Anlagenbau & Prozesstechnik

Reinraumklassenbestimmung

ISO EN DIN 14644 und/oder GMP Annex 1 konform

29.09.2010 -

Die Grundlage für die Herstellung von Produkten und / oder die Durchführung von Prozessen, die gegenüber von Verunreinigungen durch luftgetragene Partikel empfindlich sind, bilden Reinräume und zugehörige Reinraumbereiche. Je nach Anforderung sind verschiedene Reinraumqualitäten auszuwählen und nachzuweisen. Die Reinraumklassenbestimmung ermöglicht die geforderten Eigenschaften eines Reinen Raumes nachzuweisen und zu dokumentieren.

Die ISO EN DIN 14644-1: 1999 definiert die Anforderungen und Vorgehensweisen der Durchführung der Reinraumklassenbestimmung. Des weiteren werden in der ISO EN DIN 14644-2: 2000 die Intervalle definiert, in denen nachzuweisen ist, dass die fortlaufende Übereinstimmung mit den Anforderungen aus der ISO EN DIN 14644-1: 1999 an die Partikelreinheit der Luft gewährleistet ist. Folgendes ist in der ISO EN DIN 14644 Reihe definiert:

Grundsätzliches zur Bestimmung der Reinraumklasse
Das Ziel ist die Beschreibung der Vorgehensweise bei der Durchführung der Messungen zur statistisch gesicherten Bestimmung der maximal zu erwartenden Partikelkonzentration in der Raumluft bei zwei Partikelgrößen. Als Messgerät werden optische Partikelzähler eingesetzt. Bei Reinräumen der ISO-Klassen 1 bis 4 ist die untere Nachweisgrenze des Partikelzählers > 0,1 µm. Bei Reinräumen der ISO-Klassen 5 bis 9 werden die Messungen mit einem Partikelzähler durchgeführt, der mindestens Partikel > 0,5 µm detektieren kann. Die Messung wird durchgeführt, indem die Sonde des Partikelzählers an den vorher festgelegten Messstellen installiert wird und die vorgegebenen Volumen gemessen werden. Für die Bestimmung der Reinraumklasse wird die Partikelmessung auf Arbeitshöhe und / oder auf Produkthöhe oder aber 1,2 m ab Boden gemäß dem vorher festgelegten Messraster durchgeführt. Werden 10 und mehr Messpositionen erfasst, so gilt die Messposition mit den größten gemessenen Partikelzahlen als Grundlage zur Reinraumklassenbestimmung, wobei alle Messpositionen innerhalb der Klassengrenzwerte liegen müssen, eine Mittelwertberechnung sagt somit nichts aus. Bei neun oder weniger Messpositionen wird eine Berechnung des UCL (upper confidential limit) verlangt, wobei aber dieselben Kriterien wie oben gelten. Die Berechnung des UCL stellt sicher, dass mit einer 95%-igen Sicherheit nicht mehr Partikel im Raum anzutreffen sind als berechnet wurden.

Anzahl der Messpunkte
Die Anzahl der Messpunkte wird durch eine Risikoanalyse bestimmt. Dabei ist aber auch die Mindestanzahl der Messstellen zu beachten, die in den Normen. bzw. Richtlinien gefordert ist. Bei turbulenzarmer Verdrängungsströmung muss die Anzahl der Probenahmestellen gleichmäßig über den gesamten Reinbereich in der Eingangsebene verteilt sein (wenn nicht anders spezifiziert), soweit dies nicht durch im Reinbereich aufgestellte Geräte verhindert wird. Die Mindestanzahl von Probenahmestellen, die zur Klassenbestimmung eines Reinbereichs benötigt werden, entspricht der Wurzel aus der Luftauslassfläche (in m2), mindestens aber 2. Bei turbulenter Mischlüftung beträgt die Mindestanzahl der Messpunkte die Quadratwurzel der Fläche (in m2) des Reinraumes bzw. des reinen Bereiches, mindestens aber 2.

Berechnung des UCL
Das arithmetische Mittel:



Standardabweichung:



Varianz:




Mit
Xe1-4 = Einzelmessung
X        = arithmetisches Mittel
n        = Anzahl Einzelmessungen

Faktor „t" = Praktisch bewährter Faktor für 95%-ige Genauigkeit der Aussage der Formel.

Wobei Faktor „t":
6,3 bei 2 Messpositionen    2,9 bei 3 Messpositionen
2,4 bei 4 Messpositionen    2,1 bei 5 Messpositionen
2,0 bei 8 Messpositionen    1,9 bei 7 Messpositionen
1,9 bei 8 Messpositionen    1,9 bei 9 Messpositionen

Mindestprobevolumen
An jeder Messposition ist ein Mindestprobevolumen zu nehmen, bei dem mindestens 20 Partikel der größten betrachteten Partikelgröße gemessen werden. Für die ISO Klassen 4.8 bis 8 und einer betrachteten Partikelgröße ≥5,0 µm ist die Mindestmesszeit.

Aufeinanderfolgendes Probenahmeverfahren
Die Messung kann bei Überschreitung der oberen Partikelkonzentrationsgrenze als „entspricht nicht" und bei Unterschreitung der unteren Partikelkonzentrationsgrenze als „entspricht" abgebrochen werden.

Anforderungen aus dem EG-Leitfaden der Guten Herstellungspraxis
Unterliegen die Reinräume aber zusätzlich noch den Anforderungen aus dem EG-Leitfaden, so läuft zur Zeit eine angeregte Diskussion über die Umsetzung der Forderung aus Abschnitt 5: „Für Klassifizierungszwecke von Klasse A-Bereichen sollte ein Probevolumen von mindestens 1 m3 je Entnahmestelle gewählt werden." Und der dieser Forderung widersprechenden Aussage zwei Sätze weiter: „Zur Klassifizierung definiert die Methodik der EN/ISO 14644-1 sowohl die Mindestanzahl der Probenahmeorte und das Probevolumen auf der Basis der bei der Klassengrenze größten betrachteten Partikelgröße als auch die Methode zur Bewertung der gesammelten Daten." Es sind demnach zwei Forderungen zu erfüllen, aber der Betrachter kann auch zu folgenden Überlegungen kommen:
Der erste Satz ist abgeleitet aus der Berechnung des Mindesteinzelprobenvolumens, wie es in der Formel aus der EN/ISO 14644-1 vorgegeben ist. 
Die Formel lautet: 
VS = (20 / Cn,m) x 1000

Dabei ist:
VS       das Mindesteinzelprobenvolumen an einem Probenahmeort, angegeben in Liter

Cn,m   die Klassengrenze (Partikelanzahl je Kubikmeter) für die größte betrachtete Partikelgröße der entsprechenden Klasse

20       die bestimmte Partikelanzahl, welche gezählt werden könnte, wenn die Partikelkonzentration sich in den Klassengrenzen befindet.
Dies bedeutet für die Klasse A, bzw. ISO 4.8 ein Mindesteinzelprobenvolumen von 1000 Liter.
Um die Probenahmezeiten entscheidend zu verkürzen, ermöglicht die ISO14644 die Verwendung des aufeinander folgenden Probenahmeverfahrens. Das aufeinander folgende Probenahmeverfahren kann angewendet werden, wenn die zu prüfende Luft bedeutend mehr oder bedeutend weniger kontaminiert ist als die festgelegte Klasse oder Konzentrationsgrenze der betrachteten Partikelgröße. Das Verfahren beruht auf dem Vergleich von sich addierenden Echtzeit-Partikelzählungen und Bezugswerten. Bezugswerte werden von den Gleichungen für die oberen und unteren Grenzen abgeleitet.

Obere Grenzen:      C = 3,96 + 1,03 E
Untere Grenzen:     C = 3,96 - 1,03 E
Dabei ist:
C             die beobachtete Partikelzählung
E             die erwartete Partikelzählung 

Die erste Forderung (1 m3) steht, wird aber abgeschwächt durch die Forderung der Klassifizierung nach ISO EN DIN 14644-1:1999, die gültig ist (Probevolumen nach ISO und aufeinanderfolgendes Probenahmeverfahren)?
Die Addition der beiden Forderungen, somit ist der Kubikmeter gesetzt, obwohl explizit das Probevolumen nach ISO EN DIN 14644-1:1999 genommen werden sollte.
Welchem Zweck dient aber die Klassifizierung? Hier definiert die ISO EN DIN 14644-2 klar den Zweck und die einzuhaltenden Intervalle: Die Klassifizierung weist die fortlaufende Übereinstimmung mit den Anforderungen aus der ISO EN DIN 14644-1: 1999 nach und zwar mit einem maximalen Zeitraum von 6 Monaten zwischen den Messungen (für ≤ ISO-Klasse 5). Betrachtet man nun die „überwachte Zeit" für die Klassierung und die restliche Zeit, so ist der Zeitunterschied für die Klassifizierungsmessungen zwischen EG-Leitfaden und ISO vernachlässigbar.

Die praktische Umsetzung
Beim aufeinander folgenden Probenahmeverfahren für die Klasse ISO 4.8 (A-Zone) gilt:
Die Klassengrenze für Partikel der Größe 5,0 µm liegt bei 20 Partikeln. Dies ergibt ein Einzelprobevolumen von 1000 Litern. Unter Verwendung eines Partikelzählers mit einem Volumenstrom von einem Kubikfuß pro Minute (28,3 l/min) ergibt dies eine gesamte Messzeit von 35,34 Minuten. Verwendet man nun die Tabelle F1 aus der ISO EN DIN 14644-1:1999, so kommt man zu den Messzeiten mit Werten der maximal erlaubten Partikeln für den einzelnen Messpunkt.

Fazit
Bei der Reinraumklassenbestimmung zur Qualifizierung von Reinen Bereichen der Klasse ISO 4.8, bzw. der A-Zone werden aus Erfahrung keine Partikel (≥ 0,5 µm) gemessen. Aus diesem Grund macht es keinen Sinn auf das zu messende Volumen von 1 m3 zu beharren. Das Abbruchkriterium nach der ISO EN DIN 14644-1:1999 ist daher ein sinnvolles Verfahren die Qualität der Reinen Bereiche von ISO 4.8, bzw. A-Zone nachzuweisen.

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