Kostengünstiger Strom aus Kunststoff
16.02.2013 -
Kostengünstiger Strom aus Kunststoff – BMBF startet Initiative für organische Photovoltaik mit Unterstützung der Industrie. Strom aus Kunststoff-Solarzellen ist das Ziel einer neuen Forschungsinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).
Dabei sollen Solarzellen entwickelt werden, die biegsam, leichter und kostengünstiger sind als herkömmliche anorganische Bauelemente auf Siliziumbasis.
Zu den Gründungsmitgliedern der BMBF-Initiative für organische Photovoltaik (OPV) gehören BASF, Bosch, Merck und Schott. Die Sonne liefert mehr als das 6000-fache des Energiebedarfs der Weltbevölkerung.
Diese Energiequelle künftig besser zu nutzen, ist Ziel der Technologieinitiative für organische Photovoltaik, die Bundesforschungsministerin Dr. Annette Schavan gemeinsam mit den Vorständen der Unternehmen BASF, Bosch, Merck und Schott am 27. Juni 2007 in der Frankfurter Neuen Börse startete. 360 Mio. € wollen die Gründungsmitglieder der OPVInitiative über einen Zeitraum von fünf Jahren für die Entwicklung dieser Zukunftstechnologie investieren, 60 Mio. € davon steuert das BMBF bei.
Die Technologieinitiative soll für die Entwicklung neuer und entscheidend verbesserter Solarzellen auf Basis organischer und polymerer Materialien sorgen. Im Unterschied zu herkömmlichen Solarzellen können organische Solarzellen biegsam, dünn und transparent wie eine Folie sein.
So eignen sie sich beispielsweise für den Einsatz zur Stromversorgung von Mobiltelefonen.
Angestrebt wird auch der Einsatz von organischen Solarzellen in der Bauindustrie, wo sie künftig auf Dächern, Fassaden oder sogar Fenstern Strom erzeugen könnten. Voraussetzung für solche Anwendungen sind deutlich bessere Wirkungsgrade, eine wesentlich höhere Lebensdauer der Bauelemente sowie geringere Herstellungskosten. Insbesondere hier besteht ein hoher Forschungsbedarf.
Erste Schritte zur effizienten organischen Photovoltaik sind bereits gemacht: So erforscht beispielsweise das Darmstädter Unternehmen Merck seit dem Jahr 2001 mit etwa 120 Mitarbeitern organische Halbleiter.
Sie bilden das Herzstück einer Kunststoffsolarzelle. 2006 entwickelte das Unternehmen das erste Halbleiter-Polymer, das Elektrizität ähnlich gut leitet wie Halbleiter auf Basis von amorphem Silizium.
„Aufbauend auf einer bereits existierenden Produktpalette für die Silizium-Photovoltaik will Merck ein führender Materiallieferant in der Solarindustrie werden", sagt Dr. Bernd Reckmann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Merck.
In Zusammenarbeit mit dem Solarzellenhersteller Konarka und dem Experten für Prägetechnologie, dem Unternehmen Kurz, hat es sich Merck zur Aufgabe gemacht, Leistungsfähigkeit und Herstellbarkeit der neuartigen Solarzellen zu verbessern.
Auch bei der BASF forscht man an halbleitenden organischen Materialen mit hoher thermischer und photochemischer Stabilität, die die Funktion des heute verwendeten Siliziums in der Solarzelle übernehmen sollen.
„Organische Photovoltaik wird zu einem strategischen Schwerpunkt in unseren Wachstumsclustern Energiemanagement und Nanotechnologie", sagt Dr. Stefan Marcinowski, Mitglied des Vorstands und Sprecher der Forschung der BASF. Darüber hinaus setzt der Chemiekonzern auf Kooperationen.
Gemeinsam mit Bosch investierte BASF Venture Capital 3,2 Mio. € in das im Jahr 2006 gegründete Dresdner Start-up Heliatek.
Weitere Investoren sind Wellington Partners und der High-Tech Gründerfonds. Heliatek hat sich auf die Herstellung von Solarzellen der neuen, organischen Generation spezialisiert.
Mit einem „Rollezu-Rolle"-Fertigungsverfahren arbeitet das Unternehmen an einer besonders effizienten Technologie, um großflächige Module auf flexiblen Substraten herzustellen.
„Die Initiative zur organischen Photovoltaik zeigt, wie wir Kräfte bündeln und in neue Technologien investieren. So setzen wir die Hightech-Strategie der Bundesregierung erfolgreich um", sagte Schavan, „Ich lade weitere Partner, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen dazu ein, sich ebenfalls an der Initiative zur organischen Photovoltaik zu beteiligen."
Das Marktpotential für kostengünstige Solarzellen ist groß. Im vergangenen Jahr betrug das Marktvolumen von Photovoltaik-Modulen 8 Mrd. € weltweit.
Bis 2020 wird ein Wachstum von jährlich mehr als 20 % erwartet. Dabei entwickelten sich optische Technologien immer stärker zum Innovationsmotor in Deutschland, so Schavan weiter.
Bisher hat allein die Solarbranche 54.000 Arbeitsplätze geschaffen. Zwar habe die OPV noch einen enormen Entwicklungsbedarf, sagte Dr. Martin Heming, Geschäftsführer von Schott Solar, doch „Wir bei Schott sehen die realistische Chance, dass sie in absehbarer Zeit neue Marktsegmente für die Photovoltaik erschließen kann. Wenn wir es in unserem Entwicklungsverbund schaffen, OPV-Lösungen marktfähig zu machen, ist der Einstieg in die industrielle Fertigung von OPV-Komponenten eine interessante Zukunftsperspektive für Schott Solar."
Damit würden - anders als beispielsweise bei der Flüssigkristalltechnologie - deutsche Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette einer Zukunftstechnologie vom Material bis zum fertigen Endprodukt abdecken.
Andrea Gruß