Anlagenbau & Prozesstechnik

Roche beschleunigt Produktbereitstellung durch 5S-Methode

23.02.2011 -

Roche Pharmaceuticals Carolina produziert am Standort Florence, South Carolina/USA, pharmazeutische Wirkstoffe. Darüber hinaus werden im Pharma Tech Center, einem Forschungs- und Prozessentwicklungslabor, Proben hergestellt und getestet; u.a. werden an dem US-Standort APIs (Active Pharmaceutical Ingredients) für das Brustkrebspräparat Xeloda, den Grippeschutzimpfstoff Tamiflu und das Hepatitis C Präparat Pegasys produziert.

Alle zwei bis drei Jahre werden alle Produktionsstätten von der amerikanischen Regulierungsbehörde FDA begutachtet. Dieser Besuch muss nicht nur gut vorbereitet sein, sondern kann bei Mängeln und zusätzlichen Auflagen Folgekosten generieren und Produktbereitstellungen verzögern.
Roche wollte aber nicht nur die Beanstandungen der US-Regulierungsbehörde FDA verringern, sondern gleichzeitig Produktauslieferungszeiten verkürzen. Im 15 Jahre alten Werk in Florence wurden 5S-Methoden deshalb eingeführt, um die Arbeitsplatzsauberkeit zu verbessern und Arbeitsprozesse zu standardisieren. Die Testdurchlaufzeiten für Produkte reduzieren sich dadurch um 65% bei gleichzeitiger Kostensenkung.

Culture of Excellence-Programm

Seit einigen Jahren betreibt man ein Programm für Operational Excellence. Verschiedene Lean-Methoden werden in den Labors und im Produktionsbereich angewendet, um Qualitätsstandards zu steigern und Kosten zu senken. Ziel dabei ist es, die Effizienz der Erstellungsprozesse zu verbessern und nicht Wert schöpfende Elemente zu beseitigen. Messkriterium hierbei ist die Zeit, die benötigt wird, um ein Produkt dem Kunden bereitzustellen: vom Auftragseingang bis zur Auslieferung. Im dargestellten Fall ist das der Zeitraum vom Test bis zur Auslieferung der APIs an einen anderen Produktionsstandort.

Kaizen und die 5S-Methode

Vor Projektstart betrug die durchschnittliche Zeit für die Bereitstellung der Wirkstoffe 14 bis 20 Tage. Ungeplante Nachfragesteigerungen und außerplanmäßige Schwankungen konnten bedingt durch zu lange Testzyklen nicht schnell genug befriedigt werden. Bei Roche hatte man sich dazu entschieden, Kaizen- und 5S-Maßnahmen im Labor umzusetzen, wodurch die Testzeiten nach wenigen Wochen drastisch reduziert wurden.
Kaizen steht dabei für kontinuierliche Verbesserungen in kleinen, sich wiederholenden Schritten und beschreibt praktische Workshops mit einer Teamgröße von 12-15 Personen. Die Teams sind bereichsübergreifend zusammengesetzt und arbeiten drei bis fünf Tage an einer definierten Aufgabenstellung.

Tracy Taylor, Manager für Qualitätskontrolle beschreibt das Vorgehen folgendermaßen: „5S ist kein einmaliges Bestreben, sondern eine kontinuierliche Methode, die Arbeitsumgebung sauber zu halten und Prozesse zu verbessern. Gemeinsam mit TBM Consulting haben wir unter anderem die Produkttestphase vor der Auslieferung von mehr als 14 Tagen auf durchschnittlich fünf Tage reduzieren können." Bei Roche bestand das Team aus neun Analysten, die 5S-Methoden mit Hilfe von Kaizen in fünf verschiedenen Labors eingeführt haben.

Sortieren und Systematisieren

Im ersten Schritt des Sortierens werden Geräte, Materialien und Verbrauchsgüter auf Notwendigkeit und Einsatzbereich geprüft, Prozesse und Arbeitsweisen in Frage gestellt. Es kann an vielen Stellen deselektiert und an Material und Zeit eingespart werden. So konnten nicht benötigte Spezialbehälter für den Flüssigkeitschromatografen eingespart werden; mit Stückkosten von mehr als 400 €. Danach werden alle als notwendig bezeichneten Arbeitsmittel geordnet und systematisiert. Ergonomie und Ordnung stehen hier an erster Stelle. Jetzt werden alle Behälter auf Holzregalen vorgehalten und Handschuhe sind immer an zentraler Stelle vorhanden.

Saubermachen und Standardisieren

Der Anforderung eines sauberen und aufgeräumten Arbeitsumfeldes trug Roche durch tägliche, wöchentliche und monatliche Audits in jedem Labor Rechenschaft. Es wurden detaillierte Checklisten für die Reinigung von Bodenflächen und das Abstauben von Regalen erstellt. Ebenso wurden Routinen zur Instandhaltung von Maschinen und Abzügen definiert, die jetzt regelmäßig durchgeführt werden.

In dieser Stufe werden auch Standards gesetzt für Dokumentation und Informationsfluss. Bei Projektstart war die Aufzeichnung von Vorgängen unvollständig, die Vorhaltung der Daten wurde in jedem Labor anders gehandhabt. Lokal hatte man nicht immer Zugriff auf alle benötigten Informationen. Es wurden neue Logbücher mit standardisiertem Aufbau eingeführt. Diese werden an einem zentralen, für alle Mitarbeiter zugänglichen Ort vorgehalten. Ebenso wurde die Kennzeichnung der Flüssigkeitsbehälter vereinheitlicht. Die Nutzung maßgeschneiderter, selbstklebender und mit Standardinformationen versehener Etiketten vereinfachte und beschleunigte die Arbeitsweise. Labels werden im Rahmen der täglichen Audits auf Vollständigkeit und richtige Handhabung geprüft.

Standards halten

Der wichtigste Schritt ist die Beibehaltung des einmal Erreichten. Dadurch, dass Vorgesetzte sich in den Prozess einbringen und regelmäßig an den Audits teilnehmen, ist allen Mitarbeitern die Wichtigkeit bewusst. Das motiviert und jeder Einzelne unterstützt nachhaltig. Nach sechs Monaten wurden die wöchentlichen Audits durch tägliche und monatliche Checklisten ersetzt. Jedem Mitarbeiter wurde feste Verantwortung übertragen. Die Nachhaltigkeit der Maßnahmen wird auch durch die Aufnahme in die individuellen Jahresziele des Einzelnen gewährleistet.

Schneller, besser, kostengünstiger

Ein sauberes und ordentlicheres Arbeitsumfeld trug dazu bei, das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen Roche-Mitarbeiters zu steigern. Testdurchlaufzeiten wurden um 65% reduziert und die Kommunikation im Team durch die Einführung regelmäßiger Audits nachhaltig verbessert. Das letzte FDA-Audit endete ohne Beanstandung und auf Nachfrageschwankungen kann Roche jetzt schneller und besser reagieren.



5S-Methode - Lean-Programm für die Organisation und Standardisierung von Arbeitsstationen. 5S hat den Vorteil, dass Probleme sofort erkannt und klare Standards geschaffen werden. Es werden feste Abläufe definiert, um die Arbeitsstation in Ordnung zu halten und sicherzustellen, dass sich alles am rechten Platz befindet. Damit wird die Produktivität verbessert. Die fünf „S" stehen für

  • Seiri: Sortieren (aussortieren und wegwerfen)
  • Seiton: Systematisieren (ordnen und beschriften)
  • Seiso: Saubermachen (täglich reinigen und kontrollieren)
  • Seiketsu: Standardisieren (regelmäßig überprüfen)
  • Shitsuke: Standard halten (motivieren, so weiterzuarbeiten) 

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