Erfolgsmodell Arbeitsmarkt
Realität am deutschen Arbeitsmarkt - Fakten statt Zerrbilder
Während man im Ausland das „German Jobwunder" bestaunt, wird hierzulande ein düsteres Bild vom deutschen Arbeitsmarkt gemalt. Es wird der Eindruck einer von Zukunftssorgen und schlechten Arbeitsbedingungen geprägten Gesellschaft vermittelt.
Ist die Lage wirklich so schlecht, wie viele glauben machen wollen? Ein Blick in die amtlichen Statistiken genügt, um falsche Darstellungen zu korrigieren und einen realistischen Eindruck von der Situation am Arbeitsmarkt zu erhalten. Genau dies hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) jüngst getan und die umfangreiche Datensammlung „Die Realität am deutschen Arbeitsmarkt" vorgelegt.
Die darin ausgewiesenen und mit den jeweiligen Quellenangaben versehenen Fakten zeigen, dass in der öffentlichen Debatte vielfach unbegründete Ängste geschürt werden. Auf dieser Basis werden neue Regulierungen gefordert. Gesetzliche Mindestlöhne werden als probates Mittel gegen angebliche Missstände gepriesen, Befristungen werden abgelehnt, die Zeitarbeit gänzlich in Frage gestellt. Selbst Teilzeittätigkeiten gelten nicht als ein wichtiges Element einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern als „atypische" Beschäftigung - und das, obwohl für die Arbeitnehmer erst 2001 ein Rechtsanspruch auf Teilzeit geschaffen wurde.
Erfolge werden ausgeblendet
In der letzten Dekade hat es in Deutschland für Arbeitnehmer viele Fortschritte und deutliche Arbeitsmarkterfolge gegeben. Dies spiegeln die herangezogenen Daten wider, die etwa vom Statistischen Bundesamt, der Bundesagentur für Arbeit, dem IAB, der OECD oder von Eurostat erhoben wurden.
Hier ein Überblick über die zentralen Entwicklungen:
- Zusätzliche Beschäftigung - auch in Vollzeit
Entgegen anderslautender Behauptungen hat es keine Verdrängung des „Normalarbeitsverhältnisses" gegeben, sondern vielmehr zusätzliche Beschäftigung und den Abbau der Arbeitslosigkeit. Von 2006 bis 2011 wurden 2 Mio. neue Beschäftigungsverhältnisse geschaffen, davon 1,5 Mio. so genannter Normalarbeitsplätze (sozialversicherungspflichtig, in Vollzeit). Deren Anteil an der Gesamtbevölkerung ist von 2000 bis 2011 konstant geblieben. Gleichzeitig ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit 2005 von 2,4 Mio. auf 1,2 Mio. gesunken. Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten („Minijobber") stagniert. Sie lag 2006 bei 4,85 Mio. und 2012 bei 4,82 Mio. Dabei waren zuletzt über 40 Prozent der Minijobber Schüler, Studenten und Rentner. Die Zahl der Erwerbstätigen hingegen ist gleichzeitig von 39,2 Mio. auf 41,6 Mio. gestiegen. Der Anteil der Zeitarbeitnehmer an allen Erwerbstätigen liegt noch immer bei nur 2 %. Zwei Drittel waren vor der Zeitarbeit arbeitslos, davon jeder Sechste länger als ein Jahr. - Befristung nicht auf dem Vormarsch
Über die Hälfte der Neueinstellungen erfolgt unbefristet. 56 % der befristeten Arbeitsverhältnisse werden in unbefristete Beschäftigung umgewandelt. Der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse liegt seit Jahren konstant bei unter 10 %. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist in Deutschland zwischen 2001 und 2011 von 10 auf 11,2 Jahre angestiegen. - Einstieg in Arbeit ist Chance zum Aufstieg
2010 haben 8 Mio. Menschen zu einem Stundenlohn unterhalb der Niedriglohnschwelle von 9,15 Euro gearbeitet (die Niedriglohnschwelle liegt bei zwei Dritteln des Medianstundenlohns). Das sind 23 % der abhängig Beschäftigten. Im Jahr 2000 lag dieser Wert nur geringfügig darunter, bei rund 21 %. Etwa ein Viertel schafft innerhalb eines Jahres den Aufstieg in eine höher entlohnte Beschäftigung. 46 % der Beschäftigten im Niedriglohnbereich üben eine Tätigkeit aus, für die kein Abschluss benötigt und die daher geringer entlohnt wird. Bei den Arbeitslosen lagen 56 % mit ihrem Haushaltseinkommen unterhalb der so genannten Armutsgefährdungsschwelle. Von den Niedriglohnbeziehern waren es nur 16 %, der Bevölkerungsdurchschnitt liegt bei 14 %. Deutschland ist kein Niedriglohnland: Die Arbeits¬kosten betrugen 2011 pro Arbeitsstunde 31,30 € in der Privatwirtschaft und 34,30 € im Verarbeitenden Gewerbe. Dies ist Rang 5 im EU-Vergleich. - Aufstocken kein Beleg für „working poor"
Von den rund 1,3 Mio. „Aufstockern" arbeitet die Hälfte in einem Minijob. Die Zahl der vollzeitbeschäftigten „Aufstocker" lag zuletzt bei unter 300.000, das entspricht lediglich 1,4 % der Vollzeitbeschäftigten insgesamt. Rund zwei Drittel aller vollzeitbeschäftigten „Aufstocker" schaffen spätestens nach zwölf Monaten den Ausstieg aus dem Fürsorgebezug. Genau dies war und ist die erklärte Zielsetzung dieses Kombilohn-Modells. Der Großteil der vollzeitbeschäftigten „Aufstocker" erhält aufgrund eines familienbedingten Mehrbedarfs Unterstützung. Ein in Berlin lebender, verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern würde bei einer 38-Stunden-Woche erst bei einem Stundenlohn über 15 € keinen Anspruch mehr auf ergänzendes Arbeitslosengeld II haben. Auch ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € je Stunde würde hier nichts am „Aufstocken" ändern. - Trugschlüsse vermeiden
Angesichts der Herausforderungen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist ein an den Tatsachen orientierter und unverstellter Blick auf die Lage und die bestehenden Probleme notwendig, um Trugschlüsse zu vermeiden. Dabei müssen auch die demografische Entwicklung und der technologische Wandel beachtet werden. Es braucht Ideenreichtum und praxisorientierte Lösungen statt den Ruf nach gesetzlichen Mindestlöhnen und der Ausweitung von staatlichen Sozialleistungen. Für die notwendige, verantwortungsvoll geführte Debatte zur zukünftigen Gestaltung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Deutschland kann die vorgelegte BDA-Faktensammlung einen wertvollen Beitrag leisten.
Leserdienst
Sie können die 36-seitige BDA-Broschüre „Die Realität am deutschen Arbeitsmarkt - Fakten statt Zerrbilder" per E-Mail beim BAVC unter leserdienst@bavc.de bestellen.
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