Anlagenbau & Prozesstechnik

Radarsensoren für Wasser- und Abwasseranwendungen

22.06.2012 -

CITplus - Vega hat seine Radarsensoren zur Füllstandmessung für den Einsatz im Wasser- und Abwasserbereich optimiert. Sie stellen technisch und wirtschaftlich eine echte Alternative zu bisher eingesetzten Systemen dar und haben sich in der Praxis bestens bewährt. Für viele Anwendungen zur Füllstand- und Durchflussmessung sind sie die in der Wasserwirtschaft erste Wahl und gelten als Stand der Technik.

Der Begriff „Stand der Technik" wird in vielen Industriebereichen verwendet. Aber was bedeutet er eigentlich? Die Europäische Normungskommission hat ihn im Jahr 2004 in der Norm EN 45020 folgendermaßen definiert: „Stand der Technik" - ein entwickeltes Stadium der technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, soweit Produkte, Prozesse und Dienstleistungen betroffen sind, basierend auf entsprechenden gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung.
Legt man den Text genau aus, dann ist die Radartechnik schon seit geraumer Zeit „Stand der Technik". Chemie und Petrochemie setzen sie seit mehr als 15 Jahren ein und die Technik hat sich hervorragend bewährt. Auch in der Schüttgutindustrie hat die Radartechnik Einzug gefunden und sich als universelles Messverfahren für die unterschiedlichsten Schüttgüter und Prozessbedingungen durchgesetzt.
Die Wasser- und Abwasserwirtschaft griff bisher nur auf Radarsensoren zurück, wo die Eigenschaften der Mikrowellentechnik wesentliche Vorteile in der Anwendung boten. In den meisten Fällen kamen weiterhin Ultraschallsensoren zur berührungslosen Messung von Füllständen, Pegeln oder für die Durchflussmessung in offenen Gerinnen zum Einsatz. Die Ultraschalltechnik war der bisherige „Stand der Technik" in dieser Branche - mit ausreichender Performance zu einem akzeptablen Preis. Vielen Anwendern waren die Schwächen der Ultraschalltechnik nicht bewusst oder haben gewisse Kompromissen akzeptiert.

Typische Messaufgaben im ­Abwasserbereich
Betrachtet man typische Messaufgaben in der Abwasserbranche, wird klar, warum bei vielen Anwendungen die Radartechnik der bisher eingesetzten Ultraschalltechnik deutlich überlegen ist.

Pegelmessung im Pumpwerk
Bei zu geringem natürlichem Gefälle wird das Abwasser in Pumpwerken angehoben und in mehreren Stufen zur Kläranlage geleitet. Neben Druckmessumformern kommen zur Pumpensteuerung auch Ultraschallsensoren zum Einsatz, die berührungslos den Füllstand des Abwassers erfassen. Der Vorteil der Radartechnik in dieser Anwendung ist der wartungsfreie und zuverlässige Betrieb unter allen Prozessbedingungen. Die gute Fokussierung der Radarsignale liefert auch bei beengten Platzverhältnissen und starken Anhaftungen an der Schachtwand zuverlässige Messdaten. Rohrleitungen, große Pumpengehäuse oder Leitern beeinflussen die Messergebnisse nicht. Selbst bei stark turbulenten Wasseroberflächen oder Schaumbildung durch die Einleitung von Waschmittelrückständen ist eine einwandfreie Funktion der Pumpensteuerung sichergestellt.

Regenüberlaufbecken
Damit die Kläranlage bei heftigen Regenfällen nicht überlastet wird, dienen Regenüberlaufbecken als Puffer. Die unterirdischen Becken werden geflutet und das Abwasser wird kontrolliert weitergeleitet. Reicht das Volumen des Beckens bei extremen Niederschlägen nicht aus, um die Wassermengen aufzunehmen, leitet die Kläranlage das Wasser durch einen Überlauf ab. Die Menge dieses „Abschlags" muss der Betreiber messen und dokumentieren. Bei Radarsensoren kann die Messung bis an das Antennensystem heran erfolgen, einen Mindestabstand wie bei Ultraschallsensoren, gibt es nicht. Der Inhalt der Becken lässt sich in der gesamten Höhe bis zur Decke erfassen. Der Einsatz eines einfachen Metallreflektors als Spiegel kann das Radarsignal umlenken, dies reduziert die Bauhöhe der Geräte nochmals. Die hohe Genauigkeit eines Radarsensor von +/- 2 mm stellt neben der zuverlässigen Messung des Füllstandes auch eine genaue Dokumentation der Abschlagsmenge sicher. Der Radarsensor ist durch die hohe Schutzart IP 68 (2 bar) bei einer Überflutung bestens geschützt und arbeitet völlig wartungsfrei.

Durchflussmengenmessung in offenen Gerinnen
Abwassermengen werden oft über die Füllhöhe in Gerinnen oder Überfallwehren gemessen. Mit einer gerinnespezifischen Linearisierungstabelle, die in den Sensoren als Berechnungsformel bereits hinterlegt ist, wird die Durchflussmenge als Messsignal ausgegeben. Die Stärken der Radartechnik liegen bei diesen Anwendungen in der hohen Genauigkeit, die auch bei wechselnden Umgebungsbedingungen erhalten bleibt. Bei Ultraschallgeräten muss man z. B. den Temperatureinfluss auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwellen ausgleichen. Ein Sensor im Schallwandler erfasst die Umgebungstemperatur und kompensiert den Laufzeitfehler in der Signalverarbeitung. Das funktioniert bei konstanten Verhältnissen recht gut, ändert sich die Temperatur jedoch schnell oder erwärmt die Sonne den meist schwarzen Schallwandler, wird der Temperatureinfluss nicht richtig kompensiert. Vor allem bei den sehr kleinen Messbereichen in der Durchflussmessung kann dies zu einem erheblichen Messfehler führen.
Vielen Anwendern ist dieser Einfluss nicht bewusst, denn die Hersteller geben die Messgenauigkeiten der Ultraschallgeräte immer unter Referenzbedingungen an - diese kommen aber in der Praxis selten vor. Sonneneinstrahlung, Temperaturschwankungen, Wind, Regen und Nebel verursachen je nach Anwendung erhebliche Messfehler.

Pegelmessungen in Flüssen und Kanälen
Die Wasserstände in Flüssen, Seen und Kanälen liefern wichtige Informationen für die Schifffahrt und dienen als Grundlage für die Schutzmaßnahmen bei Hochwasser. Durch die häufigen Hochwasserereignisse in den letzten Jahren ist ein immer dichteres Netz an Pegelmessungen in Flüssen und Kanälen notwendig. Auch hier bietet die Radartechnik wesentliche Vorteile. Die kleinen und leichten Sensoren lassen sich einfach an Brücken, Schleusen oder kompakten Auslegern montieren, aufwändige Gebäudeanpassungen sind nicht notwendig.
Durch den geringen Stromverbrauch lassen sich die Geräte über Batterien speisen und auch per Funkmodem betreiben - sie liefern zuverlässig Pegeldaten und helfen so die Schäden bei einem Hochwasser möglichst gering halten.

Optimierte Technik
Damit auch die Wasserbranche die Vorteile der Radartechnik nutzen kann, hat Vega seine Sensoren an die erforderlichen Randbedingungen angepasst: Temperaturbereich -40 bis +80 °C, Druck max. 2 bar, Gehäuse aus hochbeständigem Kunststoff, fest angeschlossenes Kabel mit hoher Schutzart IP 68 (2 bar). Auf aufwändige Prozessanschlüsse aus Edelstahl haben die Schwarzwälder bewusst verzichtet, um die Kosten zu reduzieren.
Das Resultat ist ein Radarsensor, der nicht zuletzt auch aus preislicher Sicht attraktiv ist. Der Vegapuls WL 61 bietet gegenüber den bisher eingesetzten Ultraschallsensoren in allen typischen Anwendungen dieses Industriebereiches wesentliche Vorteile. Unabhängig von den Umgebungsbedingungen wie Temperaturschwankungen, Sonneneinstrahlung, Regen, Schneefall oder Nebel misst der Sensor immer die exakte Füllhöhe. Die verfügbaren Montagetools ermöglichen es dem Anwender, den Sensor einfach und ohne zusätzliche Kosten zu montieren. Eine Integration in bestehende Anlagen ist mit dem 4...20 mA Stromausgang leicht möglich, die Bedienung erfolgt digital über das überlagerte Hart-Signal.
Den Radarsensor hat das Unternehmen bereits nach der neuen Europäischen Norm EN 302729 für den „Einsatz von Radarsensoren zur Füllstandmessung im Freien" entwickelt und entspricht damit den neusten Richtlinien, die erst im vergangenen Jahr verabschiedet wurden.
Die Radartechnik ist nicht nur eine echte Alternative zu Ultraschallgeräten, sondern der optimierte Sensor definiert den „Stand der Technik" in der Abwasserwirtschaft neu und setzt Maßstäbe für die Zukunft.