Nur wenn die Kombination stimmt!
Wie man diverse Geräte zu einer explosionssicheren Anlage zusammenführt
CITplus - Die Einteilung explosionsgeschützter elektrischer Geräte in Gerätekategorien (Richtlinie 94/9/EG) bzw. Gerätschutzniveaus (IEC EN Normen 60079-0 ff) systematisiert und erleichtert grundsätzlich deren Auswahl und Anwendung. Wenn alle Akteure ihre Hausaufgaben machen und ein reger Informationsaustausch stattfindet, ist die Zuordnung der Geräte eindeutig und es entsteht sicherheitstechnisch eine optimale Lösung. Den Weg dahin hat der Bad Mergentheimer Ex-Spezialist Bartec in einer Broschüre exemplarisch aufgezeigt und in diesem Beitrag zusammengefasst.
Der Auswahlprozess für explosionsgeschützte Geräte beginnt mit der Erstellung des Explosionsschutzkonzeptes für Arbeitsplätze und Anlagen. Im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung im Sinne der Richtlinie 1999/92/EG oder BetrSichV in Deutschland legt der Betreiber die wesentlichen Explosionsschutzparameter für seine Prozessanlage fest und dokumentiert sie im Explosionsschutzdokument. Dieses Dokument beinhaltet somit neben den Zonenplänen alle weiteren für den Explosionsschutz relevanten Informationen (sicherheitstechnische Kennzahlen, Umgebungstemperaturbereich, chemische, mechanische Umweltbedingungen etc.) und definiert damit auch sehr konkret die Einsatzbedingungen für die Betriebsmittel.
Kennzeichnung gefordert
Der Hersteller muss im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens nach RL 94/9/EG seine Geräte kennzeichnen und eine Nutzerdokumentation mitliefern. Die Kennzeichnung beinhaltet alle wesentlichen technischen Merkmale eines industriellen Gerätes sowie die Explosionsschutzparameter, die das Gerät erfüllt. Zudem wird mit dem X auf dem Kennzeichnungsschild auf besondere Anwendungsbedingungen, z. B. bei der In-
stallation oder dem Betrieb des Gerätes hingewiesen. Somit legt der Hersteller mit der Gerätekennzeichnung und den ergänzenden Angaben in der Betriebsanleitung die bestimmungsgemäße Anwendung seines Gerätes fest.
Für die Auswahl reicht prinzipiell ein Blick ins Explosionsschutzdokument und auf das Kennzeichnungsschild bzw. in die Betriebsanleitung und das Gerät kann eingesetzt werden. In Europa sind mit den Atex-Richtlinien die Pflichten für Betreiber und Hersteller eindeutig definiert. In der Praxis, an der Nahtstelle zwischen Hersteller und Betreiber, handeln sehr oft weitere Akteure wie Planungs- und Installationsfirmen oder Reparaturfachbetriebe. Deren Rolle bei der Gestaltung der Richtlinien und Normen wurde nicht immer in Betracht gezogen. Sehr oft entstehen im Auswahlprozess aus dem Blickwinkel der Anwendung die ersten Fragen, z. B. welche Anschlusstechnik ist für das druckfeste Gehäuse ausreichend und wer bestimmt das oder wer kann ein Atex zertifiziertes Begleitheizungssystem installieren? Und leider treten im Auswahlprozess auch Hindernisse auf, z. B. die Ex-Parameter sind schlichtweg nicht bekannt oder das Wissen zu den relevanten Auswahlkriterien ist nicht vorhanden. In vielen Fällen sind Projektspezifikationen nicht mehr auf dem letzten Stand oder das Explosionsschutzdokument wurde nicht aktualisiert. Hinweise in der Gerätedokumentation werden nicht berücksichtigt oder sind zu spät verfügbar.
Eine wesentliche Informationsquelle und für alle Akteure gleichermaßen relevant, bieten neben der Produktdokumentation, technische Normen und speziell in Deutschland, die TRBSen. Insbesondere für die Projektierung elektrischer Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen von Gasen, Dämpfen und Stäuben ist die Norm IEC EN 60079-14 ein sehr umfassendes und nützliches Nachschlagewerk. Diese Norm definiert ergänzend zu den europäischen Richtlinien 1999/92/EG (in Deutschland BetrSichV) und 94/9/EG (in Deutschland GPSG) unter anderem die wesentlichen Auswahlkriterien für explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel.
Die Anwendung bestimmt das Sicherheitsniveau
Ein neuerer Sachverhalt in den Normen (IEC EN 60079-0 ff) ist die Einführung der EPLs (Equipment Protection Levels bzw. Geräteschutzniveaus). Die Auswahl eines Gerätes mit dem geeigneten Sicherheitsniveau für die Ex-Zone 0, 1, 2 (Gas) oder 20, 21, 22 (Staub) ist einfacher geworden. Eine pauschale Aussage „das Gerät soll für den Ex-Bereich geeignet sein" ist allerdings nicht ausreichend. Die neue „graduierte" Auswahl setzt voraus, dass die Einteilung der explosionsgefährdeten Bereiche in Zonen geschehen ist und diese Information auch zur Verfügung steht.
Die Zündschutzarten werden zukünftig einem Geräteschutzniveau (EPL) zugeordnet. Folglich sind alle Zündschutzarten eines Geräteschutzniveaus bezüglich der Sicherheit gleichrangig. Entscheidend für die Auswahl ist neben dem technischen Umfeld oder der gewünschten Technologie die Wirtschaftlichkeit der Lösung. Der Planer muss technisch-konstruktive Grundlagen der verschiedenen Zündschutzarten verstehen und kennen, um für seinen Anwendungsfall auch das Gerät mit der bestgeeigneten Zündschutzart auswählen zu können.
Da die Anschlusstechnik die Zündschutzart und somit das Sicherheitsniveau des Gerätes mitbestimmt, z. B. Leitungseinführung für druckfeste Gehäuse, muss der Gerätehersteller eine entsprechende Technik anbieten (direkte Einführung oder Ex e Anschlussgehäuse) und der Planer wiederum muss über Kenntnisse verfügen, um die richtige Anschlusstechnik auszuwählen. In analoger Weise kann der Installateur eine sichere Montage nur dann durchführen, wenn er ebenfalls die grundsätzlichen Unterschiede einer Leitungseinführung in der Zündschutzart „d" oder „e" kennt.
Bedingt durch die Anforderungen an die Gerätekennzeichnung in Europa nach der RL 94/9/EG und der EN 60079-0 ff sowie der ständigen Weiterentwicklung der Normen sind auf den Geräten einige Ex-Parameter (Gerätekategorie und Geräteschutzniveaus) mehrfach vorhanden. Dies führt in der Übergangsphase zu einem erhöhten Klärungsbedarf, verdeutlicht aber gleichzeitig die Notwendigkeit einer aktuellen Informationsbasis. Neben den gängigen Werkzeugen sollten auch aktuelle Normen allen Beteiligten zur Verfügung stehen.
Kenntnis der sicherheitstechnischen Kenngrößen
Damit eine optimierte Zuordnung der Explosionsschutzmaßnahmen zu den chemisch-physikalischen Eigenschaften brennbarer Gase, Dämpfe und Stäube erfolgen kann, müssen die sicherheitstechnischen Kenngrößen bekannt sein. Die Zündung explosionsfähiger Gemische aus Gasen und Dämpfen an einer heißen Oberfläche wird durch die Zündtemperatur definiert und über die Temperaturklassen (T1 bis T6) quantifiziert. Gemäß diesen Temperaturklassen werden explosionsgeschützte Betriebsmittel in ihren Oberflächentemperaturen so ausgelegt, dass eine Zündung ausgeschlossen wird. Etwas komplexer ist der Umgang mit Stäuben. Hier müssen sowohl die Zündtemperatur der Staubwolke als auch die der Staubschicht (Glimmtemperatur) bekannt sein. Oberster Grundsatz beim Umgang mit brennbaren Stäuben ist die Reinhaltung bzw. Vermeidung von Staubschichten. Wenn sich auf Geräten Staubablagerungen von mehr als 5 mm Staubdicke bilden können, muss die maximal zulässige Oberflächentemperatur entsprechend reduziert werden. Hilfestellung erhält der Anwender in der EN 60079-14.
Die Zündung der Gase und Dämpfe durch elektrische Funken oder durch einen heißen Gasstrahl aus einem dünnen Spalt werden mit Hilfe der Untergruppen IIA, IIB, IIC quantifiziert. Dieser Zusammenhang ist in der Praxis bei Gasen und Dämpfen relativ gut bekannt.
Neu sind die Explosionsgruppen bei Stäuben. Brennbare Stäube werden in drei Untergruppen eingeteilt: IIIA Flusen; IIIB nicht leitfähige Stäube; IIIC leitfähige Stäube. Zum Beispiel müssen Gehäuse in der Zündschutzart „Schutz durch Gehäuse (Ex t)" beim Einsatz in einer explosionsfähigen Staubatmosphäre aus leitfähigem Staub (Gruppe IIIC), staubdicht (IP 6X) ausgeführt sein und zwar für alle Gerätekategorien bzw. Schutzniveaus. Dadurch wird verhindert, dass Staub eintritt und evtl. Kurzschlüsse auf Leiterbahnen verursacht. Der IP Schutz wird jedoch nur dann dauerhaft erreicht, wenn der Installateur die speziellen Anforderungen kennt und auch anwendet, z. B. den Deckel des Gehäuses mit allen vorgesehenen Schrauben schließt sowie den Kabeldurchmesser und die Leitungseinführung passend ausführt.
Der graduierte Explosionsschutz berücksichtigt die unterschiedlichen Gefahren durch explosionsfähige Atmosphären und ermöglicht Maßnahmen, die den Verhältnissen sowohl aus sicherheitstechnischer Sicht als auch der Wirtschaftlichkeit entspricht. Vor-
aussetzung ist, dass alle Beteiligten (Hersteller, Betreiber, Planer, Installateure) den Stand der Dinge kennen und danach handeln.
Kontakt
Bartec GmbH
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