Der Sauberraum
Angepasste Reinraumtechnik für die Herstellung von Medizinprodukten
Im Gegensatz zur Pharmabranche beurteilt die Medizintechnik das Herstellergebnis und weniger die Herstellungsumgebung eines Produktes, da nachfolgend in den meisten Fällen ein Reinigungs- und Sterilisierungsprozess stattfindet. Der Reinraum oder Sauberraum wird deshalb lediglich nach DIN EN ISO 14644 abgenommen und lässt einfachere Druckstufen- und Schleusenkonzepte zu, als dies nach den Vorgaben der GMP (Good Manufacturing Practice) möglich ist.
„In der Pharmazeutischen Industrie muss man sich von Reinheitsklasse zu Reinheitsklasse vorarbeiten, also von der Fertigungsumgebung stufenweise in den sterilen Bereich", erklärt Olaf Nerling, Geschäftsführer der Nerling Systemräume. In der Medizintechnik hingegen kann bereits in einem Reinraum ohne mehrstufiges Schleusenkonzept in einer normalen Fertigungsumgebung mit hoher Reinheit produziert werden. Die erforderliche Prozesssicherheit wird durch das nachgelagerte Reinigungs- und Sterilisierungsverfahren sichergestellt. Wichtig ist hier vor der Sterilisierung die maximal zulässige Oberflächenkontamination, das heißt die Anzahl der koloniebildenden Einheiten (KbE), zuverlässig zu unterschreiten.
Bei der Planung des Reinraumes wird zunächst darauf geachtet, wie der Materialfluss ist und welche Kontaminationsrisiken zu berücksichtigen sind. In einem bereits sauberen Arbeitsumfeld können mit reinen Werkbänken, auch Flow Boxen genannt, lokal hochwertige Reinraumbedingungen geschaffen werden. Durch eine über dem Tisch installierte Filtereinheit wird eine laminare Luftströmung erzeugt, in der das Produkt offen gehandhabt werden kann. „Eine Flow Box ist sehr effizient, wenn nur direkt der Arbeitsplatz vor Partikeln geschützt werden muss", so Nerling. Die Verdrängungsströmung kann je nach Ausführung horizontal oder vertikal geführt werden.
Eine Sit-over-Bank trennt die verschiedenen Zonen
Im Bereich Materialfluss kann durch die Vermeidung von Kartonagen die Partikelanzahl erheblich reduziert werden. Es sollten nur Verpackungsmaterialien zum Einsatz kommen, welche auch die definierten Reinheitsnormen erfüllen. „Selbst von Kunststoffbehältern ist abzuraten, wenn eine Box quer durch Europa unterwegs war und dann direkt eingeschleust wird", sagt Nerling. Die einzelnen Teile sollten deshalb in PE-Beuteln verpackt werden und in diesen durch die Schleuse gehen. Ebenso wie das Material müssen auch die Mitarbeiter mit einer möglichst geringen Partikelanzahl in den Reinraum kommen. Eine Sit-over-Bank dient als Abgrenzung zwischen dem Umkleidebereich und der reinen Zone. Dabei zieht man in der Personenschleuse seine Reinraumkleidung und Kopfhaube über, wechselt beim Übersteigen der Sit-Over-Bank die Schuhe und gelangt so vorschriftsgemäß bekleidet in den Reinraumbereich.
Wohlfühlklima ist planbar
Damit die Luftführung im Reinraum den Erfordernissen entspricht, muss die Deckenhöhe richtig geplant werden. In der Montage von medizintechnischen Produkten sind vor allem Frauen beschäftigt, weil sie feinmotorische Arbeiten einfacher durchführen können. Mitarbeiterinnen reagieren aber in der Regel auf Zugluft empfindlicher. Deshalb ist es wichtig, die Temperaturspreizung zwischen Zuluft und Reinraumtemperatur möglichst gering zu halten. Wenn der Temperaturunterschied zu groß ist, wird bereits eine geringe Luftgeschwindigkeit als unangenehm empfunden.
„Bei der Reinraumtechnik ist es wichtig, alle eingesetzten Produkte laufend zu überprüfen", so Nerling. Ein Filterintegritätstest etwa sorgt dafür, dass Filter im eingebauten Zustand auf Leckfreiheit überprüft werden können. Hierfür wird eine definierte Kontamination auf den Filter aufgegeben. Mit dem Partikelzähler erfolgt dann auf der Reinraumseite das systematische Abscannen der Filteroberfläche nach Lecks. Ein wichtiger Parameter ist auch der Raumüberdruck, da ein Druckabfall zuverlässig eine große Zahl von Fehlerquellen anzeigt. „Ein kontinuierliches Überwachen der Parameter garantiert, dass die Kontaminationen sicher ferngehalten werden."
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