne Konkurrenzdenken und Rücksicht auf Hierarchien. Insbesondere in stark hierarchisch orientierten Kulturen kann es jedoch schwierig werden, wenn der Untergebene dem Chef Hinweise auf korrektes Arbeiten geben soll.
Dieses Vorgehen nicht nur zu legitimieren sondern ausdrücklich zu unterstützen war ein wichtiger Aspekt des Top-Managements bei der Einführung der Kampagne in den jeweiligen Werken. Zum Auftakt fand an den Standorten eine ganztägige Veranstaltung statt. Dabei wandte sich der Leiter des Geschäftsbereiches mit einer persönlichen Botschaft an die Mitarbeiter vor Ort und demonstrierte dadurch die enorme Wichtigkeit für das gesamte Unternehmen. Ein unternehmensweiter Imagefilm und die Tatsache, dass alle Verwaltungsmitarbeiter ebenfalls in GMP geschult und eingebunden werden, unterstrich zusätzlich die Bedeutung von „100 % Verantwortung". Foto-Aktionen vermittelten auf humorvolle Art die richtige Anwendung der Reinraumkleidung und stärkten gleichzeitig den Team-Gedanken.
In mehr als der Hälfte der Werke hat Schott die Kampagne mittlerweile ausgerollt - mit deutlich positiver Resonanz vieler Kunden, die die Werke seither besucht haben. Bis September 2015 wird dies an allen Pharma-Standorten der Fall sein. Kunden und Lieferanten, die die Produktion besuchen, sehen auf den ersten Blick, dass die Einhaltung der GMP Regeln hier höchste Priorität genießt. So strahlt die Schott Kampagne nicht nur nach innen, sondern erzielt auch eine Außenwirkung, die das bestehende Image des Unternehmens als Vertrauensmarke stärkt.