Vereinfachung durch Mobilität
Hoch flexible Anwendung mit Remote I/O
Manchmal genügt schon die intelligente Kombination geeigneter Komponenten, um eine innovative Lösung zu schaffen, mit der die Steuerung einer Prozessanlage ein völlig neues Niveau an Flexibilität und Effizienz erhält. Ein typisches Beispiel dafür ist eine mobile Anwendung, wie sie beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) verwirklicht wurde. Die Lösung beruht auf den außergewöhnlichen Eigenschaften der Remote I/O-Module von Pepperl + Fuchs, die sich nahtlos in die Struktur der bestehenden Prozesssteuerung einfügen und dabei neue Möglichkeiten zur Verwirklichung vorbeugender Wartungskonzepte bieten.
Um seine zertifizierten Produktionsprozesse mit einem Höchstmaß an Qualität und Zuverlässigkeit auszustatten, setzt GSK auf hoch entwickelte Technologien zur Prozesssteuerung. Dabei beruhen zahlreiche Anwendungen im Bereich der Prozessautomation auf dem System Delta V von Emerson in Verbindung mit Pepperl + Fuchs Remote I/O.
Das Glovebox-Projekt
Don Brady gehört zum Engineering-Team am GSK-Produktionsstandort Cork, Irland, der von Emmet Martin geleitet wird. Er war für das Glovebox-Projekt des Unternehmens zuständig und suchte nach einer Lösung, die den laufenden Produktionsprozess mit einem Höchstmaß an Flexibilität und einfacher Handhabung ausstatten sollte. Seine Idee war die Entwicklung einer vollständig mobilen Ausrüstung zur Prozesssteuerung, die eine kostengünstige Installation mit einem schnellen Standortwechsel verbindet und dabei allen Sicherheitsanforderungen genügt, wie sie typisch für die Pharmaindustrie sind.
Die Hauptaufgabe des Systems besteht in der Überwachung und Steuerung von drei identischen mobilen Einheiten, die je nach Bedarf bei insgesamt acht Prozessbehältern eingesetzt werden. Dafür wurde jede - intern als Glovebox bezeichnete - Einheit mit einem kleinen Remote I/O-Modul ausgestattet, das mit den erforderlichen Feldinstrumenten verkabelt wurde. Nach Platzierung der einzelnen Einheiten, muss die Remote I/O lediglich über einen optischen Profibus-Coupler mit der Profibus-Infrastruktur verbunden werden, um die Kommunikation mit der Standard Delta V-I/O herzustellen. Jeder der Behälter ist mit einem analogen Ausgang ausgestattet, der direkt mit den entsprechenden Anschlüssen der Delta V-Prozessteuerung verbunden ist. Dadurch ist es möglich, zu erkennen, welche Einheit mit welchem Behälter verbunden ist, um automatisch die entsprechenden Benutzerschnittstellen und Grafiken wiederzugeben.
Intelligente Flexibilität
Die neue Glovebox-Lösung resultierte in einem vielseitig skalierbaren und flexiblen System zur Prozessautomation, das perfekt zu den Prozessen am Produktionsstandort Cork passte. Das System bot einen einfachen und zeitsparenden Weg, um den Standort der Ausrüstung zur Prozessteuerung jederzeit verändern zu können, und somit das Automationssystem problemlos an veränderte Prozessbedingungen anzupassen.
Ein weiterer Vorteil war die automatische Anpassung der Benutzerschnittstelle an die veränderte Konfiguration des Systems. Sämtliche Grafiken und Referenzen für die mobile Einheit werden bei Nichtbenutzung automatisch ausgeblendet und tauchen auch automatisch wieder auf, sobald eine neue Konfiguration eingerichtet ist. Das heißt, eine Veränderung des Hardware-Standorts erfordert keinerlei Veränderungen am System. Außerdem kann es zu keinen I/O-Fehlern kommen, da die Lösung mit der Intelligenz ausgestattet ist, jede angeschlossene Einheit automatisch zu erkennen.
Sämtliche Komponenten des Systems, einschließlich der Netzteile, erlauben Hot Swapping. Das ist ein entscheidender Aspekt, um bei Standortveränderung und Wartung des Systems den laufenden Prozessablauf nicht zu beeinträchtigen. Der Austausch eines Moduls erfordert keinerlei manuelle Konfiguration, da sämtliche Funktionen des ausgetauschten Moduls über das Gateway automatisch auf das neue Modul übertragen werden. Dadurch werden nicht nur Fehler bei der Konfiguration ausgeschlossen, sondern es wird auch der Anschluss eines falschen Moduls erkannt. Alle Schaltungen sind galvanisch getrennt, während das komplette System auf einer redundant ausgelegten Struktur beruht, um ein Maximum an Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit zu bieten.
Remote I/O mit eingebauter Intelligenz
Ein Hauptvorteil des Glovebox-Systems im GSK-Werk in Cork ist eine Kommunikationsinfrastruktur auf der Basis von Profibus. Sie resultiert in erheblichen Kosteneinsparungen durch einen deutlich reduzierten Verkabelungsaufwand und den Wegfall zahlreicher Verteilerschaltschränke. Sie bietet außerdem deutliche Vorteile beim Betrieb der Anlage durch zentrales Engineering und durch die Unterstützung bedarfsorientierter Wartungskonzepte.
Allgemein gesprochen handelt es sich bei einer Remote I/O um eine Schnittstellenkomponente, die an die Feldgeräte angeschlossen wird und deren Datenströme über Profibus an die Prozessteuerung weiterleitet. In Cork werden drei HART-kompatible, mobile Remote I/O-Substationen eingesetzt, um sämtliche Sensoren und Aktoren mit dem Steuerungssystem zu verbinden. Wegen ihrer außergewöhnlichen eingebauten Fähigkeiten werden sie oft auch intelligente Verteilerkästen genannt. Ihre kompakte Bauweise bietet genügend Platz für die pneumatischen Steuerventile, die Teil des Systems sind. Da sie innerhalb des explosionsgefährdeten Bereiches arbeiten, entsprechen Sie den Spezifikationen der Zone 1 und 2.
Vorbeugende Wartung
HART-Feldgeräte nutzen PACTware als eigenständiges Tool zur Konfiguration und lassen sich daher unabhängig vom Kommunikationsprotokoll des Steuerungssystems konfigurieren und parametrieren. Zu diesem Zweck unterstützen HART-Feldgeräte das offene, nicht proprietäre FDT-Konzept und können daher über die vorhandene Profibus-Infrastruktur des Steuerungssystems an Remote I/O angeschlossen werden. PACTware nutzt spezielle DVP1-Merkmale von Profibus und kommuniziert innerhalb von Zeitfenstern zwischen der normalen Prozesssteuerung. Dadurch ergibt sich keinerlei Einfluss auf den normalen Prozessablauf. Mithilfe des FDT/DTM-Konzepts erlauben Profibus DVP1 Services auf Anforderung Zugriff auf sämtliche gerätespezifischen Parameter eines HART-Feldgeräts.
Das HART-Protokoll erfreut sich in der Prozessindustrie zunehmender Beliebtheit, denn es erlaubt die Online-Überwachung von Feldgeräten direkt vom Kontrollraum aus. Diese Eigenschaft lässt sich für vorbeugende Wartungskonzepte einsetzen und ist daher ein ideales Hilfsmittel, um regelmäßige Wartungsintervalle zu verlängern und damit die Betriebskosten zu senken. Außerdem lassen sich sekundäre HART-Variablen in den Austausch der Prozessdaten einbinden und zu Steuerungsaufgaben verwenden. Seit Vorstellung von Wireless HART lässt sich das HART-Protokoll sogar in Verbindung mit drahtlosen Geräten einsetzen.
Bewährte Schlüsseltechnologie
Das Engineering-Team bei GSK wurde bereits von einem frühen Stadium des Entwicklungsprozesses an von Pepperl + Fuchs-Spezialisten unterstützt, die auch beim Factory Acceptance Test sowie bei der Installation und Inbetriebnahme zur Verfügung standen. Das GSK-Team zeigte sich mit den erreichten Ergebnissen sehr zufrieden und verwies speziell auf die erheblichen Kosteneinsparungen bei der Installation und die einfache Handhabung. Auch im laufenden Betrieb haben sich alle Erwartungen an die Lösung erfüllt, die auch im Dauereinsatz durch ihre außergewöhnliche Zuverlässigkeit überzeugt. GSK will daher die Remote I/O-Technologie auch bei zukünftigen Projekten zu berücksichtigen.