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Google oder Genios?

Kann die Chemiewirtschaft kostenpflichtige Fachinformationssysteme durch das World Wide Web ersetzen?

12.08.2010 -

Durch das Internet sind viele Informationen leichter zugänglich geworden. Fast jedes Unternehmen präsentiert auf einer eigenen Website seine Produkte und Kontaktdaten, Pressemitteilungen und häufig sogar Finanzdaten. Bei dem Versuch, tiefergehende Wirtschaftsinformationen aus dem Internet zu beschaffen, wird die Internet-Recherche jedoch zum Zeitfresser mit unbefriedigenden Ergebnissen, weil es den kostenlosen Quellen an Aggregation, Systematik und Beständigkeit mangelt. Trotzdem stellt das World Wide Web (WWW) im Bereich der Wirtschaftsinformation - anders als bei der wissenschaftlich-technischen Information - den ersten Ansatzpunkt für eine Recherche dar.

Für eine rationelle Informationsversorgung müssen jedoch die professionellen und somit kostenpflichtigen Informationsquellen bekannt sein, um zum richtigen Zeitpunkt zu entscheiden, wann der Wechsel zu den Profidatenbanken angesagt ist.

Beispiel Rohstoffpreise

Die Preise für Rohstoffe, sowohl aktuell als auch historisch, lassen sich über Quellen wie ICIS, Tradstat oder die Chemical Industry Notes tages- oder wochenaktuell abrufen, weil von den Herstellern dieser Datenbanken die Daten systematisch, zuverlässig und aktuell gesammelt und mit systematisierten Schlagworten versehen werden. Eine Quelle wie ICIS liefert wöchentlich Preisreports für verschiedene Produktkategorien aus der Chemie, die weltweit als Benchmark anerkannt sind. Die Chemical Industry Notes - ein Dienst der Chemical Abstracts für die Chemie-Wirtschaft - werten die chemische und pharmazeutische Fachliteratur aus und versehen alle Preisangaben mit dem Standard-Keyword „pricing", meistens auch noch kombiniert mit der Chemical Abstracts Registernummer, so dass die Unsicherheit über die Nomenklatur der Verbindung ausgeräumt ist. Bei den kostenlosen Internetquellen grübelt der Nutzer dagegen, welches der möglichen Synonyme denn nun jeweils verwendet wird: cost oder costs, price oder prices, Dollar oder Euro, Tonne, Liter oder Barrel usw. Profidatenbanken sind hingegen intellektuell aufbereitet und arbeiten mit sog. kontrolliertem Vokabular.

Ein ganz besonderer Dienst ist die Datenbank Tradstat. Mit ihrer Hilfe lassen sich Warenströme aus über 50 Ländern, ausgedrückt entweder in Tonnagen oder in Währungswerten zwischen verschiedenen Ländern über längere Zeiträume tabellarisch oder graphisch darstellen. Tagesaktuelle Volltexte mit Graphiken aus Handelsblatt, Wirtschaftswoche, VDI-Nachrichten und zahlreichen Branchenfachzeitschriften wie CHEManager finden sich bei Genios, dem inzwischen einzigen deutschen Anbieter für Wirtschaftsinformation.

Firmeninformation

Für die Suche nach Lieferanten oder längerfristigen Handelsbeziehungen ist dagegen eine andere Kategorie der Wirtschaftinformation gefragt, die Firmeninformation. Angefangen von den Standorten, über das Management und die Produktpalette bis hin zur Bonität ist dieser Sektor unabdingbar für den Einkauf. Hier stehen Quellen, wie die AZ-direct-Datenbank von Bertelsmann, Bürgel, Hoppenstedt und Creditreform für Deutschland und seine Nachbarstaaten, sowie Dun & Bradstreet für den angelsächsischen Raum zur Verfügung. Hier zahlt man für ein einziges Firmenprofil zwar bis zu 80 €, erhält dafür aber in kürzester Zeit Daten, die man sich aus dem Internet sehr mühsam und zeitraubend zusammensuchen müsste oder überhaupt nicht erhalten kann. Nicht selten findet man im WWW auch Finanzdaten, die noch nicht durch die Wirtschaftsprüfer validiert sind oder alte Daten mit dem Hinweis auf kostenpflichtige aktuelle Quellen.

Der Fachmann - zumal wenn er unter Zeitdruck arbeitet - benötigt einen Aggregator, der die Daten verschiedener Quellen unter einer einheitlichen Abfragesprache anbietet und neben der schnellen Basic Search á la Google auch die Werkzeuge zur Präzisionsrecherche bereithält. Vor allem bei internationalen Fragestellungen ist der Informationssuchende am besten bei Proquest aufgehoben, der die Dienste von Dialog und Datastar weiterführt.

Außenhandel und REACh

Juristisch hochrelevant sind die Embargo-Listen für den Außenhandel, die monatlich aktuell erscheinen und zur Vermeidung von hohen Strafen ständig zu beobachten sind. Vor allem, wer Handel mit den USA betreibt, tut gut daran, immer auf dem Laufenden zu sein, welche Produkte derzeit nicht in welche Länder exportiert werden dürfen.

Weniger dramatisch, aber für das langfristige Wohlergehen einer Firma erfolgskritisch sind Informationen über REACh - das europäische Registriersystem potentiell schädlicher Chemikalien. Aus China wird eine immer größere Zahl von Chemikalien, z.B. im Bereich der perfluorierten Verbindungen (PFOAs) zu günstigen Preisen angeboten, deren Zulassung aber „spätestens" im Jahr 2018 abläuft. Hier ist neben dem Zugang zu den EU-Behörden auch die Beobachtung nationaler Umweltbehörden gefragt, die teilweise erheblichen Druck auf die EU in Richtung eines vorzeitigen Verbotes ausüben.



Wirtschaftsinformation für die Chemie- und Pharmaindustrie
10.-11. November 2010, Düsseldorf, Kurs: 996/10
Leitung: Dipl.-Chem. Ulrich Kämper und Dipl.-Kfm. Jürgen Bisch

Anmeldung/Information:
Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), Fortbildung
Tel.: 069/7917-291/-364
Fax: 069/7917-475
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