Wenn fließen soll, was haften muss
Rührsysteme für die industrielle Herstellung von Schmierfetten
Rührsysteme für viskose Medien müssen Anforderungen wie Flexibilität, Restmengen, Reinigungsverhalten und Validierbarkeit der Prozesse berücksichtigen.
Die Herstellung
Außer mit Verfahren, bei denen Reaktionsbehälter, Wärmetauscher und Umwälzpumpen zum Einsatz kommen, werden gerade Spezialschmierfette in gerührten Reaktoren und Behältern hergestellt. Der Herstellprozess eines Schmierfettes lässt sich in Bezug auf die Rühr- und Mischtechnik in einen Reaktionsschritt (Kochen), einen Abstimmschritt (Zugabe von Additiven) sowie einen Abkühlschritt einteilen.
Die Prozessschritte können je nach Verfahren im „Ein-Topf" Verfahren (all-in-one-reactor) oder in 2-3 hintereinandergeschalteten getrennten Rührkesseln durchgeführt werden. Nachgeschaltet erfolgen dann noch weitere Prozesse wie das Homogenisieren, Entgasen und Abfüllen.
Die Anforderungen an die Rührtechnik lassen sich für alle 3 Verfahrensschritte im Fettherstellprozess priorisierend zusammenfassen:
- Rühren bei wechselnden Viskositäten oder Fließanomalien
- Maximaler Wärmeübergang beim Heizen und Kühlen
- Intensives Einrühren von reaktiven Stoffen
Das Basis Rührorgan
Schmierfette sollen bestimmungsgemäß nur bei der Applikation fließen, jedoch an der Verbrauchsstelle haften. Diese Eigenschaften werden durch geschickt gewählte Verdicker und Additive herstellerseitig eingestellt und stellen hohe Ansprüche an die Rührtechnik. Das primäre Rührorgan der Wahl zeichnet sich durch ein effektives Umwälzverhalten bei wechselnden Viskositäten und bei Fließanomalien aus. Wandferne Rührsysteme (Propeller, Blatt Rührer) sind zwar in der Lage, die im Prozess vorgelegten Grundöle anfänglich gut zu rühren, spätestens jedoch beim Wärmetransport von der Kesselwand und beim Rühren unter ansteigender Viskosität werden die Grenzen dieser Rührsysteme schnell erreicht.
Wandnahe Rührsysteme sind daher das Mittel der Wahl, so sind Ankerrührer oder Rahmenrührer in Fettreaktoren seit den frühen 1900er Jahren im Einsatz. Diese Systeme habe Ihre Funktionsfähigkeit im Fettprozess bewiesen - haben sich aber mangels Effizienz heutzutage überlebt.
Die gängigen wandnahen Rührsysteme sind als reine radialfördernde Rührorgane (Ankerrührer) ausgeführt. Diese Systeme lassen durchwegs eine axiale Förderkomponente vermissen. Diese wichtige axiale Förderkomponente bietet u. a. der Wendel Rührer - ein wandnahes Rührsystem welches durch einen Bandwendel die Produkte durch „Verdrängung" fördert. Im hochviskosen Medium effektiv, sinkt die Effizienz und der Leistungseintrag im niedrigen Viskositätsbereich (z. B. beim Rühren von Grundöl) aufgrund der auftretenden Rotation der Mischung stark ab.
Moderne Rührorgane wie der Ekato Paravisc kombinieren die Vorteile der beiden o. g. Systeme zu einem Rührsystem. Dieses Rührorgan verbindet die hydraulische Wirkfläche des Wendelrührers mit der offenen Bauweise des Ankerrührers - bei deutlich verringertem Blecheinsatz.
Die „offene" Bauweise des Paravisc erlaubt den Einsatz eines innenliegenden Stromstörers. Stromstörer sind in der Rührtechnik ein probates Mittel, beim Rühren die Rotation des Rührgutes zu brechen und in eine axiale Richtung umzulenken.
Für den Fettkochprozess bedeutet dies:
- Rühren in einem weiten Viskositätsbereich (turbulent bis laminar)
- Effektiver Wärmeübergang durch ein wandnahes Rührorgan, zusätzlich unterstützt durch Wandabstreifer
- Effektives Einziehen von Feststoffen durch axialen Produktaustausch.
Durch Umschalten der Hauptdrehrichtung des Rührwerks von „im Uhrzeigersinn" auf „gegen Uhrzeigersinn" lässt sich die axiale Förderrichtung des Rührorgans umkehren. Mit diesem einfachen Mittel wird zusätzlich eine hohe Flexibilität in der Prozess-Führung erreicht:
- Förderung „nach Oben" zum optimalen Heizen/Kühlen
- Förderung „nach Oben" zum Abtransport von Wasserdampf beim Kochen
- Förderung „nach Unten" zum Einziehen von Verdickern/reaktiven Feststoffen von der Oberfläche
- Förderung „nach Unten" beim Entleeren.
Werden die Verdicker und reaktiven Substanzen vorgemischt zugegeben oder erfolgt deren Einzug „unter Niveau" in die Scherzone eines Rotor-Stator Mischers, so kann der Fettkochprozess durchaus in einem Reaktionskessel mit nur einem Paravisc Rührwerk durchgeführt werden.
Koaxialrührwerk (2-Wellen System)
In der Praxis werden jedoch die Prozessschritte auf mindestens 2 Behälter aufgeteilt. Da der Kochprozess bei Spitzentemperaturen bis 250 °C abläuft und die Zugabe von Additiven und auch das Abfüllen in Gebinde in der Regel ein Abkühlen auf < 100 °C erfordert, wird für diesen Prozessschritt ein separater Rührkessel nachgeschaltet. Während der Kochkessel als Druckreaktor betrieben wird (bis 12 bar), kann der nachgeschaltete Kühl- /Abstimmkessel durchaus drucklos - somit technisch einfacher - hergestellt werden.
Im Prozess müssen schlecht lösliche Additive und zum Teil auch reaktive Substanzen zügig in die hochviskose Fettmasse eingearbeitet werden. Um den Paravisc hierbei zu unterstützen ist die Verwendung eines zweiten Rührsystems angezeigt. Im Zentrum des Paravisc wird ein zusätzliches Rührsystem angeordnet, das genau auf die zusätzliche Anforderung des Prozesses hin ausgelegt wird:
- Dispergieren von Additiven mittels einer Dissolverscheibe in Kombination mit dem Ekato Viscoprop
- Unterstützung des Wärmeübergangs beim Kochprozess bzw. beim Kühlprozess mittels Ekato Viscoprop
Der Einsatz der zusätzlichen Zentralrührer erhöht die Grund-Effizienz des Paravisc Systems. Die Rührsysteme wurden als multifunktionale Industrierührsysteme entwickelt und zeichnen sich neben Ihrer Effizienz im Mischprozess auch durch einen minimalen Blecheinsatz aus - ein wichtiges Kriterium in Bezug auf die Restmengen beim Entleeren.
Die bis heute noch verwendeten Zweiwellen-Rührsysteme, namentlich der Kammschaufelrührer und das Planetenrührwerk erreichen die Leistungsfähigkeit der o. g. Rührsysteme nur durch einen „höheren Blecheinsatz" oder komplexere Antriebssysteme, was sich auch auf die Reinigung nachteilig auswirken kann.
Der Fettkochkessel
Die apparativen Anforderungen an den Fettkochkessel ergeben sich aus dem Kochprozess selbst. Grundöl niedriger Viskosität wird vorgelegt und zügig auf Reaktionstemperatur gebracht. Durch Zugabe von reaktiven Substanzen wird die Verseifungsreaktion in Gang gesetzt. Hier gilt es, die reaktiven Substanzen schnell homogen einzurühren. Entstehender Wasserdampf muss abgeführt, die Temperatur im Prozess - auch bei ansteigenden Viskositäten - gleichmäßig und konstant gehalten werden. Neben einer Fahrweise im „offenen" Kessel kommen auch Druckreaktoren bis 12 bar zum Einsatz.
Der als Kochkessel verwendete Rührkessel wird mittels Thermalöl beheizt und verfügt über einen Doppelmantel oder eine Halbrohrschlange zur Beheizung und/oder Kühlung. Wird der Kochkessel in einer kombinierten Heiz-Kühlsequenz betrieben, können die Anforderungen an den Druckbehälter (Nachweis der Temperatur-Wechselbelastungen nach Regelwerk) den Prozess zum Teil einschränken.
Während der Paravisc als wandnahes Rührorgan in Kombination mit einem Abstreifer-System für den optimalen Wärmeübergang von der Behälterwand in das Produkt sorgt, kommt als Zentralrührwerk eine Kombination aus Axial-Radialförderer (Viscoprop) in Verbindung mit einer Dissolverscheibe zum Einsatz.
Die Leistungseinträge sind hierbei abhängig von der individuellen Rezeptur. Der Drehmoment-Anstieg in der Verseifungsphase erfordert ausreichende Reserven bei den Antrieben. Bei Anlagen mit häufigen Produktwechseln und damit verbunden einem weiten Spektrum an Viskosität, kann eine Auslegung auf eine mittlere (normale) Design-Viskosität angezeigt sein. Der Apparat lässt sich dadurch wirtschaftlich herstellen (keine unnötige Überdimensionierung). Alle Produkte mit maximal-Viskosität werden dann bei reduziertem Füllgrad hergestellt. Die üblichen Rührleistungseinträge (beim Paravisc Rührwerk: 2 bis 3 kW/m³; beim Viscoprop Rührwerk: 5 bis 6 kW/m³) werden als Wärme dem Prozess zugeführt und müssen bei der Wärmebilanz - gerade beim Abkühlen - berücksichtigt werden.
Der Kühl-/Abstimmkessel
Im 2-Kesselprozess wird die Funktion des Abstimmens und Abkühlens aus dem eigentlichen Kochkessel auf einen Kühl/Abstimmkessel ausgelagert. Das heiße Fett wird über Pumpen oder Schwerkraft (z.T. mittels Druckunterstützung) aus dem Kochkessel in den Kühl/Abstimmkessel transferiert. Es erfolgt je nach Rezeptur die Zugabe von Additiven oder direkt der Abkühlschritt. Zügiges Kühlen ist dabei als die primäre Anforderung zu nennen.
Der als Kühl/Abstimmkessel verwendete Rührkessel wird in der Regel konstant „kalt" betrieben, d.h. das Fett wird in den „kalten" Behälter abgelassen. Der Kessel ist dazu ebenfalls mit einem Doppelmantel ausgestattet, welcher jedoch vorzugsweise horizontal geteilt ausgeführt wird. Die Teilung des Doppelmantels in Sektoren erlaubt eine parallele Fahrweise des Kühlwassers und eine segmentierte Fahrweise bei einer Teilbefüllung des Kühlkessels.
Aufgabe des Rührwerks ist primär das Erreichen eines hohen internen Wärmeübergangs bei minimaler Leistungszufuhr. Steigende Viskosität beim Abkühlen und eine konstante Verringerung des treibenden Temperaturgefälles zwischen der Produkttemperatur und dem Kühlmedium limitieren die Kühlleistungen erheblich.
Eine Verdopplung der Anzahl Abstreiferelemente und gegenüber der Auslegung beim Kochkessel eine erhöhte Umfangsgeschwindigkeit beim Paravisc Rührwerk ist hierbei ein probates Mittel, der kontinuierlichen Verschlechterung der physikalischen Bedingungen entgegenzuwirken. Bei einfachen Produktqualitäten ist die Rührwirkung des Ekato Paravisc für akzeptable Abkühlzeiten durchaus ausreichend. Bei hohen Anforderungen an die Kühlleistung kommt zusätzlich ein mehrstufiges Zentralrührwerk zum Einsatz, welches mit gegenläufiger Förderrichtung den Wärmeaustausch im Rührkessel unterstützt und verstärkt. Hierbei muss auf eine hohe Effizienz des Rührsystems Wert gelegt werden, um bei minimalem Leistungseintrag eine maximale Umwälzleistung zu erreichen.
Im abgekühlten Zustand sind die Fließeigenschaften des fertigen Fetts bereits voll ausgeprägt: es haftet an Flächen und fließt nur unter Scherung: für die Rührtechnik und gerade für das Entleeren nicht eben optimale Eigenschaften. Auch hier sind die Wahl der optimalen Behältergeometrie und die Form und Funktion der im Rührbehälter verbauten Rührorgane ausschlaggebend für den Prozesserfolg.
Der Austrag erfolgt in der Regel durch den zentrisch im Kesselboden angeordneten Auslassstutzen in den Saugstutzen einer Verdrängerpumpe. Die im Kesselboden angeordneten Abstreifer fördern Restmengen aus der Randzone zum zentrischen Auslass, während die Wandabstreifer die Wandbeläge nach unten abstreifen. Drehzahlerhöhungen bei beiden Rührwerken sowie die Drehzahlumkehr minimieren Anhaftungen an den Rührorganen. Nach Beendigung des Austragsvorgangs wird der Rührkessel in der Regel mit Spülöl gereinigt und somit für den nächsten Batch vorbereitet.
Scale-up
Die Auslegung von Fettkochkesseln und Kühl/Abstimmkesseln wird in Abhängigkeit von der individuellen Rezeptur, der auftretenden Viskosität und dem rheologischen Verhalten der Fette sowie der Apparategröße bestimmt. Fachkundige Hersteller verfügen dazu über ausreichende Betriebserfahrung, um Batch Apparate bis 20 m³ (Kühlkessel) sicher auszulegen. Die bereits Eingangs erwähnte starke Normierung der Fette in Viskositätsklassen erleichtert die mechanische Auslegung sehr.
Alle am Markt tätigen Produzenten von Schmierfetten verfügen über eigene Entwicklungsabteilungen, die ständig mit der Entwicklung von Neuerungen beschäftigt sind. Bei diesen Neuentwicklungen kann es durchaus erforderlich werden, die rührtechnisch relevanten Daten im Kleinversuch zu ermitteln, um eine Ausgangsbasis für einen sicheren Scale-up auf den Betriebsmaßstab zu erhalten. Ekato Systems hält dazu Technikumsmischer vor, die auf die speziellen Anforderungen von Koch- und Mischversuchen hin abgestimmt sind.
Ob Einfärbe-Tests im Glasbehälter oder Simulation eines Kochvorgangs im Druckbehälter: Versuche im Maßstab 50 bis 100 l sind bei Neuentwicklungen unerlässlich. Während dieser doch kleine Maßstab für die Aufnahme der rührtechnisch relevanten Daten ausreicht, können wichtige sekundäre Anforderungen wie Restmengen, Verschmutzungsgrad und Austragverhalten im 50 l Maßstab nicht zufriedenstellend dargestellt werden. Ein Feldversuch im „Großmaßstab" ist dann meist unumgänglich.
Ausblick
Die Schmierstoff-Branche ist hinsichtlich der Anforderungen einem kontinuierlichen Wandel unterzogen. Fertigungstechnologien verändern sich von „manueller Zugabe" auf automatische Abläufe. Prozess-Validierung (Automotive, Halal, Koscher) und reproduzierbare Abläufe erhöhen die Anforderungen an die Ausrüstung der Werke. Nicht zuletzt wird verstärkt auch auf eine ansprechende Optik der Rührkessel Wert gelegt.
Die zum Teil nicht unerheblichen Entsorgungskosten für Spülöle führen bereits zu Änderungen in den Anforderungskatalogen für Rührkessel. Cleaning in Place (CIP), schon aus der Lebensmitteltechnik bzw. Pharmazie bekannt, hat Einzug in die Fettherstellung gehalten. Hier sind gerade effiziente Rührsysteme mit schlanken Geometrien das Mittel der Wahl.
Nicht unerhebliches Potenzial bietet das weite Feld der Dispergier-Technik mit Rotor-Stator-Systemen und das Unterniveau-Einsaugen von Feststoffen bei der Fettherstellung (nicht gleichzusetzen mit der Nachhomogenisierung von Schmierfett). Einsaugen von Additiven in die Scherzone eines Rotor-Stator Mischers und Einsaugen der großen Mengen von Verdickern „unter Niveau" direkt in den Kesselboden sind heute bereits erprobte Techniken. Rotor-Stator-Mischer wie der Ekato S-JET - zentrisch im Auslass eingebaut - bündeln dabei 3 Funktionen in einem Zusatzgerät:
- Scherwirkung
- Dispergieren von Feststoffen
- Funktion als CIP- und Austrags-Pumpe
Es bleibt auf dem Gebiet der Fettherstellung weiter spannend - Ekato Systems geht diesen Weg mit.
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