Strategie & Management

WVIS-Kolumne Neues aus dem Industrieservice: Grenzen der Instandhaltung

29.10.2014 -

Momentan ist er mal wieder in aller Munde. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die politische Diskussion macht dabei den Eindruck, dass mit Wind und Sonne und einem neuen Netz, das Projekt der Energiewende abgeschlossen ist. Übersehen wird gerne, dass thermische Kraftwerke essentiell für die Versorgung sein werden. Selbst wenn wir das Potential der erneuerbaren Energien hundertprozentig ausschöpfen, werden wir eine Back-up-Leistung von 80 Gigawatt durch thermische Kraftwerke sicherstellen müssen.

Doch angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Energiewende vorangetrieben wird, geraten die Betreiber der konventionellen Kraftwerke in Zugzwang. Die steigende Nutzung von erneuerbaren Energien stellt Betriebsanforderungen an die Gas- und Kohlekraftwerke, auf die sie technisch nicht ausgelegt sind. So müssen die Anlagen häufiger ein- und ausgeschaltet werden, um die Schwankungen, die die Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Wasser mit sich bringt, kompensieren zu können. Die Zahl der Lastwechsel ist zum Teil mehr als 200 Mal höher als bei der Zulassung der Kraftwerke. Dadurch wächst die Gefahr von nachhaltigen Schäden an den Anlagen - zugleich nehmen die Risiken für die Versorgungssicherheit zu.

Das Wegschauen aber hat Folgen. Es entstehen Schäden auch in Bauteilen, die für die Sicherheit relevant sind. Das hat bereits Unglücksfälle verursacht. In einem Fall musste ein Kraftwerk fast ein Jahr abgeschaltet bleiben. Eine Umrüstung würde bedeuten, erneut investieren zu müssen. Dies findet schon allein deshalb nicht statt, weil thermische Kraftwerke ohnehin nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.

Inmitten dieses Szenarios stößt auch die Instandhaltung an ihre Grenzen. Sie wird immer mehr zurückgefahren.  Die Ausgaben für die Instandhaltung sind in Deutschland in diesem Jahr um 40 bis 45 % zurückgegangen. Die Folge: Die Anlagen würden für die heutigen Betriebsanforderungen überhaupt nicht mehr zugelassen werden. Im Rückraum der Energiewende wird das deutsche sonst überaus sicherheitsorientierte Genehmigungssystem ausgehebelt - mit allen Risiken für Mensch, Umwelt und Versorgungssicherheit.

Der Druck seitens der Bundesnetzagentur bleibt. Die Betreiber sind dazu verpflichtet, weiterhin Strom zu liefern - de facto mit einer nicht mehr genehmigungsfähigen Technik. Die Politik muss dafür sorgen, dass auch der thermische Schutzschirm der Energiewende wirtschaftlich aufgespannt bleiben kann. Wer die Energiewende will, muss auch ihre Absicherung wollen. Die Gefahr ist, dass andernfalls auch die öffentliche Akzeptanz für dieses teure politische Großprojekt aufs Spiel gesetzt werden könnte.

Es geht um technologische Lösungen, die z.B. auf die neuen Belastungen durch flexibles An- und Abschalten ausgerichtet sind. Dienstleister sind bereit diese Aufgaben zu lösen, indes muss die politische Förderung endlich die Bestandskraftwerke wieder in ihre Planung integrieren.

Ihr Reinhard Maaß

 

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