Anlagenbau & Prozesstechnik

Umluftsysteme für Reinräume in der Pharmazie

24.02.2015 -

Reinräume erfordern einen hohen Luftwechsel. Dieser wird benötigt, um die Kontamination der Luft gering zu halten und Wärmelasten abzuführen.

Für die Umwälzung großer Umluftmengen sind ein erheblicher Geräteaufwand und ein entsprechend hoher Energiebedarf notwendig. Die Umluftmenge hängt hauptsächlich von der Reinraumklasse und der Wärmelast im Raum ab. Es ist daher notwendig, die Umluft möglichst effizient umzuwälzen. Die zu Beginn der Reinraumtechnik verwendeten zentralen Umluftsysteme wurden in der Mikroelektronik nahezu vollständig von dezentralen Systemen verdrängt. In der Pharmazie sind die zentralen Systeme immer noch vorherrschend. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die verschiedenen Umluftsys­teme, die in der pharmazeutischen Industrie verwendet werden.

Einfluss der Raumluftführung
Bei turbulenzarmen Reinräumen herrscht zu 95 % die Luftströmung von der Reinraumdecke zum Fußboden vor. D. h. die Luft tritt von der Reinraumdecke, die zu 100 % mit Filtern belegt ist, in den Reinraum ein und durchströmt diesen wie ein Kolben. Die Luft verlässt den Reinraum über Einströmgitter, die in Bodennähe in den Reinraumwänden eingebaut sind. Wesentlich seltener wird eine horizontale Strömung von einer Wand zur gegenüberliegenden Wand aus Prozessgründen verwirklicht.
Bei turbulenten Reinräumen ist die Decke nur zu einem Bruchteil mit Filtern belegt. Die Luft wird entweder direkt aus den Schwebstofffiltern senkrecht nach unten oder über Diffusoren horizontal entlang der Decke ausgeblasen. Die Rückluft wird entweder wie beim turbulenzarmen Reinraum über bodennahe Wandeinlässe abgesaugt oder aber direkt an der Reinraumdecke zwischen den Schwebstofffilterauslässen zurückgeführt. Messungen der Lüftungseffektivität zeigen, dass bei ausreichender Turbulenz und Vermeidung von Kurzschlüssen an der Decke­ zwischen den Ein- und Auslässen sowohl bei bodennaher Absaugung als auch bei der Absaugung über die Decke sehr gute Werte erreicht werden. Ein Unterschied in der Lüftungseffektivität ist nicht feststellbar. Damit ist sichergestellt, dass die Qualität des Reinraums nicht vom Ort der Rücklufteinlässe abhängig ist.

Zentrale Umluftgeräte
Die großen Umluftgeräte (Bild 1) sind entweder in einer zusätzlichen Gitterrostebene oberhalb der Reinraumdecke oder in einem separaten Aufstellraum untergebracht. Die Zuluft wird über ein großes, oft sehr langes Kanalnetz zu den Filterauslässen der einzelnen Räume geführt und die Raumabluft wieder über ein Kanalnetz zu den Geräten zurückgeführt. Die Installation des umfangreichen Kanalnetzes bedarf einer sorgfältigen Planung. Änderungen am Kanalnetz aufgrund von Raumänderungen sind sehr aufwändig und kostspielig. Die langen Kanäle bedingen natürlich große Luftwiderstände und damit hohe Energiekosten. Die Außenluft wird den Geräten direkt auf der Lufteinlassseite zugeführt, so dass eine Vermischung der Außenluft mit der Rückluft im Gerät erfolgt. Da nicht für jeden Raum ein Gerät vorhanden ist sondern mehrere Räume von einem Gerät versorgt werden, wird die Luft aus verschiedenen Räumen miteinander vermischt. Dadurch kann es zu Querkontaminationen von einem zum anderen Raum kommen. Fällt ein Umluftgerät aus, dann sind mehrere Reinräume von diesem Ausfall betroffen. Die Wartung der Geräte ist sehr einfach, da alle Komponenten zentral in einem Gerät untergebracht und im Normalfall leicht zugänglich sind.

Dezentrale Umluftsysteme
Im Gegensatz zu den zentralen Umluftsystemen kommen dezentrale Umluftsysteme mit wesentlich geringeren Luftwiderständen aus, da für die verteilten Hauptkomponenten in Summe wesentlich mehr Fläche zur Verfügung steht und keine oder kürzere Luftkanäle notwendig sind. In den dezentralen Umluftsystemen sind wesentlich mehr und wesentlich kleinere Komponenten verbaut. Durch die Verwendung von kommutierten Gleichstrommotoren haben auch die kleinen Ventilatoren insbesondere im Teillastbereich gute Wirkungsgrade, die denen größeren Ventilatoren entsprechen.

Bei der Wahl des dezentralen Umluftsystems müssen bestimmte Randbedingungen betrachtet werden:
Die gewünschte Reinraumklasse (turbulenzarm oder turbulent), ist für das ausgewählte System entscheidend. Daneben spielen die erforderliche Luftwechselzahl, das Volumenstromverhältnis von Umluft zur Außenluft, die Platzverhältnisse, die Wärmelasten intern/extern und die Raumgeometrie eine entscheidende Rolle.

Filter Fan Units (FFU)
Für turbulenzarme Bereiche haben sich heute bei vielen Projekten die Filter Fan Units (Bild 2) als Umluftsystem durchgesetzt. Die Geräte sitzen direkt auf oder unter der Reinraumdecke und blasen die Luft über Schwebstofffilter in den Reinraum. Die Rückluft wird über bodennahe Wandeinlässe und die am Rand des Reinraums befindlichen Rückluftschächte, in denen meistens auch die Rückluftkühler integriert sind, zurück in den Ansaugbereich der FFU´s geführt. Der gesamte Bereich der Rückluftführung ist geschlossen (geschlossenes Plenum). Durch die großen Querschnitte ergeben sich sehr geringe Luftwiderstände. Die Ausführung der FFU´s hängt von der Filterbelegung in der Decke ab. Bei 100 % Belegung (turbulenzarmer Reinraum) muss an die Schallleistung und die Gleichförmigkeit der Abströmung der Geräte ein erheblich höherer Anspruch gestellt werden, als bei einer geringeren Belegung (10 % - 25 %) in einem turbulenten Reinraum. Insbesondere in turbulenten Bereichen (Klasse C) ist die Ausführung eines geschlossenen luftdichten Plenums oberhalb der gesamten Reinraumdecke oft nicht möglich, da in diesem Bereich Geräte aufgestellt und Versorgungsleitungen platziert werden müssen. Damit bleibt die Anwendung der FFU´s sehr oft auf die turbulenzarmen Bereiche beschränkt.

FFU mit Rückluftplenum
Wie im vorherigen Absatz beschrieben, kann die Rückluft insbesondere für turbulente Bereiche oft nicht über Rückluftschächte und eine geschlossenes Plenum zurück zu den FFU´s geführt werden. Daher ist der Einsatz von Standard FFU´s sehr oft in turbulenten Bereichen nicht möglich.
In diesem Fall bieten sich lokale Umluftgeräte mit integriertem Rückluftplenum und eingebautem Kühler (Bild 3a) an, die ebenfalls auf die Reinraumdecke aufgesetzt werden. Die Rückluft wird vom Ventilator zentrisch im Gerät über ein Rückluftgitter, ein Vorfilter und einen Kühler angesaugt. Der Ventilator bläst die Zuluft über ein Schwebstofffilter und das Ausblasgitter in alle Richtungen horizontal entlang der Reinraumdecke in den Reinraum ein (Bild 3b). Die Umluft bewegt sich daher nur im Reinraum und im Gerät selbst und verlässt damit das geschlossene System nicht. Ein Außenluftanschluss am Gerät sorgt für die notwendige Außenluftzufuhr für den Reinraum. Diese Luftführung bietet sich für sämtliche turbulente Bereiche an. Da die Luft horizontal entlang der Decke eingeblasen wird, ist eine optimale Vermischung der Zuluft mit der Raumluft für Raumhöhen bis ca. 4 m gegeben. Der Einsatz dieser Geräte erfordert nur einen geringen Planungsaufwand, da die Zu- und Rückluftkanäle vollständig entfallen. Lediglich die Außenluftkänäle, die aber nur einen Bruchteil der Querschnitte ausmachen, sind zu den Geräten zu führen.
Da jedes Gerät nur einem Raum zugeordnet ist, bleibt die Luft in dem jeweiligen Raum und wird nicht mit der Umluft anderer Räume vermischt. Damit ist eine Querkontamination von Raum zu Raum ausgeschlossen. Die Erhöhung der Umluftmenge (z. B. Klasse D => Klasse C) kann einfach durch die Platzierung zusätzlicher Geräte vorgenommen werden, ohne die Druckkaskade zu beeinflussen (Reine Umluft). Auch bestehende Systeme mit zentralen Umluftgeräten können mit diesen Geräten aufgerüstet werden. Die Vernetzung der Geräte über ein Bussystem ermöglicht die individuelle Steuerung jedes einzelnen Geräts über eine zentrale Steuereinheit. Da die Geräte wartungsfrei sind, ist ein Zugang zu den Komponenten nur sehr selten notwendig und sowohl von der Reinraumseite als auch vom Deckenbereich möglich.

FFU mit Rückluftplenum für hohe Räume
In hohen Reinräumen sollte die Raumluft nicht horizontal an der Decke entlang, sondern mit einem Impuls senkrecht nach unten in den Reinraum eingeblasen werden, um die Vermischung der Zuluft mit der Raumluft bis zum Reinraumboden zu gewährleisten. Die hohen Räume sind notwendig, wenn es entweder Prozessgeräte oder Einrichtungen (z. B. Tanks) erfordern. Meistens ist für die Rückluft keine ausreichende Platzvorhaltung eingeplant. Damit bietet sich ein Gerät (Bild 4) an, welches die Zuluft im Zentrum mit einem Impuls nach unten einbläst und die Rückluft seitlich an der Decke ansaugt. Mit einem solchen Gerät sind Raumhöhen von bis zu 8 Meter turbulent zu durchströmen. Ansonsten gelten die gleichen Eigenschaften wie für das PIFF. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Anwendungsbereiche der verschiedenen Umluftsysteme.

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