Heraeus: Nischenkompetenz rund um Platin
Platinnetze sind als Katalysatoren in der Salpetersäureherstellung unentbehrlich
Platin wird als Katalysatormaterial in vielen chemischen Reaktionen verwendet, um wichtige Chemikalien für die pharmazeutische Industrie oder andere Bereiche zu synthetisieren. Rund 200 t des Edelmetalls werden jährlich produziert.
Platin ist auch als Katalysator in der Salpetersäureherstellung unentbehrlich. Rund 60 Mio. t dieser wichtigen Grundchemikalie werden jährlich produziert. Der größte Teil davon wird in der Produktion von Nitratdüngern eingesetzt. Salpetersäure wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts durch die chemischj Umwandlung von Ammoniak über einen Platinkatalysator gewonnen. Heraeus hat die Weiterentwicklung dieses Katalysators in den vergangenen 100 Jahren maßgeblich vorangetrieben, wodurch höhere Ausbeuten an Salpetersäure erzielt und zudem die bei der chemischen Reaktion entstehenden unerwünschten Nebenprodukte - wie z.B. das ozonschädigende und zu den Treibhausgasen zählende Lachgas - nahezu komplett beseitigt werden.
Vliese sollen Netze ersetzen
Seit 1909 werden für die Oxidation von Ammoniak Katalysatornetze aus dünnen Platin-Rhodium-Drähten eingesetzt. Die Dicke der Drähte ist dabei vergleichbar mit der eines menschlichen Haars. Aus Tausenden dieser feinen Fäden entstehen mittels spezieller Wirk- und Webtechniken die wertvollen Netze. Die nächste Generation hat Heraeus bereits in der Entwicklungspipeline: hochaktive Vliese aus feinen Platin-Rhodium-Fasern. Diese Vliese befinden sich momentan in der Testphase bei verschiedenen Kunden und sollen gegenüber den Netzen eine noch etwas höhere Ausbeute an Salpetersäure und damit Düngemittel ermöglichen. Da Ammoniak als Ausgangsprodukt für die Salpetersäureherstellung teuer ist, rechnet sich für den Anwender bereits ein Katalysator, der ein halbes Prozent mehr leistet als sein Vorgänger.
Austausch der Netze erforderlich
Heute kommen überwiegend gewirkte Katalysator-Netze aus Platin-Rhodium-Legierungen mit bis zu 6 m Durchmesser zum Einsatz. Die Salpetersäureanlagen können je nach Bauart zwischen zwei und 60 dieser filigranen Netze enthalten - was bei den hohen Edelmetallpreisen Millionenwerten entspricht. Dennoch hält auch ein solch wertvolles Produkt kein Leben lang. Im Gegenteil: Ein Platin-Rhodium-Netzsystem muss in der Regel nach mehreren Monaten schon wieder ausgetauscht werden. Auch wenn sich der Katalysator bei der chemischen Reaktion nicht verbraucht, ist er nicht vor natürlichem Verschleiß gefeit. Denn bei seinem Einsatz in den Salpetersäurereaktoren bei Temperaturen um 900°C verändert der Katalysator seine Struktur und erhöht dabei zunächst seine Effizienz. Mit der Zeit lässt jedoch die katalytische Wirksamkeit nach, weil es zu effizienzmindernden Strukturveränderungen kommt. Die Katalysatornetze müssen daher regelmäßig ausgewechselt werden. Mit dem Ausbau der Netze beim Kunden beginnt ein weiterer Prozessschritt für den Technologiekonzern.
Edelmetallkreislauf als eigene Nische
Eine besondere Kompetenz von Heraeus ist die Beherrschung eines Kreislaufs zur Rückgewinnung von Edelmetallen. Gebrauchte Katalysatornetze werden daher im Recycling wieder aufbereitet. Mit international standardisierten Verfahren werden die Netze eingeschmolzen und fein säuberlich in die einzelnen Bestandteile wie Platin und Rhodium getrennt. Aus den zurückgewonnenen, gereinigten Edelmetallen können dann wieder Drähte gezogen und neue Netze gewirkt werden. Somit schont der Edelmetallkreislauf die Ressourcen der strategisch wichtigen Edelmetalle und trägt nachhaltig zum Umweltschutz bei.
Eine wichtige Rolle in diesem Kreislauf spielt der Edelmetallhandel, der das gesamte Edelmetallmanagement für Kunden übernimmt. Ein Kunde, der Katalysatornetze aus einer Platin-Rhodium-Legierung benötigt, kann den Preis der für die Netze benötigten Edelmetalle schon früh in der Projektphase durch Preissicherungsgeschäfte mit der Handelsabteilung von Heraeus festschreiben und sich so eine sichere Kalkulationsgrundlage für sein Projekt verschaffen. Rechtzeitig zum Produktionsbeginn der Netze stellt der Handel sicher, dass die Metalle in der erforderlichen Reinheit physisch zur Verfügung stehen. Durch die enge Verzahnung von Handel, Recycling und Produktdivisionen kann der Konzern seinen Kunden einen ununterbrochenen Wertstoffkreislauf anbieten.