DuPont: Zukunft mit Biotechnologie
Interdisziplinäre Forschung für neue Produkte und Werkstoffe
DuPont: Zukunft mit Biotechnologie - DuPont, 1802 gegründet, bezeichnet sich als wissenschaftlich orientiertes Unternehmen. Der US-Konzern forscht an nachhaltigen Problemlösungen, um das Leben für Menschen allerorts besser, sicherer und gesünder zu gestalten. In über 70 Ländern aktiv, bietet DuPont eine breite Palette innovativer Produkte und Dienstleistungen für Branchen wie Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Elektronik, Kommunikation, Sicherheit und Schutz, Bauen und Wohnen, Transport und Bekleidung. In den letzten Jahren durchlief das Chemieunternehmen einen Wandlungsprozess, der 2004 im 4,2-Mrd.-US-$-Verkauf von Invista gipfelte, den früheren Fasergeschäften, die viele Dekaden lang ein wichtiger Teil DuPonts waren. Michael Reubold befragte Charles O. Holliday, den Vorstands- vorsitzenden und CEO, zur Restrukturierung und künftigen Strategie des Konzerns.
CHEManager: DuPont hat in den vergangenen Jahren deutliche Änderungen im Portfolio und seiner Organisationsstruktur vorgenommen. Was sind die wichtigsten Ergebnisse dieser Restrukturierung?
Charles O. Holliday: Im Jahr 2004 haben wir die Trennung von unseren Fasergeschäften (Invista) abgeschlossen und eine komplexe, herausfordernde und notwendige Strukturänderung vollendet. Heute sind wir ein Unternehmen, das sich dem nachhaltigen Wachstum verpflichtet hat und auf fünf Plattformen Branchenführung anstrebt: Landwirtschaft & Ernährung; Coatings- & Farb- Technologien, Elektronik- & Kommunikations-Technologien; Hochleistungs-Werkstoffe und Sicherheit & Schutz. Jede Plattform konzentriert sich auf Synergien in der Breite unserer Innovation und Präsenz auf großen und wachsenden Märkten, für die wir mit angewandten Wissenschaften nachhaltige Lösungen für unerfüllten Bedarf entwickeln. Dabei machen drei Strategien unser Unternehmen stark ergebnisorientiert: Wir setzen Erkenntnisse in die Praxis um, engagieren uns auf Wachstumsfeldern und verknüpfen unsere weltweiten Fähigkeiten zu ‚einem DuPont.
Wie sieht die Performance von DuPont heute aus? Haben Sie Ihre angekündigte Kostensenkung um 450 Mio. $ im Jahr 2004 verwirklicht und werden Sie die angestrebte Gesamteinsparung von 900 Mio. $ in 2005 erreichen?
Charles O. Holliday: Im 2. Quartal erzielte DuPont einen Brutto- Umsatz von 7,9 Mrd. US-$. Klammert man abgespaltene Geschäftsbereiche aus, dann legte der Umsatz um 8% zu. Wir verbesserten unsere Marge das sechste Quartal in Folge, trotz Rekordpreisen für Energie und Rohstoffe, und erzielten einen Gewinn von gut 1 Mrd. US-$. Alle Elemente des 2004 eingeleiteten Kostensenkungsprogramms, das Sie angesprochen haben, wurden umgesetzt; die Einsparungen werden sich 2005 niederschlagen und für Investitionen in Entwicklungsmärkten, Effizienzsteigerungen in Vertrieb und Marketing sowie zur Kompensation der allgemeinen Kostensteigerung verwendet. Wir sind zuversichtlich unser Wachstumsziel von 10 % beim Ergebnis in diesem Jahr zu übertreffen.
Der Firmenslogan „The miracles of science“ und der Begriff „integriertes wissenschaftliches Unternehmen“ betonen Ihre Konzentration auf Forschung als Ursprung neuer Produkte. Was ist Ihrer Meinung nach so wundersam an der Wissenschaft?
Charles O. Holliday: Wissenschaft bewirkt jeden Tag und überall Wundersames. Ob es sich um eine Weste aus Kevlar handelt, die einem Polizisten oder Soldaten das Leben rettet, oder um einen neuen Werkstoff, der aus Mais statt Öl erzeugt wird _ die Wissenschaft bringt nachhaltige Lösungen, die das Leben der Menschen besser, gesünder und sicherer machen.
Welche wissenschaftlichen Disziplinen werden unsere Zukunft am meisten beeinflussen?
Charles O. Holliday: Bei DuPont setzen wir auf integrierte Wissenschaften, mit anderen Worten: Bei der Schaffung innovativer Produkte und Werkstoffe erzielen wir das beste Ergebnis, indem wir Wissenschaften interdisziplinär anwenden. Chemie, Biologie, Physik und Ingenieurwesen sind die Haupt-Disziplinen, die DuPont Wissenschaftler täglich nutzen. Ein Beispiel integrierter Wissenschaften ist Sorona, Du- Ponts neue Polymer- Plattform. Der Hauptbestandteil von Sorona ist 1,3- Propandiol (PDO). Unsere Forscher entdeckten ein biologisches Verfahren, um PDO aus Maisstärke herzustellen. Unter Anwendung aller anderen Disziplinen hat DuPont den großtechnischen Maßstab für die Produktion von Bio-PDO entwickelt, gemeinsam mit dem britischen Unternehmen Tate & Lyle, Experten für die Verarbeitung von Maisstärke. Das neue Produktionsverfahren wird Anfang kommenden Jahres in Betrieb genommen.
Der Begriff „Biotechnologie“ schürt in der Öffentlichkeit oft Angst oder zumindest Bedenken. Wie gehen Sie mit diesen Sorgen um und wie kann die Industrie sie beruhigen und in Akzeptanz für diese Technologie wandeln?
Charles O. Holliday: Biotechnologie- Produkte werden heute rigorosen Sicherheitstests unterzogen und wir unterstützen regulatorische Vorschriften, die das sicherstellen, voll und ganz. Alle wissenschaftlichen Gesellschaften, die grüne Biotechnologie- Produkte' untersucht haben, bestätigten ihre Sicherheit. Grüne Biotechnologie-Produkte sind von 3 Mio. Menschen ohne jegliche Gesundheitsbeeinträchtigung konsumiert worden. Gleichzeitig freuen sich unsere Kunden weltweit über reduzierte Mengen an Chemikalien, Dünger, Arbeitskraft, Energie und über höhere Profitabilität. Verbrauchern kommt die bessere Lebensmittelqualität zu erschwinglichen Preisen zugute. Die Gesellschaft hat den Vorteil geringerer Emissionen und zuverlässiger Versorgung und die Chance, den Gebrauch dieser Materialien auf andere Bereiche auszudehnen. In Teilen unserer Gesellschaft fehlt es noch an Akzeptanz für gewisse Biotechnologien. Wir haben dafür Verständnis. Akzeptanz setzt Dialog voraus, einen geregelten Entscheidungsrahmen und den politischen Willen, die nötigen Grundlagen für die Annahme nachhaltiger grüner Biotechnologie zu schaffen.
DuPont beschäftigt sich mit roter, grüner und weißer Biotechnologie, was für Anwendungen in Pharmazie, Landwirtschaft und Industrie steht. Nun scheint es, als würden diese Gebiete der Biotechnologie ineinander greifen. Werden sie in Zukunft sogar verschmelzen?
Charles O. Holliday: Es ist allgemein üblich geworden, von roter, grüner und weißer Biotechnologie zu sprechen, um die medizinischen, landwirtschaftlichen und industriellen Anwendungen zu unterscheiden. Aber aus unserer Perspektive sehen wir die Biotechnologie eher ganzheitlich. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die verschiedenen Arten der Biotechnologie in Wechselbeziehungen stehen, so wie alle Prozesse und Produkte der Natur gleichzeitig vorhanden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Es gibt eine Verbindung zwischen Nahrungsmitteln und Gesundheit, und so ist es auch mit den Möglichkeiten, mit Hilfe grüner Biotechnologie ‚grüne Werkstoffe' und ‚grüne Energie' zu erzeugen. Aus unserer Sicht steht die landwirtschaftliche oder grüne Biotechnologie im Zentrum und ist unverzichtbar für die Entwicklung roter und weißer Biotechnologie sowie für Anwendungen der Biotechnologie auf anderen Gebieten.
Nutzt DuPont bei der Entwicklung neuer Produkte und deren Markteinführung die Zusammenarbeit mit Technologiefirmen, Forschungsinstituten oder anderen Institutionen?
Charles O. Holliday: Ganz entschieden. Ein Beispiel ist unsere Partnerschaft mit dem Massachusetts Institute of Technology, die Du- Pont-MIT Alliance (DMA). Die DMA ist eine 2000 gebildete, auf zehn Jahre angelegte Zusammenarbeit, deren Budget von 60 Mio. US-$ von DuPont getragen wird. Diese Allianz kombiniert die Fähigkeiten von DuPont und MIT in Werkstoffund biologischen Wissenschaften, um neue Anwendungen und Verfahren zu entwickeln auf den Gebieten Bio-Elektronik, Bio-Sensoren, Bionik, alternative Energiequellen und neue, hochwertige Werkstoffe. Die Allianz fördert Projekte, die aus der MIT-Erfahrung auf wissenschaftlicher, technologischer und geschäftlicher Ebene schöpft und sie mit DuPonts Erfahrung in Biologie, Genetik und Bioinformatik erweitert.
Wird die Biotechnologie Lösungen liefern für die weltweiten Herausforderungen wie die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Gesundheitsfürsorge und Energie, die auf uns zukommen?
Charles O. Holliday: Die Weltbevölkerung wird bis 2025 um 30% wachsen, überwiegend in Asien und Afrika. Demographen prognostizieren für das Jahr 2050 9 Mrd. Menschen. Von heute bis 2025 müssen wir die Weltproduktion von Nahrungsmitteln und Fasern verdoppeln, und zwar trotz nahezu unveränderter Gesamtgröße der Ackerflächen. Lediglich 50 bis 100 Mio. ha zusätzlicher Anbaufläche werden zu den heute bereits bewirtschafteten 2,5 Mrd. ha hinzukommen. Eines der Haupt-Hindernisse für diesen Produktivitätszuwachs ist das Wasser. So versuchen wir beispielsweise, den Wasserbedarf von Mais zu verringern. Weltweit betrachtet, ist die Widerstandsfähigkeit gegen Dürre von entscheidender Bedeutung. Man schätzt, dass Landwirte in Entwicklungsländern durch eine Effizienzsteigerung um 1% jährlich 200.000 l/ha sparen könnten, das ist der Bedarf von 150 Menschen. Die weltweite Nutzung der Biotechnologie gibt uns die Möglichkeit, die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern und gleichzeitig Lebensmittel erschwinglicher und nahrhafter zu machen. Vorhin habe ich die engen Verknüpfungen zwischen grüner, roter und weißer Biotechnologie erwähnt; lassen Sie mich noch einmal darauf zurückkommen: In den USA strebt man an, 20 % des Energiebedarfs bis 2020 aus erneuerbaren Quellen zu decken. In der EU und vielen anderen Ländern gibt es ähnliche Ziele. Um das zu erreichen, beschäftigen wir uns nicht nur mit der Gewinnung von Ethanol aus Getreide, sondern auch aus Biomasse – dem Pflanzenmaterial, das nach der Ernte auf den Feldern bleibt. Durch die Bio-Raffination dieses Pflanzenmaterials bringt solches Ethanol nicht nur den Bauern einen wirtschaftlichen Nutzen, sondern auch einen Nachhaltigkeitszuwachs für die ganze Bevölkerung. Ähnliches könnte ich schildern für den Bedarf an Fasern, Werkstoffen, Energie und zum Thema Gesundheit. Um diese Nachfrage zu erfüllen, müssen die von uns angewendeten Technologien an den Kriterien Produktivität, Vereinbarkeit, Anwendbarkeit, Qualität und Nachhaltigkeit gemessen werden. Für all diese Bedürfnisse steht uns kein wirkungsfähigeres Mittel zur Verfügung als die Biotechnologie.