Reinraumbekleidung: Funktionalität und Tragekomfort
Zwei wichtige Faktoren für reinraumtaugliche Zwischenbekleidung
ReinRaumTechnik - Der sog. reinraumtauglichen Zwischenbekleidung kam in den letzten Jahren eine immer bedeutendere Rolle zu. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sich sowohl partikuläre Verunreinigungen als auch mikrobiologische Kontaminationen ausgehend vom Menschen durch geeignete Zwischenbekleidung (oftmals auch nur Unterbekleidung genannt) signifikant reduzieren lassen. Allerdings war eine mangelnde Mitarbeiterakzeptanz oftmals ein Hinderungsgrund bei der Einführung dieser Bekleidungskomponente.
Die folgenden Ausführungen zeigen, dass es durchaus realisierbar ist, Tragekomfort und reinraumtechnische Funktionen in einem Bekleidungssystem zu kombinieren.
Die reinraumtaugliche Zwischenbekleidung (bestehend oftmals aus Hose und T-Shirts) wird idealerweise aus rein synthetischen Fasern hergestellt, um eine möglichst hohe Abriebfestigkeit sicherzustellen. Um im täglichen Gebrauch die Partikel- und Faserabgabe weiterhin so gering wie möglich zu halten, sollte auch die Zwischenbekleidung ordnungsgemäß gereinigt (und nach einem definiertem Zeitraum ausgetauscht) werden. Beim Waschprozess, ob intern oder über einen externen Dienstleister gilt es darauf zu achten, dass nicht über andere Bekleidungstücke und/oder ein falsches Waschverfahren die reinraumtaugliche Zwischenbekleidung zusätzlich kontaminiert (=Kreuzkontamination) wird.
Aus Sicht des Trägers steht aber der Tragekomfort üblicherweise im Mittelpunkt seiner Entscheidungskriterien. Schwitzempfinden, Griff/Haptik (Weichheit des Materials), Geruchsbelästigungen sind wichtige Gesichtspunkte, die die Akzeptanz bei den Mitarbeitern für ein Reinraumbekleidungskonzept entscheidend beeinflussen. Die Frage die sich somit zwangsläufig stellt, ist: Kann man beide „Dinge" - Funktionalität und Tragekomfort - miteinander in Einklang bringen?
Tragekomfort
Die meisten bekannten Untersuchungen zum Thema „Tragekomfort und Reinraumbekleidung" beschränkten sich in erster Linie auf die Analyse der Textilien zu Herstellung der Reinraumoberbekleidung und hier hauptsächlich auf die Themen Wasserdampfdurchlässigkeit (=Atmungsaktivität) und Wärmeleitfähigkeit. Lediglich Dr. G. Roos ließ vor mehr als 25 Jahren, in seiner damaligen Funktion als Werksarzt bei Siemens (Regensburg) die Kombination Zwischenbekleidung plus Reinraumoberbekleidung hinsichtlich tragephysiologischer Eigenschaften überprüfen. Mit diesen Untersuchungsergebnissen bestimmte er daraufhin maßgeblich das entsprechende Bekleidungskonzept.
Eine ähnliche Herangehensweise griff Dastex erneut auf und gab eine entsprechende Studie an den Hohensteiner Instituten in Auftrag. Für die verschiedenen Versuchsreihen wurde eine einheitliche Reinraumoberkleidung, ein Reinraumgewebe mit sehr guten Eigenschaften in Punkto Wasserdampfdurchlässigkeit und Wärmeleitfähigkeit sowie einer hoher Filtrationseffizienz eingesetzt. Darunter wurden drei verschiedene Materialien für die Herstellung von Zwischenbekleidung auf deren Tragekomforteigenschaften hin untersucht und bewertet.
Die Materialien
Untersucht wurden folgende Kombinationen:
PES - Gewebe, Kombination 1 (Abb. 1)
außen: Oberbekleidung aus einem Gewebe aus 98% Polyester und 2% Karbon, Flächengewicht ca. 113 gr/m²
innen: Zwischenbekleidung aus einem Gewebe aus 100% Polyester, sehr leicht und weich (seidenähnlich), Flächengewicht ca. 95 gr/m²
PES - Gestrick, Kombination 2 (Abb. 2)
außen: Oberbekleidung aus einem Gewebe aus 98% Polyester und 2% Karbon, Flächengewicht ca. 113 gr/m²
innen: Zwischenbekleidung aus einem spez. Gestrick aus 100% Polyester, mit Silberionen- und Funktionsfasern, sehr weich, Flächengewicht ca. 140gr/m²
PES - 100% CO, Kombination 3 (Abb. 3)
außen: Oberbekleidung aus einem Gewebe aus 98% Polyester und 2% Karbon, Flächengewicht ca. 113 gr/m²
innen: Zwischenbekleidung aus einem klassischen einfachen Baumwollgestrick, Flächengewicht ca. 140 gr/m²
Analysenschwerpunkte
Zur Berechnung einer sog. Tragekomfortnote wurden an diesen Kombinationen verschiedene Eigenschaften genauer untersucht.
- Messung des Wasserdampfdurchgangswiderstandes
- Messung der Kurzzeit-Wasserdampfaufnahmefähigkeit
- Messung der Pufferwirkung gegenüber flüssigem Schweiß und des Schweißtransportes
- Messung des Benetzungsindex
- Messung der Pufferwirkung gegenüber Wasserdampf (nur für die Kombinationen 2 und 3)
- Berechnung einer thermophysiologischen Tragekomfortnote (ebenfalls nur für die Kombinationen 2 und 3)
Um den Einfluss jeglicher textiler Ausrüstungen auszuschließen wurden alle Proben vorab 10 Mal materialgerecht gewaschen. Im Verlauf der Testreihen zeigte sich sehr schnell, dass jede der Kombinationen Stärken und Schwächen in einzelnen Kriterien hatte. Somit war klar, es wird keine Kombination geben, die grundsätzlich den anderen überlegen sein wird. Es galt vielmehr herauszufinden, welche der drei Kombinationen über alle Bewertungskriterien hinweg die „ausgeglichenste Gesamtperformance" aufweisen kann.
- Messung des Wasserdampfdurchgangswiderstandes
Bekleidungsphysiologisch ist ein möglichst niedriger Wasserdampfdurchgangswiderstand empfehlenswert. Kombination 1 zeigte hier im Vergleich klar besser Ergebnisse, als die Kombinationen 2 und 3 (2 u. 3 waren innerhalb der Messgenauigkeit als „gleich" einzustufen. - Messung der Kurzzeit-Wasserdampfaufnahmefähigkeit
Im Sinne des Tragekomforts sollte die Kurzzeit-Wasserdampfaufnahmefähigkeit möglichst hoch sein. In diesem Punkt schnitt die Kombination 3 klar besser ab, als die beiden anderen. Bei der Kombination 1 konnte keinerlei Aufnahmefähigkeit gemessen werden. - Messung der Pufferwirkung gegenüber flüssigem Schweiß und des Schweißtransportes
Die unterschiedlichen Textilstrukturen und die unterschiedliche Dicke der drei Materialien (Zwischenbekleidung) wirkten sich auch auf die Messungen des Schweißtransportes und der Pufferwirkung gegenüber Schweiß recht unterschiedlich aus. In Punkto Schweißtransport hat die Kombination 1 „die Nase vorn", die Beurteilung lautet: „sehr gut", bei den Kombinationen 2 u. 3 lautet die Beurteilung hingegen nur „befriedigend". Im Gegenzug haben die Kombinationen 2 und 3 beim Kriterium Pufferwirkung (gegenüber flüssigem Schweiß) die besseren Werte aufzuweisen; „sehr gut" jeweils für die Kombination 2 und 3 und „gut" für die Kombination 1. - Messung des Benetzungsindex
Kommt es zur Transpiration, so gilt es möglichst schnell den Schweiß von der Haut ab zu transportieren. Somit sollte die hautzugewandte Seite des Textils möglichst Hydrophil sein. Die Sorptionsgeschwindigkeit /der Sorptionsindex ist ein Maß hierfür. Die beiden Kombinationen 2 und 3 wurden diesbezüglich als gleichgut eingestuft (als „sehr hydrophil"). Die Kombination 1 wurde als „hydrophil" bewertet und schnitt nur etwas schlechter als die beiden anderen Kombinationen bei diesem Kriterium ab. - Messung der Pufferwirkung gegenüber Wasser (nur für die Kombinationen 2 und 3)
Da bei der Kombination 1 keinerlei Pufferwirkung gegenüber Wasser/Wasserdampf messtechnisch ermittelt werden konnte, hatte dies letztendlich zur Folge, dass die angestrebte Berechnung einer Tragekomfort-Gesamtnote für diese Kombination (1) leider nicht mehr möglich war. Das Wasserrückhaltevermögen der Kombination 2 wurde unter tragephysiologischen Gesichtspunkten als „gut" bewertet. Das Ergebnis der Kombination 3 war dagegen erheblich ungünstiger, als das der Kombination 2. - Berechnung einer thermophysiologischen Tragekomfortnote (ebenfalls nur für die Kombinationen 2 und 3)
Aus den wie oben beschriebenen ermittelten Kenndaten wurde dann eine thermophysiologische Tragekomfortnote errechnet. Die Kombination 2 erreichte einen Wert von 3,3 ( „befriedigend"). Die Kombination 3 schnitt mit der Note 4,0 ab ( „ausreichend"). Bei der Interpretation ist jedoch unbedingt zu beachten, dass hier 2-Lagen-Kombinationen bewertet wurden! Zwei Lagen Polyester bzw. eine Lage Polyester plus eine Lage Baumwolle. So addieren sich zum Beispiel die Widerstandswerte (was maßgeblich die Gesamtnoten beeinflusst hatte). Aus tragephysiologischer Sicht erwies sich die Kombination 2, dass Mikrofasergestrick aus 100 % Polyester in Kombination mit einem darüber liegenden Reinraumgewebe, als deutlich besser, im Gegensatz zu dem oftmals vom Träger bevorzugten Baumwoll-T-Shirt.
Ergebnisse
Aus Sicht des Trägers wäre es sicherlich wünschenswert, wenn die zu Herstellung der Zwischenbekleidung herangezogenen Textilien thermoregulierende Eigenschaften bieten würden. Idealerweise kühlende Eigenschaften bei einem zu hohen Wärmeempfinden und bei Bedarf auch eine wärmeisolierende Funktion, wenn es dem Träger zu kühl wird. Im Bereich der Sportfunktionskleidung werden solche Textilien bereits erfolgreich vermarktet. Bei dem oben beschriebenen Mikrofasergestrick (und einem weiteren, kurz vor der Markteinführung stehenden Gestrick) wurden diese thermoregulierenden Funktionseigenschaften von vorneherein mit integriert.
Ein weiterer, durchaus interessanter Gesichtspunkt, ist die oftmals kritisierte „Geruchsbelästigung" durch eine Zwischenbekleidung auf Basis reiner synthetischer Fasern. Auch hier gibt es zwischenzeitlich Lösungen, die diesen Ablehnungsgrund entkräften. Funktionsfasern und/oder spezielle textile Ausrüstungen, die ein vermehrtes Keimwachstum behindern, sorgen dafür, dass Schweißgerüche schon im Textil „bekämpft" werden. Untersuchungen an anerkannten Textilforschungsinstituten haben gleichzeitig belegt, dass diese Textilien keinerlei negative Auswirkungen auf die menschliche Haut haben und somit als für den Menschen ungefährlich klassifiziert wurden.
Zu den obigen Tragekomfortbetrachtungen gilt es nun noch reinraumtechnische Gesichtspunkte in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen. Baumwollbekleidung unter der Reinraumbekleidung bedeutet großen Abrieb an Fasern und Faserfragmenten, was das Risiko erhöht, dass der Prozess im Reinraum (und somit das Produkt) entsprechend kontaminiert wird. Verschiedene Untersuchungen haben zum Teil eindrucksvoll bewiesen, dass durch den Einsatz einer synthetischen Reinraumzwischenbekleidung das Kontaminationsrisiko im direkten Vergleich zu einer baumwollbasierten Zwischenbekleidung um bis zu 70 - 80% verringert werden kann. Ähnlich klare Vorteile für die synthetische Zwischenbekleidung zeigten auch die Untersuchungen im Hinblick auf mikrobiologische Kontaminationsrisiken. Aus reinraumtechnischer Sicht ist somit der Zwischenbekleidung basierend auf rein synthetischen Fasern jederzeit den Vorzug zu geben.
Fazit
Funktionalität und Tragekomfort sind aus heutiger Sicht bei der Herstellung einer reinraumtauglichen Zwischenbekleidung sehr gut miteinander zu kombinieren. Abriebfestigkeit, thermoregulierende Eigenschaften und eine antimikrobielle Wirkung sind gleichermaßen Aspekte, die die Anforderungen aus Sicht des Reinraumbetreibers bestens erfüllen, aber auch gleichzeitig den legitimen Wünschen der Träger nach bestmöglichem Tragekomfort nachkommt. Ergänzend zu den genannten Eigenschaften kann bei Bedarf, auch die Anforderung nach Antistatik / Ableitfähigkeit erfüllten werden.